„Wir haben viel Flexibilität“
Die Bayern nach Lewy: Das ist der neue Offensivplan – 25 Millionen für einen 17-Jährigen?

18.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:05 Uhr

Auch ohne Robert Lewandowski (r.) sehen sich die Bayern gut aufgestellt für die Zukunft. −Foto: dpa

Ein paar dicke Tränen weinten sie Robert Lewandowski dann schon noch nach. „Er wird uns fehlen“, sagte Manuel Neuer, und der Mannschaftskapitän war nach der offiziellen Saisoneröffnung des FC Bayern am Samstag nicht der Einzige, der so dachte. Ja, bekannte Trainer Julian Nagelsmann, „für uns ist das ein Verlust“. Und auch Sportvorstand Hasan Salihamidzic gab zu: „So ein Weggang ist für keinen Klub einfach.“

Bei den Münchnern sind sie aber auch erleichtert, dass das von Lewandowski angeheizte und nervende Transfer-Theater nun endlich vorbei ist, dass sie für ihn 45 Millionen Euro plus bis zu 5 Millionen Boni erhalten. Kurz vor Mitternacht war am Freitag die mündliche Zusage vom FC Barcelona gekommen – er sei „froh, dass da jetzt ein Lösung gefunden wurde, die für beide okay ist“, sagte in diplomatischen Worten Nationalspieler Leon Goretzka.

Klubchef Oliver Kahn hat am Ende sein „Basta“ aus dem Mai gerne einkassiert - nach der Verpflichtung des Weltstars Sadio Mane und angesichts der finanziellen Entschädigung für den Abgang Lewandowskis. Salihamidzic gab aber auch zu, dass er den Abgang des Torgaranten mit einem „lachenden und einem weinenden Auge sehe“. Schließlich müssten nun die „40 bis 50 Scorerpunkte“, die der Pole geliefert habe, ja erst mal ersetzt werden.

Er stehe nun vor einer großen Herausforderung, stellte Trainer Nagelsmann umgehend fest. „Wenn du einen Stürmer verlierst, der 40 Tore schießt über mehrere Jahre, dann ist das eine große Komponente, die wegbricht“, sagte er.

Diese „Last“, betonte Salihamidzic, müsse nun eben „auf mehrere Schultern“ verteilt werden. Das wiederum sei eine „große Chance für alle, trotzdem Bayern München strahlen zu lassen nach der Ära Lewandowski“, glaubt Nagelsmann.

Und für diese neue Ära sehen sich die Bayern sehr gut aufgestellt. Das Zauberwort ist: „flexibel“. Sie haben nun keinen Mittelstürmer mehr wie Lewandowski, aber „wir haben viele gute Spieler, die auf mehreren Positionen spielen können“, erläuterte Salihamidzic. Als da wären: Mane, der nun bis 2026 gebundene Serge Gnabry, Kingsley Coman, Thomas Müller, Leroy Sane, Jamal Musiala, und ja, auch Eric Maxim Choupo-Moting.

„So richtig ersetzen wirst du ihn nicht können“, sagte Nagelsmann über Lewandowski, aber die geballte Kraft für die Offensive lässt Klubchef Kahn auch schon frohlocken. „Wenn ich der gegnerische Trainer wäre, würde ich mir schon Gedanken machen, wer da wo spielt“, sagte er mit einem Lächeln und ergänzte: „Wir haben viel Flexibilität, da kannst du für viele Überraschungsmomente beim Gegner sorgen, und darum geht es im Fußball.“ Im Training ließ der Coach wiederholt im 3-5-2-System kicken.

Die Bayern scheinen auch gewillt, weiter in das Personal zu investieren - und nicht nur in Person von Matthijs de Ligt von Juventus Turin für die Defensive. „Da die Ablöse für Robert exorbitant hoch ist, gibt uns das weitere Möglichkeiten, auf dem Transfermarkt möglicherweise noch zu agieren“, sagte Kahn am Sonntag bei Bild TV. Sollte der Poker um Innenverteidiger Matthijs de Ligt (22) von Juventus Turin von Erfolg gekrönt sein – am Sonntag meldeten Medien bereits Vollzug – und damit der zweite Coup nach dem Zugang von Sadio Mané für über 32 Millionen plus X glücken, könnten die Bayern das Geld auch für diesen Transfer in der Größenordnung von rund 70 Millionen Euro gut gebrauchen. Die Münchner sollen auch an Sturmtalent Mathys Tel (17) von Stade Rennes interessiert sein, der aber 25 Millionen kosten soll. Auch eine Verpflichtung von Konrad Laimer (25) von RB Leipzig bleibt ein Thema.

Die spannende Millionen-Frage, wie der FC Bayern die Lewandowski-Ablöse investiert, wird aller Wahrscheinlichkeit nicht mit einem klassischen Neuner-Ersatz beantwortet. Das wäre etwa Harry Kane (28) von Tottenham Hotspur. Dass das Thema möglicherweise nochmal aktuell werden könnte, sei „Zukunftsmusik“, sagte Kahn, schloss es aber nicht aus. Spekuliert wird über den Sommer 2023. „Jetzt müssen wir erst mal schauen, den Kader für die aktuelle Saison zusammenzubekommen. Da schauen wir mal, was noch alles passiert.“ Cristiano Ronaldo kommt laut Kahn weiter nicht in Betracht.

Erst einmal liegen die Hoffnungen auf Mane. Der 30 Jahre alte Senegalese wurde bei der Saisoneröffnung begeistert von den rund 20.000 Besuchern gefeiert - ebenso Gnabry bei der Bekanntgabe seiner Vertragsverlängerung. Ja, er habe eine „ganze Weile“ überlegt, sagte Gnabry angesichts der langwierigen Verhandlungen, aber nun sei er sicher, dass der FC Bayern für ihn das „perfekte Setup“ biete. Dass Lewandowski weg ist, schadet da nicht.

Gefordert ist nun vor allem Nagelsmann, der um die Schwere seiner Aufgabe weiß. Er sei aber „sehr guter Dinge“, dass der Verlust von Lewandowski aufgefangen werden könne, sagte er, und wie das gelingen kann, wird er in der kommenden Woche bei der USA-Reise der Bayern aus ausprobieren können. Am Mittwoch (Ortszeit) spielen sie gegen Washington DC United, am Samstag dann gegen Manchester City.

− sid/dpa