Zwischen Football und Lederhose: Warum Amerikaner Smith bei den Wildcats spielt

24.04.2019 | Stand 24.04.2019, 10:37 Uhr

Der 24-jährige Shannon Smith ist von der amerikanischen Großstadt ins ländliche Niederbayern gekommen und hat sich schon bestens eingelebt. −Foto: Schneider

Für die Kirchdorf Wildcats hat am 20. April ihre zweite Saison in der German Football League begonnen. Verstärkt werden die niederbayerischen Wildkatzen unter anderem vom Amerikaner Shannon Smith (24). Die Heimatzeitung wollte wissen, was ihn bereits das zweite Jahr von Chicago an den Inn gezogen hat.

Es ist deine zweite Saison bei den Kirchdorf Wildcats. Was gefällt dir hier so gut, dass du wieder gekommen bist?Der Hauptgrund ist, dass es hier einen sehr familiären Umgang miteinander gibt und wir uns als Team super verstehen. Letztes Jahr war Kirchdorf das erste Mal in der GFL1 (German Football League 1) und wir sind noch immer ziemliche Underdogs. Ich mag das Gefühl, wenn dir jemand sagt, dass du etwas nicht schaffen kannst und du beweist ihnen das Gegenteil. Niemand hat erwartet, dass Kirchdorf in der Position ist, in der wir jetzt sind. Wir mussten letztes Jahr nicht mal in die Relegation, um die Liga zu halten. Wir haben also bewiesen, dass wir in der GFL1 mitspielen können. Die Mentalität, die hier jeder hat, dass man kämpfen muss und gut sein kann, gefällt mir sehr gut.

Deine Position nennt man "Defensive Lineman". Was ist deine Aufgabe im Team?
Ich muss den Quarterback terrorisieren. In der Defensive sind die zwei wichtigsten Aufgaben, die Offensive des Gegners am Punkten zu hindern und ihren Quarterback so stark wie möglich unter Druck zu setzen.

War es eine große Umstellung für dich, aus deiner Heimatstadt Chicago nach Simbach zu kommen?
Es war schon eine große Veränderung. Hier gibt es nicht so viele Gebäude und ich sehe nicht mehr so viele Menschen, wie ich es eigentlich gewohnt bin. Aber ich habe mich ziemlich gut daran gewöhnt.

Du könntest auch bei anderen, größeren deutschen Teams spielen, hast dich aber wieder für die Wildcats entschieden. Was ist der Grund dafür?
Wie ich schon sagte, vor allem die familiäre Atmosphäre hat mich nach Kirchdorf gezogen. Ich hätte schon andere Angebote gehabt, aber diese Jungs haben sich wirklich sehr um mich bemüht, mich gut behandelt und Interesse gezeigt. Außerdem haben sie mir ein Angebot gemacht, mit dem ich sehr zufrieden bin.

Ist es üblich für amerikanische Spieler, sich auch in Deutschland und Europa umzusehen?
Wenn du in die NFL (National Football League) oder die CFL (Canadian Football League) gehen willst, hast du normalerweise einen Agenten, der für dich alle möglichen Vereine kontaktiert. Dann nimmt man dort an einem Training teil und sieht, ob es klappt. Bei mir war es quasi anders herum. Die deutschen Teams sind auf mich zugekommen und so hat sich das ergeben.

Du hast gesagt, in der Mannschaft fühlst du dich sehr wohl. Wie geht es dir außerhalb des Football-Platzes?Ich habe schon viele ortsansässige Menschen kennen gelernt, die zum Beispiel in den Geschäften hier arbeiten. Ich habe mich mit den Besitzern des Pizza-Service Rana sehr gut angefreundet. "Miss Sarah", wie wir sie nennen, ist so etwas wie eine zweite Mutter für mich. Jeder ist wirklich ziemlich freundlich und interessiert an mir und viele wollen mir helfen, wo sie können.

