Die Noten
Das deutsche WM-Zeugnis: Mehrmals mangelhaft – vor allem Trainer und Manager

05.12.2022 | Stand 18.09.2023, 20:42 Uhr

Keine guten Noten gibt es für Bundestrainer Hansi Flick und seine Mannschaft. −Foto: dpa

Joshua Kimmich entdeckte seinen Kampfgeist wieder, Manuel Neuer suchte Zerstreuung beim Handball, Mario Götze zeigte erste Urlaubsbilder. Während die Nationalspieler ihren gewaltigen WM-Frust ganz unterschiedlich bekämpfen, kann bei Hansi Flick von einer besinnlichen Vorweihnachtszeit keine Rede sein.

Der angezählte Bundestrainer begann unmittelbar nach der Rückkehr mit der Aufarbeitung des Katar-Debakels und befolgt damit die unmissverständliche Ansage seines Bosses Bernd Neuendorf. Der DFB-Präsident hatte mit Nachdruck „eine sportliche Analyse dieses Turniers“ für das laut Medienberichten am Mittwoch anberaumte Treffen mit Flick, Oliver Bierhoff und seinem Vize Hans-Joachim Watzke gefordert.

Unser WM-Zeugnis für das deutsche Team fällt jedenfalls alles andere als positiv aus.

TOR

Manuel Neuer (3 Spiele/0 Tore): Der Kapitän zeigte einige gute Paraden, erreichte nach seiner Schulterverletzung aber kein Top-Niveau. Mit einigen Patzern. Einen Rücktritt schloss er aus. - Note: 4 -

ABWEHR

Matthias Ginter (1/0): Saß zwölfmal bei WM-Spielen auf der Bank, verpasste den Rekord durch seine Einwechslung in der Nachspielzeit gegen Costa Rica. - ohne Note

Thilo Kehrer (1/0): „Spielt immer unter Flick“, hieß es. Galt gegen Japan nicht mehr, beim einzigen Einsatz gegen Spanien teils überfordert, danach raus. - Note: 5

Lukas Klostermann (2/0): Fit auf den letzten Drücker, kam gegen Spanien und Costa Rica von der Bank. Nur mit Abstrichen auf WM-Niveau. - Note: 4

David Raum (3/0): Ein bisschen Licht mit mancher Flanke, viel Schatten defensiv. Links hinten keine Dauerlösung. - Note: 5

Antonio Rüdiger (3/0; Foto oben): Hatte ordentliche Phasen, in denen er der erhoffte Boss war. Wenn’s eng wurde aber viel zu fahrig. Bei Standards oft gesucht, ohne Ertrag. - Note: 4

Nico Schlotterbeck (2/0): Schwacher Auftritt gegen Japan, danach raus aus der Startelf. Gilt trotzdem als Hoffnung für die Zukunft. - Note: 5

Niklas Süle (3/0): Im ersten Spiel als Rechtsverteidiger der Sündenbock. Innen nur wenig stabiler. - Note: 5

MITTELFELD

Leon Goretzka (3/0): Hat den Anspruch, immer zu spielen. Wurde dem nicht gerecht. Weder als Sechser, noch als Achter. - Note: 4

Ilkay Gündogan (3/1): Als der Torschütze gegen Japan vom Platz ging, verlor Deutschland den Rhythmus – und Gündogan seine Form. Zukunft offen. - Note: 4

Jonas Hofmann (2/0): Kam über die Rolle als Ergänzung nicht hinaus. Zweimal eingewechselt, ohne große Wirkung. - Note: 4

Joshua Kimmich (3/0): Begann gegen Japan gut, baute ab. In der einen Halbzeit als Rechtsverteidiger kaum Antreiber. Vom Aus sehr mitgenommen. - Note: 4

ANGRIFF

Niclas Füllkrug (3/2; Foto unten): Als „Killer mit der Zahnlücke“ („Times“) neuer deutscher Fan-Liebling. Entschlossen, gierig – und einziger echter Neuner auf weiter Flur. - Note: 2

Serge Gnabry (3/1): Mal links, mal rechts - suchte seine Rolle. Fand das erste deutsche Kopfballtor seit dem Viertelfinale 2014. Zu wenig. - Note: 4

Mario Götze (2/0): Die Hoffnungen auf einen goldenen WM-Moment wie 2014 erhoffte sich bei zwei Einwechslungen nicht. - Note: 4

Kai Havertz (2/2): Gegen Japan schwach, dann erkältet. Gegen Costa Rica Doppeltorschütze und traurigster „Man of the Match“ der WM. - Note: 4

Youssoufa Moukoko (1/0): Bekam nur ein paar Minuten gegen Japan, mit 18 Jahren und drei Tagen jüngster deutscher WM-Spieler. Mann mit Zukunft. - ohne Note

Thomas Müller (3/0): Wie 2018 tragische Figur und keine gute Neuner-Lösung. Die Magie von 2010 und 2014 ist verflogen. Deutete seinen Abschied an. - Note: 5

Jamal Musiala (3/0): Seine Dribblings verzückten, seine Abschlüsse waren zum Haareraufen. Trotzdem bester Startelf-Spieler. - Note: 3 +

Leroy Sané (2/0): Erst am Knie verletzt, dann guter Joker. In seinem ersten WM-Spiel von Beginn an gegen Costa Rica enttäuschend. - Note: 4

OHNE EINSATZ

Kevin Trapp, Marc-Andre ter Stegen, Christian Günter, Armel Bella Kotchap, Karim Adeyemi, Julian Brandt.

• TRAINER

Hansi Flick: Fehler in der Vorbereitung, bei den Aufstellungen, bei den Wechseln. Sogar Kumpel Lothar Matthäus („vercoacht!“) urteilte hart. Will bis 2024 bleiben. - Note: 5

Stab: Flick spricht nimmer vom „Wir“, es ist auch das Scheitern von Marcus Sorg, Danny Röhl oder Hermann Gerland. In Mads Buttgereit einen Standardexperten geholt zu haben, war richtig. Ein Tor nach ruhendem Ball gab es nicht, Gegentore aber schon. - Note: 5

MANAGEMENT

Oliver Bierhoff: Der DFB-Geschäftsführer verantwortet die dritte Turnier-Katastrophe nacheinander. Steht für viele sinnbildlich für die Entfremdung von der DFB-Elf. Räumte Fehler im „One Love“-Zoff ein, auch die Quartierswahl wurde erneut debattiert. Schloss einen Rücktritt aus. - Note: 5 -

− sid/red