Spitzenreiter nach 3:1 gegen Sturm
Selbst ist die Mannschaft: Wie sich Seebach ohne Trainer zum Topspiel-Sieg coachte

11.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:58 Uhr

Der Lauf geht weiter: Nach dem 3:1 gegen Sturm Hauzenberg jubelt der TSV Seebach über 16 Punkte aus den ersten sechs Landesliga-Partien.

Von Alexander Augustin

Die Trainer sind nicht da, zwei Spieler übernehmen spontan das Ruder – und coachen aus der Not heraus den TSV Seebach zum Sieg im Topspiel gegen Hauzenberg. Im Anschluss feierte die Mannschaft den Sprung an die Tabellenspitze der Landesliga Mitte.

Seebach ist nicht Bardolino. Aber schön kann es im Deggendorfer Stadtteil schon auch sein. Die Sonne senkte sich hinter der Waldsportanlage, der Rasen leuchtete im Abendlicht sattgrün und in dieser Idylle feierte der TSV ausgelassen den Sprung an die Tabellenspitze der Landesliga Mitte. So hatte Christoph Beck auch schnell vergessen, dass er am Vormittag Hals über Kopf vom Gardasee aufgebrochen war, um abends auf dem Fußballplatz zu stehen.

„Ich habe heute schon eine sechsstündige Autofahrt hinter mir“, sagte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen nach dem 3:1-Sieg im Spitzenspiel gegen Sturm Hauzenberg am Mittwochabend. Gut möglich, dass Beck bei der Fahrt über den Brenner den Matchplan erarbeitet hat, der letztlich zum fünften Sieg im sechsten Ligaspiel geführt hat. Weil sowohl Trainer Manfred Stern als auch „Co“ Manuel Kesten verreist waren, war der TSV am Mittwoch de facto führungslos – und bewies in dieser Situation bemerkenswerte Reife.

Angeführt von Interims-Spielertrainer-Kapitän Beck und dessen spielenden Assistenten Dominik Hauner ließ sich die Mannschaft nach druckvoller Anfangsphase von einem frühen Gegentor nicht aus dem Konzept bringen (Julian Liebenow, 12. Minute).

Früher Rückstand: „Haben sofort wieder den Schalter umgelegt“

„Wir waren über 85 Minuten die bessere Mannschaft. Nach dem Gegentor hat es fünf Minuten gedauert, dann haben wir sofort wieder den Schalter umgelegt“, bilanzierte Beck. Gegen im Zentrum extrem kompakte Hauzenberger operierte der TSV in der ersten Hälfte mit vielen Diagonalbällen und zog dem Sturm vor allem auch durch die Zweikampfstärke im Mittelfeld nach und nach den Zahn. Der Ausgleich durch Elias Höng auf Vorlage von Marcel Müller war der Lohn (31.).

„Es war ein Spiel auf taktisch hohem Niveau“, analysierte Hauzenbergers Spielertrainer Alexander Geiger, der wegen eines eingeklemmten Nervs passen musste. Man habe gesehen, dass sich „beide Trainer“ Gedanken gemacht haben, sagte er und schob gleich verbessernd hinterher: „Beide Mannschaften.“

In der ersten Halbzeit dirigierte Co-Interimstrainer Hauner noch intensiv und lautstark von der Seitenlinie aus, während Beck auf dem Feld die Fäden zog. In der zweiten Halbzeit standen beide dann gemeinsam auf dem Platz – und schufen so, gewollt oder nicht, den vielleicht entscheidenden Vorteil.

Hauzenberg hadert, Seebach bleibt ganz ruhig – und schlägt spät zu

Während die Hauzenberger Bank mit zunehmender Spieldauer immer öfter und lauter mit Entscheidungen des in manchen Situationen etwas unglücklich agierenden Schiedsrichters Richard Conrad (Aschheim) haderte, ließen sich Beck und Co. auf keine verbalen Scharmützel ein und hatten freilich auch keine Unruhe von der eigenen Trainerbank zu befürchten. Mit der höheren Konzentration und dem immer größer werdenden Selbstvertrauen erhöhte der TSV in der Schlussphase den Druck – und schlug durch Marcel Müller doppelt zu (83./88.).

„Die letzten 15 Minuten, das ist unsere Zeit“, sagte Beck. „Wir sind ein eingeschworener Haufen.“ Das habe ihn auch die Aushilfsarbeit als Trainer erleichtert: „Es hat Spaß gemacht. Ich glaube, die hören alle relativ gut auf mich, auch als Kapitän.“ Die Reise-Strapazen des Tages hatte Beck so schnell vergessen. Viel Zeit, den Urlaubserinnerungen nachzuhängen, bleibt ohnehin nicht. Am Samstag (16 Uhr) geht’s zum dritten Topspiel binnen sieben Tagen nach Ettmannsdorf. Das Trainer-Duo Stern/Kesten wird dann wieder auf der Bank sitzen.