Viel Unruhe in München
Ein Kommentar zu Köllner und der 1860-Krise: Nur keine Panik, ihr Löwen!

17.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:11 Uhr

Im Sommer der Startrekord mit Tabellenführung, inzwischen sind die Löwen nur noch Sechster: Michael Köllner liegt mit dem TSV aber auch nur drei Punkte hinter dem direkten Aufstiegsplatz. −Foto: Imago Images

Mit dem Schock des späten Essener Ausgleichs in der Nachspielzeit und damit vier sieglosen Spielen in Folge gehen die Münchner Löwen in die WM-Winterpause.

Bis zum nächsten Spiel, am 14. Januar in Mannheim, gilt es nun aufzuarbeiten, wie der Absturz des TSV 1860 von der Tabellenführung bis auf Platz sechs passieren konnte. Michael Köllner, der vorerst Löwen-Trainer bleiben wird, gibt sich mit Blick auf die nächsten, arbeitsintensiven Monate kämpferisch.

Auf die zwei wohl entscheidendsten Fragen hatte der Oberpfälzer nach dem letzten Spiel des Jahres die knappsten Antworten. Ob er den 100-prozentigen Zuspruch im Verein spüre, dass es für ihn weitergeht? „Ja“. Ob die lange Pause eher negativ (wegen des sich aufbauenden Drucks) oder positiv (wegen der vielen Zeit, um zu arbeiten) sei? „Es ist gut, dass man arbeiten kann.“ So einsilbig, wie diese Antworten auch ausfielen, wirkte Köllner ansonsten aber gar nicht. „Es sind noch 21 Spiele. Da ist noch viel Luft in dieser Saison drin“, meinte er und fügte ausgesprochen kämpferisch an: „Wir liegen nur drei Punkte hinter Platz zwei und werden vom ersten Spieltag an im neuen Jahr attackieren.“

Und fest steht wohl, dass Köllner bei dieser angekündigten Attacke dabei sein wird. Nach Informationen unserer Zeitung darf der 52-Jährige vorerst weiter die Löwen anführen. Obwohl ja schon länger – auch, oder vor allem in Vereinskreisen – herumgegangen war, dass seine dreijährige Zeit bei den Sechzigern nach dem Essen-Spiel vorbei sein könnte. Da passte es dann auch noch ins Bild, dass mit dem ehemaligen Ingolstädter Aufstiegstrainer Thomas Oral ein derzeit vereinsloser Übungsleiter im Stadion saß, während weitere Namen schon in manchen Medien und an der Grünwalder Straße herumgeisterten. Bei manchem wurden Erinnerungen wach: Zwar nicht aus exakt denselben Gründen, aber in einem mit ähnlichen Störfeuern belasteten Umfeld hatte 2019 Daniel Bierofka entnervt hingeworfen. Aus seiner Sicht wohl verständlicherweise, aber auch irgendwie traurig und unnötig, wo doch Verbindung und Identifikation mit dem Verein so tief sitzen. Bei Köllner ist es nicht anders.

Ein Kommentar zum Löwen-Theater (von Christian Rehberger)

Das Karma war an den vergangenen vier Drittliga-Spieltagen nicht auf der Seite des TSV 1860, der sich von den direkten Aufstiegsrängen rutschen sah. Deshalb muss man umso mehr ein Mantra wiederholen, das schon unzählige Male bemüht wurde, aber gerade für die Löwen wie für kaum einen anderen Verein gilt. Der heilige Vers kann nur lauten: Die Sechziger waren immer dann erfolgreich, wenn das Umfeld ruhig blieb und alle einen kühlen Kopf bewahrten. Selbigen des Trainers nach nur einem Punkt in vier Spielen nun mehr denn je zu fordern, erinnert dagegen schon wieder an dunkelste Löwen-Zeiten und den früheren Komödienstadel von der Grünwalder Straße.

Ein unglücklicher Gegentreffer in der Nachspielzeit und die Punkteteilung gegen Essen nach einer zugegeben schwachen Serie von Spielen scheinen den Burgfrieden zwischen den Fans und der Führungsmannschaft mit dem im Sommer noch so heftig bejubelten Coach Michael Köllner an der Spitze schon zum Einsturz zu bringen. Dabei lautet ein anderer heiliger Vers, den man in der 3. Liga ebenso mantraartig wiederholen muss: In einer Spielklasse mit 20 Mannschaften und 38 Spieltagen als Klub auf keinen Fall nervös werden – und dann in (personellen und planlosen) Aktionismus verfallen. Schon gar nicht nach der 17. Partie und mit noch 21 ausstehenden Duellen vor der Brust. Und zudem bei dieser Ausgangslage vor der langen Winterpause, in der Köllner mit der Mannschaft einen ähnlichen Raketenstart wie im Sommer vorbereiten kann – und das sogar komplett mit dem gesunden Torschützenkönig Marcel Bär.

Selbst wenn der Trend gerade etwas anderes für den TSV andeutete, so sind drei Pünktchen Rückstand auf den direkten Aufstiegsplatz bei alles anderer als sattelfester Konkurrenz geradezu lächerlich für den starken Löwen-Kader, in dem viele Neuzugänge wie die Rückkehrer Rieder und Vrenezi oder Lannert eingeschlagen haben. Und auch der bisher überragende Spitzenreiter Elversberg muss erst noch beweisen, wie er als Aufsteiger eine 38-Spiele-Saison durchhält.