Erfolg für Frauenpower-Bewegung: DFB bereit zur Zusammenarbeit – Nagelsmann: Qualität entscheidet

21.05.2021 | Stand 19.09.2023, 2:06 Uhr
Alexander Sarter
Jana Lange

Sie will Verantwortung übernehmen: Ex-Nationalspielerin Katja Kraus schließt das DFB-Präsidentenamt nicht aus. −Foto: dpa

Ihre ersten Erfolge haben die Aktivistinnen schneller als gedacht gefeiert. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist zur Zusammenarbeit mit der Frauenpower-Initiative um Präsidentschaftsanwärterin Katja Kraus (50) bereit – und aus der Männer-Bundesliga gibt es schon Fürsprecher wie Julian Nagelsmann. "Wir laden die Gruppe gerne ein, mit uns in den Dialog zu treten und uns gemeinsam für Vielfalt im Fußball stark zu machen", teilte der DFB dem SID mit.

Es hat ganz den Anschein, als sei das Netzwerk der neun prominenten Frauen genau zum richtigen Zeitpunkt mit ihren Forderungen auf den Plan getreten. Das Macht-Vakuum im Verband nach dem Rücktritt von Fritz Keller könnte dafür sorgen, dass der Kampf für mehr Geschlechtergerechtigkeit und eine Frauenquote von 30 Prozent in Führungspositionen tatsächlich gewonnen werden kann – garniert mit der ersten weiblichen Präsidentin in der 121-jährigen DFB-Geschichte.

Schließlich hat die frühere Nationaltorhüterin und Funktionärin Katja Kraus noch einmal ihre Bereitschaft signalisiert, das vakante Amt beim krisengeplagten Verband zu übernehmen. "Wenn man Forderungen aufstellt, dann gehört es glaube ich dazu, an einer Stelle auch die Verantwortung übernehmen", sagte die 50-Jährige im Deutschlandfunk – und attestierte dem DFB, dass er "eine ganze Menge Nachholbedarf" habe, was "das Thema Geschlechtergerechtigkeit angeht".

Sogar Keller unterstützt die Ziele der Initiative. "Für mich ist die Frage, ob ich es gut finden würde, wenn eine Frau DFB-Präsidentin werden würde, ganz klar mit ja zu beantworten", sagte der Ex-Boss der Bild-Zeitung. Der frühere Präsident Theo Zwanziger sieht es ähnlich: "Ich freue mich über den Mut dieser Gruppe und finde, dass die Forderungen in die richtige Richtung gehen."

Der künftige Bayern-Trainer Nagelsmann gab zu Protokoll, dass er "nichts gegen eine Frau an der DFB-Spitze" habe: "Man muss die Qualität für den Job mitbringen – ob Männlein oder Weiblein, ist egal." Für Nagelsmanns Kollege Christian Streich vom SC Freiburg ist es "antiquiert, sich vorzustellen, dass es keine Frau" sein kann: "Die Frage ist eher, ob eine Frau sich das antun will."

Katja Kraus will aber mehr als "nur" Keller-Nachfolgerin werden. Für das frühere Vorstandsmitglied des Hamburger SV stehen vor allem Aufräumarbeiten im Vordergrund. "Keine Kandidatin für das Präsidentenamt wird etwas verändern können, wenn die Strukturen und Governance-Richtlinien so bleiben, wie sie im Moment sind", äußerte die Geschäftsführerin einer Sportmarketingagentur. Es gehe nur im Team und mit Vertrauen in Entscheidungsträger.

Derzeit sitzt im DFB-Präsidium in Hannelore Ratzeburg nur eine Frau. Die Regional- und Landesverbände werden ausschließlich von Männern geführt. Das würde sich ändern, wenn die zur Initiative gehörende Gaby Papenburg Ende August die Wahl zur Präsidentin des Berliner Fußball-Verbandes (DFB) gewinnt.

Generell würde der DFB mehr weibliche Spitzenkräfte begrüßen. "Wir wollen mehr Frauen auf allen Ebenen, in allen Gremien und in Führungspositionen, damit wir mehr weibliche Perspektiven und Sichtbarkeit erreichen. Es besteht hier deutlicher Nachholbedarf", gestand der Verband unumwunden ein.

Nachhaltige Veränderungen benötigten aber Zeit, wichtige Entscheidungen seien vom DFB-Präsidium oder -Bundestag abzusegnen. "Wir können nachvollziehen, dass es nicht jedem schnell genug geht und die Ungeduld wächst", so der DFB. Deshalb bleibe man "mit Nachdruck dran, um für Frauen und damit im Verband und für den Fußball etwas zu bewegen".

Das existierende DFB-Projekt "Frauen im Fußball" aber hat Nationaltorhüterin Almuth Schult bislang ernüchtert. "Ich habe auch schon länger erfragt, was diese Gruppe denn im letzten Jahr erwirkt hat, welche Pläne sie aufgestellt hat. Da habe ich noch keine konkrete Antwort bekommen", sagte die 30-Jährige dem SID. "Deswegen freue ich mich auf den Austausch."

− sid