Euphorie in München
„Da kann etwas entstehen“: Bayerns Super-„Zocker “ lassen die Liga zittern

06.08.2022 | Stand 22.09.2023, 20:11 Uhr

Viel Grund zum Jubeln hatten die Bayern in Frankfurt. −Foto: dpa

Die atemberaubende Vollgas-Gala von Bayern München lässt alle Alarmglocken schrillen. Gnadenlos befeuerte der Dauer-Champion die omnipräsente Angst vor Langeweile in der Fußball-Bundesliga, schockte die Konkurrenz bereits vor dem ersten Aufgalopp.

Also wieder ein gnadenloser Durchmarsch zur elften Meisterschaft in Serie? „Wir würden es uns wünschen, wenn wir nach jedem Spiel über so eine Leistung reden könnten“, sagte Thomas Müller nach dem brillanten 6:1 (5:0) bei Eintracht Frankfurt, „aber es kommen auch wieder andere Zeiten.“

Sportvorstand Hasan Salihamidzic wollte von einem erneuten Alleingang zur Schale ebenfalls nichts wissen. „Es ist das erste Spiel. Für uns war es schön, aber mehr auch nicht. Ich würde das nicht überbewerten“, mahnte der 45-Jährige. Doch gerade die erste Halbzeit gegen den Champion der Europa League taugt als Kampfansage mit Strahlkraft. Die vage Hoffnung der Konkurrenz auf eine Torflaute nach dem Abgang von Weltfußballer Robert Lewandowski? Dürfte bereits verflogen sein.

„Die Skepsis, die es bezüglich der Offensive aufgrund der massiven Veränderung gab, haben wir mit elf Toren in zwei Spielen gegen den Pokalsieger und den Europa-League-Gewinner erst einmal in den Hintergrund gerückt“, betonte Routinier Thomas Müller. Ohne Lewandowski, auf den in der Vergangenheit das gesamte Angriffsspiel zugeschnitten war, sind die Bayern wesentlich schwerer auszurechnen. „Wir müssen vorn andere Wege finden, Tore zu schießen“, sagte der überragende Musiala. Das gelang in Frankfurt - wie zuletzt schon in Leipzig - prächtig. „Wir haben ein Spiel ganz nach unserem Geschmack erlebt. Das gibt ein gutes Gefühl. Unsere Umstellungen greifen“, resümierte Müller mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Wir sind sehr variabel in der Spitze. Mane gibt uns mehr Flexibilität. Das ist teilweise schon eklig zu verteidigen. Es ist eine sehr gute Energie spürbar“, schwärmte Trainer Julian Nagelsmann: „Wenn die Spieler da vorne ins Zocken kommen, macht es Spaß zuzuschauen.“ In den zwei Partien gegen Pokalsieger RB Leipzig (5:3) sowie den Europapokalsieger gelangen vorher kaum für möglich gehaltene elf Treffer. Gegen RB und Frankfurt trafen jeweils fünf verschiedene Profis.

„Wir versuchen, vorne viel zu kombinieren, wir sind alle technisch stark. Es läuft gerade“, sagte der überragende Jamal Musiala bei DAZN. Nagelsmann habe „genau die richtigen Knöpfe gedrückt“, lobte Salihamidzic. Musiala, Müller, Star-Neuzugang Sadio Mane sowie Serge Gnabry harmonieren bereits prächtig, sind mit ihrem Höchsttempo und ständigen Rochaden für den Gegner quasi nicht zu greifen.

„Die vier da vorne, das macht schon Spaß. Im Team stimmt es. Da kann etwas entstehen“, frohlockte Joshua Kimmich. Der hatte mit einem Geniestreich per Freistoß (5.) das Premierentor der 60. Bundesliga-Saison erzielt. Benjamin Pavard (11.), Mane (29.), Musiala (35., 83.) und Gnabry (43.) schossen den Kantersieg heraus, Randal Kolo Muani (64.) gelang nach Riesenpatzer von Manuel Neuer der Ehrentreffer.

Vor allem Musiala, in der Vorsaison zumeist noch in der Jokerrolle, entwickelt sich immer mehr zum X-Faktor im Bayern-Spiel. „Jamal ist sehr gut drauf, macht Tore, ist wichtig für unser Spiel. Warum sollte man ihn draußen lassen?“, sagte Salihamidzic mit breitem Grinsen. Der Youngster schafft mit seinen schlangenartigen Bewegungen Räume für die Mitspieler, beschleunigt mit seiner Kreativität das Spiel.

„Frankfurt hat mit der Euphorie der Euro League was riskieren und seine Spielweise durchdrücken wollen. Diesen Mut haben wir bestraft“, sagte Müller. „Doch“, warnte er, „es werden auch noch andere Spiele kommen, wo wir sagen, heute hat der Mittelstürmer gefehlt.“ Doch gerade angesichts der ersten Halbzeit am Main ist das kaum vorstellbar.

Und da kommt wohl gar noch mehr. „Wir sind noch nicht bei 100 Prozent, was die Fitness betrifft“, sagte Salihamidzic mit schelmischem Grinsen.

− sid