Was findest du, ist der größte Unterschied zwischen Deutschen und Amerikanern?
Ich würde sagen Deutsche sind viel freundlicher als Amerikaner. In den Staaten hat jeder sein eigenes Ego und schaut eher auf sich als auf andere. Aber das schwierigste bleibt die Sprache. Ich kann fast kein Deutsch und deswegen ist es manchmal sehr schwierig mit anderen Menschen zu kommunizieren.

Deutsch ist eine schwierige Sprache. Kannst du schon etwas auf Bairisch?
Nur die kleinen Wörter wie "Servus" oder "Tschuldigung".

Welche Sprache wird im Training gesprochen?
Tatsächlich beides. Meistens sprechen die Trainer zu allen in Deutsch und geben mir und meinen drei amerikanischen Teamkollegen dann auf Englisch eine Zusammenfassung.

Gibt es im American Football einen Unterschied zwischen der Spielweise in Deutschland und in Amerika?
So wie ich es kennengelernt habe, ist Football in Amerika eigentlich ein Vollzeit-Job. Wir haben vier- bis fünfmal die Woche trainiert, hatten jeden Tag ein Treffen, um uns Spielvideos anzusehen und solche Sachen. Eigentlich Football von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Hier ist es anders. Wir treffen uns nicht jeden Tag und trainieren nur ein paar mal die Woche. Für deutsche Spieler ist es also schwieriger ihre Fähigkeiten zu entwickeln, weil sie einfach nicht so viel Zeit dafür haben.

Wie verbringst du deine Freizeit hier?
Normalerweise bin ich im Fitnessstudio oder spiele Videospiele und Billard mit den anderen. Aber ich mache auch gerne kleine Ausflüge, besuche die Heimatstädte von meinen Teamkollegen oder Städte wie Passau, Salzburg und Regensburg. Das war auch ein Grund, warum ich wiedergekommen bin, um mir Deutschland ein bisschen mehr anzusehen.

Fährst du dann mit dem Auto?
Ja und ich lerne immer noch, wie man mit der Gangschaltung umgeht. In Amerika bin ich immer nur Automatik gefahren, deshalb ist es ziemlich schwierig für mich. Ich würge das Auto beim Losfahren immer noch ab, aber schön langsam werde ich besser.

Für Sportler ist natürlich Ernährung ein großes Thema. Hast du schon ein bayerisches Lieblingsgericht?
Die zwei besten Sachen, die ich hier gegessen habe, waren Schnitzel und Döner. Das habe ich zuvor noch nie gegessen und hier gibt es das überall. Ich war wirklich überrascht, wie gut und vor allem gesund das Essen hier ist.

In dieser Jahreszeit startet die Volksfestsaison bei uns. Warst du schon mal auf einem?
Letztes Jahr war ich auf der Pfingstdult in Simbach. Das war wirklich ein Erlebnis. Sie verkaufen Bier in diesen riesigen Krügen und jeder kommt in der Lederhose. Das hat mir echt gefallen. Dieses Jahr muss ich mir vielleicht eine kaufen und damit hingehen.

Ostern steht vor der Tür. Wie feiert man das Fest in Amerika?
Es ist ziemlich ähnlich zum Osterfest in Deutschland. Am Ostersonntag geht jeder in die Kirche und danach kommt die ganze Familie zum Essen zusammen. Bei uns werden auch Osternester und Schokolade für die Kinder versteckt, das läuft also fast gleich ab.

Wie lange ist die Football-Saison in Deutschland? Wann geht es für dich wieder zurück?
Ich bin jetzt sechs Monate hier und die Saison endet im September. Außer wir schaffen es in die Playoffs, dann wird noch ein Monat drangehängt.

Ist das das Ziel für die Saison?
Das Teamziel ist auf jeden Fall mehr Spiele zu gewinnen als letztes Jahr, einen der oberen vier Plätze in der südlichen Division zu erreichen und dann mit den Teams aus dem Norden um den German-Bowl zu kämpfen.

Und dein persönliches Ziel?
Ich will der beste Defensivspieler der Liga werden. Nicht nur der beste Defensive Lineman, sondern der beste von allen defensiven in der GFL.

Das Interview führte auf Englisch Benedikt Schneider.