„Gansaldorf“ fängt sich 2:2-Ausgleich in Minute 94
Fußballdrama vor 743 Zuschauern: Niederalteichs Mutz köpft Lindberg ins Tal der Tränen

06.11.2022 | Stand 07.11.2022, 14:41 Uhr

Werbung für den Amateurfußball: 743 Zuschauer wollten sich das Kreisliga-Spitzenspiel zwischen Lindberg (um Johannes Gell, l.) und Niederalteich nicht entgehen lassen. −Foto: Frankl Bietau

Von Felix Drexler

Am Ende waren sich die allermeisten der 743 (!) Zuschauer einig: Das, was sie gerade erlebt haben, war Werbung für den Amateurfußball. 2:2 endete am Sonntagnachmittag das Topspiel der Kreisliga Straubing zwischen dem gastierenden Tabellenführer Niederalteich und dem heimischen Verfolger aus Lindberg. Es war ein Spiel, das alles vereinte, was das Fußballherz begehrt. Ein Drama in 90 Minuten.

Hier lesen Sie die Berichte der anderen Partien in der Kreisliga Straubing.

Doch der Reihe nach: Schon vor der Partie stand ein großer Gewinner fest: Michael Stangl, Platzkassier des TSV Lindberg, freute sich über einen Riesen-Andrang. 743 zahlende Zuschauer waren in das kleine Bayerwald-Dorf gepilgert, wollten sich das Spitzenspiel an diesem sonnigen Herbsttag nicht entgehen lassen – und sorgten nach Angaben des TSV-Vorsitzenden Franz Straub für einen neuen Vereinsrekord.

Und kaum haben die Fans Platz genommen, werden sie wieder aus den Sitzen gerissen: Sebastian Marchl fasst sich aus rund 20 Metern ein Herz, der abgefälschte Schuss wird zur Bogenlampe, fliegt über Niederalteichs Keeper Michael Wiesinger hinweg und landet genau im Netz (5.). Paukenschlag – und ein Motivationsschub für die TSV-Elf, die sich nun in einen Rausch spielt.

Dreh- und Angelpunkt: Spielertrainer Armando Schreder, der an fast allen Angriffen beteiligt ist. Der 32-jährige Spielmacher ist es auch, der mit einem Distanzschuss nur zwei Minuten später auf 2:0 erhöht (7.). Riesenjubel im „Gansaldorf“ und pure Enttäuschung bei den Gästen, die sich bis zur Halbzeit lediglich eine nennenswerte Chance herausspielen. Und das, obwohl Armando Schreder nach wiederholtem Foulspiel von Schiedsrichter Martin Kagermeier (Pondorf) mit einer Zeitstrafe vom Platz geschickt wird (33.).

Niederalteichs Trainer Tobias Stadler reagiert früh, bringt mit Michael Messert und Lukas Zacher zwei frische Offensivkräfte. Ein Wechsel, der sich sofort auszahlt. Sechs Minuten sind in der zweiten Hälfte gespielt, als Zacher bis zur Grundlinie vorstößt, den Ball quer auf Messert legt, der die Kugel nur noch ins leere Tor schieben muss (51.). Nun ist die Partie wieder offen, die Spannung spürbar. Und es kommt zu der spielentscheidenden Szene: Auf Höhe der Mittellinie senst Lindbergs Nummer zehn, Ronaldo Schreder, einen Gegenspieler von hinten um. Schiedsrichter Kagermeier zögert keine Sekunde, zückt glatt Rot (58.). Die Lindberger müssen den knappen Vorsprung über 30 Minuten lang in Unterzahl verteidigen.

Genau das scheint zu klappen – obwohl sich die Blau-Weißen in zahlreichen Situationen von Schiedsrichter Kagermeier benachteiligt fühlen. So lässt dieser am Ende sogar sechs Minuten nachspielen – und zieht mit dieser Entscheidung den ganzen Zorn der Heimfans auf sich. Jetzt ist die Stimmung am Überkochen.

Kurz vor Schluss zückt Gästetrainer Stadler sein nächstes Ass, bringt mit Maximilian Mutz (19) einen bulligen Mittelfeldmann, der noch kein einziges Saisontor vorweisen kann. Doch hier und heute soll der 19-Jährige zur entscheidenden Figur werden.

Dabei scheint Mutz zunächst zum „Pechvogel des Tages“ zu mutieren: Die Nachspielzeit läuft bereits, als er es fertig bringt, den Ball aus rund drei Metern Entfernung über das Tor zu dreschen. Nur eine Minute macht er es wesentlich besser. Nach einer Flanke steht Mutz goldrichtig, köpft die Kugel zum späten Ausgleich ins Netz (90+4.). Ein dramatisches Ende nach packenden 90 Minuten. Und während die Lindberger vor Enttäuschung am liebsten im Boden versinken möchten, können die Niederalteicher ihr Glück kaum fassen.

Trainerstimmen

Tobias Stadler (Spvgg Niederalteich): „Es war ein zerfahrenes Spiel auf extrem tiefen Geläuf. Letztlich ist das Ergebnis gerecht. Wir haben die ersten Minuten komplett verschlafen, wurden überrumpelt, haben uns aber dann zurückgekämpft. Die Kulisse war ein Traum!“

Dominik Wagner (Co-Trainer TSV Lindberg): „Es war ein hart geführtes Spiel. Wir sind gut gestartet, gehen schnell mit 2:0 in Führung. Danach wurde die Partie immer hektischer. Warum sechs Minuten nachgespielt wurde, verstehe ich nicht. Schade, dass wir es nicht geschafft haben, den Sieg heimzufahren.“