Ballverliebter Wortakrobat
DAZN-Kommentator Uli Hebel: Ein Burghauser kommentiert auf der großen Fußball-Bühne

12.03.2020 | Stand 19.09.2023, 1:31 Uhr

Ein Bildschirm für das Spielgeschehen, einer für die Statistik. So bestreitet der Burghauser Uli Hebel am Kommentatorenpult des Sport-Streamingdienstes DAZN in Ismaning seine Partien. Strittige Szenen und Highlights werden auf den großen Monitor im Hintergrund geworfen, damit sich Kommentator und Experte nochmal ein Bild von der Sache machen können. −Fotos: Nöbauer (2)/privat

Der Burghauser Uli Hebel (31) ist eine der führenden Kommentatoren-Stimmen beim Sport-Streamingdienst DAZN. Die Heimatzeitung hat ihn besucht.

"Einen haben wir noch in FA-Cup-Runde 5." Gerade hat Uli Hebels Arbeitstag so richtig begonnen. Donnerstagabend, 20.45 Uhr. Es ist Pokalzeit in England, Hebels Lieblingsland, was den Fußball betrifft. "Wir sind zu Gast im Pride Park Stadium, wo Derby County seine Heimspiele austrägt."Der 31-Jährige sitzt mit Ex-Fußball-Profi Ralph Gunesch als Experte in einem kleinen Raum im Süden von Ismaning, der Hauptzentrale von DAZN, dem wohl populärsten Sport-Streamingdienst in Deutschland. Das Headset ist aufgesetzt, das kleine Mikrofon bereit. "Sie müssen gegen Manchester United ran." Der Burghauser kommentiert an diesem Abend die Partie von Wayne Rooney gegen seinen Ex-Klub – als einer der führenden Kommentatoren-Stimmen bei DAZN.

Ismaning, ein paar Stunden zuvor. Es ist ein regnerischer Nachmittag im Nordosten von München, hier, gleich neben der Autobahn. Antenne Bayern hat hier seine Studios, Sport1 – und auch DAZN, ein Sport-Streamingdienst, der seit August 2016 in Deutschland verfügbar ist. Eine der bekanntesten Stimmen ist Uli Hebel aus Burghausen. Schwarze Hose, grauer Pulli, hellbrauner Mantel, die dunkelblonden Haare streng zu einem modernen Männer-Zopf nach hinten zusammengebunden – der 31-Jährige steigt flott aus seinem Wagen und huscht hinauf in den 1. Stock des DAZN-Gebäudes.

Eigentlich läuft er immer erst eine Stunde vor seinem Einsatz ein. "Kurz mit den Kollegen sprechen oder mit einem Experten, mit dem ich zusammen kommentiere und einfach nochmal die Daten checken", beschreibt er. Möglicherweise gibt es eine überraschende Personalie? Über die spricht Hebel dann noch mit seinen Kontaktleuten vor Ort. Die Erkenntnisse fließen dann aktuell in seine Vorbereitungspapiere ein. Um die zehn Stunden hat er im Vorfeld an diesen gearbeitet, "für Partien aus England sind es mittlerweile nur noch um die acht". Die große Liebe hat man eben besser im Blick.

Nie aus den Augen verloren hat er das Ziel, einmal Sportkommentator zu werden. "Schon mit sechs, sieben Jahren haben mein Bruder Joachim und ich unsere Spiele auf dem Bolzplatz kommentiert", erinnert sich Uli Hebel. Andere habe das manchmal genervt, er wollte aber einfach über Fußball reden. Ein Journalistik-Studium hat er deshalb später aufgenommen, bei Sport1 FM und Sky reingeschnuppert – und gemerkt, dass es genau seine Welt ist. "Ich habe dann alles auf eine Karte gesetzt und gesagt: ,Ich gehe zum Live-Sport.’"

Dafür hat sich Hebel prominente Unterstützung geholt: Fritz von Thurn und Taxis, einstiger Kult-Reporter von Sky, der 2017 in Kommentatoren-Rente ging. "Er hat mir nach Redaktionsschluss das Feingefühl vermittelt, das charakterliche Rüstzeug, um über 22 Menschen auf dem Feld richten zu können."

Gefragt ist aber natürlich auch Spontaneität. Einzelne Stichpunkte vorbereiten? In Ordnung! Vorgefertigte Blöcke vortragen? Das geht gar nicht, sagt Hebel. "Ich brauche das Live-Gefühl, möchte nicht alles vorbereiten." Schon gar keine Floskeln und Plattitüden, die sind "mein Feind". Genauest möglich soll es sein und bitte mit eigener Coleur. Und wehe, eine Flapsigkeit rutscht doch durch, Relativierungen zum Beispiel. Dann hadert er noch lange nach Schlusspfiff mit sich selbst. "Auch nach dem Spiel bin ich noch so konzentriert, dass ich erstmal zwei, drei Stunden nicht schlafen kann."

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