Der verhinderte Torschütze Karim Adeyemi hüpfte auf seinem unversehrten Bein vor der Südtribüne - doch der sonst so bebende Jubel fiel bei Borussia Dortmund diesmal verhalten aus.
Ein Groß-Alarm der Polizei, der Fund leerer Schusswaffen-Holster in einem verdächtigen Auto und schwere Vorwürfe gegen Ex-Nationalspieler Nico Schulz trübten die Freude über das sportlich so wichtige 1:0 (1:0) gegen Bayer Leverkusen.
Von einem Aufgebot „erheblicher Einsatzkräfte“ sprach die Polizei am Sonntag auf SID-Anfrage. Ein führerloser PKW war während des Spiels mit laufendem Motor auf einem Stadion-Parkplatz entdeckt worden. Vom Schlimmsten musste ausgegangen werden, als im Innenraum die Holster entdeckt wurden: Dutzende Einsatzwagen rückten aus, die Zuschauer wurden gebeten, nach dem Abpfiff im Stadion zu bleiben.
Später versicherte die Polizei, es habe „zu keiner Zeit“ Gefahr bestanden. Der Besitzer war im Stadion aufgetan und in Gewahrsam genommen worden, er hat gemäß Mitteilung einen „kleinen Waffenschein“, eine Waffe trug er nicht. Doch die Minuten im Stadion waren beklemmend.
Nachdem der neue BVB-Trainer Edin Terzic auf der Pressekonferenz seine Zufriedenheit mit dem Spiel bekundet, aber auch noch Defizite aufgezeigt hatte, wurde der Verein von einem Bericht der Bild am Sonntag überrascht. Gegen den ehemaligen Nationalspieler Schulz, der beim BVB sportlich außen vor ist, läuft ein Ermittlungsverfahren. Eine frühere Partnerin hat Anzeige wegen häuslicher Gewalt gestellt.
„Es ist aufgrund der Strafanzeige einer Ex-Freundin ein Ermittlungsverfahren anhängig. Es hat eine Hausdurchsuchung gegeben und es wurden Speichermedien sichergestellt“, bestätigte die Dortmunder Staatsanwältin Sonja Frodermann dem SID am späten Samstagabend.
Die Borussia nannte die Vorwürfe „äußerst schwerwiegend und schockierend“, verzichtet aber vorerst auf arbeitsrechtliche oder disziplinarische Maßnahmen. Die Sach- und Rechtslage sei derzeit noch „äußerst unklar“, der Verein behält sich daher Sanktionen für einen späteren Zeitpunkt vor. Laut BVB-Mitteilung bestreitet Schulz die Vorwürfe.
Sportlich gab es am Sonntag immerhin eine weitere gute Nachricht: Der BVB verpflichtet Anthony Modeste vom 1. FC Köln. Beide Klubs bestätigten am Sonntag „mündlich eine grundsätzliche Einigung“. Der 34-Jährige soll den schwer erkrankten Sebastien Haller (Hodenkrebs) im Angriffszentrum ersetzen.
„Es ist nicht fix, aber es gibt eine mündliche Einigung. Und deshalb ist er aus meiner Sicht - und deshalb habe ich auch das so entschieden - nicht mehr dabei“, sagte Kölns Trainer Steffen Baumgart im Streamingdienst DAZN vor der Partie am Sonntag gegen Schalke 04. „Da gibt eine klare Kante.“
Modeste habe seine Entscheidung zu akzeptieren, betonte Baumgart. Mit dem Franzosen habe er nicht geredet. „So gut war meine Laune nicht“, sagte der Trainer. Er werde sich am Montag mit ihm unterhalten. „Jeder kann sich vorstellen, dass das für uns vom Zeitpunkt her auch grenzwertig ist.“ Dass Modeste der Mannschaft fehlen werde, sei klar.
BVB-Coach Terzic hatte es notgedrungen ohne Stoßstürmer mit einer Art Bayern-Wirbel light versucht. Seine Stimme war vom Anschreien gegen 81.365 Zuschauerinnen und Zuschauern später angeschlagen. „Wir sind am Anfang des Prozesses und wissen, dass wir nichts geschenkt bekommen. Wir werden alles reinwerfen - wenn am Ende eine Mannschaft besser ist, müssen wir das akzeptieren“, sagte er. Nicht akzeptieren werde er mangelnden Erfolgshunger.
Dieser war definitiv vorhanden. Marco Reus gab dem Ball, den ihm Adeyemi auf die Torlinie serviert hatte, den entscheidenden Schubs zum Siegtreffer (10.). Danach dominierten Kampf und Leidenschaft gegen ein starkes Bayer, das mit der Niederlage und der Pokalblamage bei der SV Elversberg einen Fehlstart hingelegt hat.
Adeyemi humpelte nach 23 Minuten vom Platz - noch im Glauben, das Tor selbst erzielt zu haben. Er hatte einen schmerzhaften Schlag auf den Zeh bekommen.
− sid
