Kommentar zum WM-Start
Starrköpfigkeit: Katarische Herrscherfamilie tanzt der FIFA auf der Nase herum

19.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:03 Uhr

−Foto: dpa

Von Ralph Durry

Eigentlich ist es ja die Weltmeisterschaft des Fußball-Weltverbandes FIFA. Eigentlich. Nach der erfolgreichen Intervention von WM-Gastgeber Katar in der länger schwelenden Bierfrage und der am Freitag verkündeten Entscheidung, die Zapfhähne zuzulassen, ist die Frage schon berechtigt, ob die FIFA wirklich noch das Sagen hat.

Die katarische Herrscherfamilie tanzt der FIFA schön auf der Nase herum. Trotz der weltweiten Kritik an der Behandlung von Arbeitsmigranten in Katar, den Menschenrechtsverletzungen, der nicht wirklich vorhandenen Pressefreiheit, den nach wie vor riesigen Problemen für Frauen und Menschen aus der LGBTQ-Bewegung im Emirat geht das Regime seinen Weg. Starrköpfig - und die FIFA gibt klein bei. Nicht zum ersten Mal. Denn eigentlich sind laut FIFA-Vorgaben zwölf WM-Stadion für eine Endrunde notwendig. Den Katarern wurde eine großzügige Ausnahme gestattet - es wird in acht Arenen gespielt.

Früher war das anders. Vor dem deutschen Sommermärchen 2006 war die viel diskutierte Steuerbefreiung der FIFA ein großes Thema. Ohne diese Zusicherung hätte Deutschland gar keine Chance gehabt, sich um die WM-Endrunde zu bewerben. Die FIFA hatte damals die Daumenschrauben angezogen.

Und was machen die Sponsoren, die ja auch kräftig von der FIFA gemolken werden, jetzt? Budweiser soll zwar offiziell dem jüngsten Vorgehen zugestimmt haben, aber Begeisterungsstürme dürfte es bei der US-Brauerei nicht gegeben haben.

Für die großen Marken (Sony, Fly Emirates, Continental, Castrol, Johnson&Johnson), die auch aufgrund der zahlreichen Skandale beim Weltverband in der letzten Dekade abgesprungen sind, wurde schnell Ersatz gefunden. Andere beließen es bei besorgten Stellungnahmen (adidas und Visa). Seit 2018 ist die Garde der Premium-Sponsoren weitgehend gleichgeblieben.

Sollte aber die Starrköpfigkeit eines WM-Gastgebers den Bewegungsspielraum der FIFA-Sponsoren weiter einschränken, stellt sich schon die Frage, ob das Geschäftsmodell des Weltverbandes in dieser Form zukunftsfähig ist.

− sid