14-Jähriger seit knapp einem Jahr ein "Wolf"
Mit der Hilfe von Xaver: Wieso sich Julian Kornreder beim VfL Wolfsburg pudelwohl fühlt

10.04.2020 | Stand 19.09.2023, 1:33 Uhr

Stammplatz: Julian Kornreder spielt in der U15 des VfL Wolfsburg regelmäßig.

Es ist erstaunlich, welchen Unterschied ein Jahr machen kann. Als der Reporter der Heimatzeitung im Februar 2019 bei Julian Kornreder am Stadtrand von Pocking zu Gast war, traf er einen zurückhaltenden Jungen mit auffallender Lockenpracht, der das Reden lieber seinem Vater Günter überließ. Nun, gut ein Jahr später, hat man das Gefühl, mit einem anderen Menschen zu sprechen. Julian, inzwischen 14 Jahre alt, redet wie ein junger Erwachsener, der in den letzten Monaten viel über das Leben gelernt hat – und zwischendrin auch wie der Fußballprofi, der er einmal sein möchte: "Ich bin komplett zufrieden mit dem letzten Jahr, auch wenn mich eine Verletzung zwischenzeitlich aus der Bahn geschmissen hat." Man lernt bei einem Bundesligisten, wie der VfL Wolfsburg es ist, eben nicht nur das Fußballspielen, sondern auch die Arbeit mit den Medien.

Seit dem Sommer wohnt und trainiert Kornreder im Wolfsburger Fußball-Internat – und hat sowohl körperlich als auch charakterlich einen großen Sprung gemacht. Ein "Brackl" sei der Julian geworden, sagt sein Vater: "Er ist zwar immer noch einer der Kleineren seines Jahrgangs, hat aber extrem zugelegt. Der holt mich bald ein." Die Betreuung im Internat sei "krass", ergänzt Julian. Dennoch habe sein Sohn in diesen Monaten gelernt, auch für sich selbst zu sorgen: "Man lernt, viele Sachen selbst zu machen." Auch, wie man sich selbst fit hält, wenn das Training einmal ausfällt.

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In Corona-Zeiten hat der VfL Wolfsburg seine Talente nach Hause geschickt. Kein Training, dafür Zeit mit der Familie. Kornreder hat sich, ganz Profi, seine Arbeit mit nach Niederbayern genommen. In digitalen Zeiten bleiben die Trainer mit ihren Spielern in Kontakt. "Es ist ein spielerisches Training", erzählt Vater Günter. "Die Spieler werden zu Challenges herausgefordert, Mülltonnenschießen zum Beispiel." Und Julian hat einen ganz entscheidenden Vorteil: Im heimischen Garten des Hauses am Pockinger Stadtrand hat ihm der Papa schon vor Jahren einen kleinen Fußballplatz gebaut. Zumindest das Eins-gegen-Eins bleibt also nicht auf der Strecke – neben der Schnelligkeit die große Stärke des wuseligen Offensivtalents.

Über die Jugend des SV Schalding und von Wacker Burghausen hatte sich Kornreder schon früh in den Fokus der großen Nachwuchsleistungszentren gespielt, mit 12 kickte er in der U15-Bayernliga. Monatelang hatten sich er und sein Papa Zeit gelassen, um den richtigen Verein zu finden. Am Ende wurde es einer der am weitesten entfernten. "Ich habe es nie bereut", sagt Julian. Natürlich sei das am Anfang schwierig gewesen, sagt Papa Günter. Doch das Heimweh hält sich in Grenzen – weil die Heimat zu Julian kommt. "Ich fahre fast jedes Wochenende nach Wolfsburg, mit dem Zug geht das auf fünfeinhalb Stunden", erzählt sein Vater. Das ist momentan natürlich hinfällig.

Kornreder wird jetzt von Ex-Profi Harald Cerny beraten

Erst einmal ist Pause bis nach Ostern in der C-Junioren-Regionalliga Nord, in der die U15 des VfL spielt. Vor der Corona-Krise kam Kornreder regelmäßig zum Einsatz, trug mit Toren maßgeblich dazu bei, dass Wolfsburg mit zwei Punkten und einem Spiel weniger als der Tabellenführer Hamburger SV auf Platz drei der Tabelle steht. "Es war bitter, weil sie das letzte Spiel vor der Pause verloren haben. So wären sie jetzt Tabellenführer, das wäre schon ein besseres Gefühl", sagt Vater Günter. Julian selbst sieht das nicht so eng. Es wären ja theoretisch noch einige Partien zu spielen. Wenn es überhaupt weiter geht.

Weiter gehen wird es für Kornreder auf jeden Fall in Wolfsburg, ein Weggang ist kein Thema. "Ich fühle mich rundum wohl", sagt er. Das liegt auch daran, dass er immer wieder mit den Stars der 1. Mannschaft in Kontakt kommt. Einer hat ihm besonders geholfen: Xaver Schlager, der Neuzugang aus Salzburg. "Als ich mit einer Schambeinentzündung aussetzen musste, hatte ich ein Einzelgespräch mit ihm. Er hatte dieselben Probleme und mir Mut gemacht und gesagt, dass ich geduldig sein muss." Seither achtet Julian noch viel mehr auf seinen Körper, ernährt sich gesund und trainiert diszipliniert, wie er erzählt. Und auch im Umfeld haben sich die Kornreders professionelle Hilfe geholt: Der ehemalige 1860- und Bayern-Profi Harald Cerny berät die Familie seit kurzem. "Julian ist da sehr gut aufgehoben", sagt sein Vater.

Es sei aber nicht so, dass sich die Familie darauf versteift, Julian unbedingt zum Profifußballer zu formen, sagt Günter Kornreder. Im Vordergrund stehe die schulische Ausbildung. Das klappe bisher wunderbar. "Der Fußball ist Plan B, Plan A ist, dass er die Schule gut schafft. Da machen wir uns nichts vor."

Das Porträt erschien in der Gründonnerstagsausgabe der Heimatzeitung.