WM soll Aufschwung bringen: "Der Titel würde dem Frauen-Fußball auf die Sprünge helfen"

07.06.2019 | Stand 07.06.2019, 9:34 Uhr

Hoffnungsträgerinnen: Carolin Simon (v.l.) Alexandra Popp und Sara Doorsoun. −Foto: dpa

Wenn man sich in der letzten Woche auf der offiziellen DFB-Seite durch den Kader der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft klickte, fehlten von manchen Spielerinnen die Fotos. Als Füller für die Sportlerinnen, die kein Bild hatten, war eine Silhouette abgebildet. Von einem Mann. Kaum ein Gespräch über Frauenfußball kommt ohne Vergleich zum Männerfußball aus. Die Nationalspielerinnen wehrten sich zuletzt mit einem Werbe-Clip, in dem es heißt: "Wir brauchen keine Eier, wir haben Pferdeschwänze."

Silke Raml findet es gut, dass die Frauen versuchen, ein bisschen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Vizepräsidentin des Bayerischen Fußball-Verbands ist sich sicher, dass die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg mindestens das Halbfinale erreicht. Auch Alina Angerer, aus Sonnen (Landkreis Passau), die beim MSV Duisburg in der Bundesliga spielt, glaubt, dass Deutschland gute Chancen hat. "Deutschland ist eine Mannschaft, die immer um den Titel spielt", sagt Angerer, die einige Nationalspielerinnen aus der Liga kennt. Den USA und Frankreich räumt sie auch gute Chancen ein. Der jungen deutschen Mannschaft (Durchschnittsalter 25) könne man viel zutrauen.

So viel zum Sportlichen. Neben dem Platz hat die DFB-Elf andere Probleme. "Die Aufmerksamkeit ist abgeflacht. Seit 2011 sind die Zahlen im Mädchenfußball rückläufig. Die Gründe sind vielschichtig, alleine der gesellschaftliche Wandel spielt eine große Rolle. Uns täten auch bekannte Vorbilder in der Nationalmannschaft wie seinerzeit Steffi Jones oder etwa Birgit Prinz gut", sagt Raml. "Wir spielen für eine Nation, die unsere Namen nicht kennt", sagen auch die Spielerinnen im Video. "Der WM-Titel würde dem Frauen-Fußball hierzulande auf die Sprünge helfen", glaubt Raml. Auch, um Kritiker zu überzeugen, die den Frauen-Fußball belächeln. "Vielleicht lassen sie sich mit technisch schönem Fußball überzeugen", hofft sie.

2003, die deutschen Frauen waren grade Weltmeisterinnen geworden, versuchte der italienische Verein AC Perugia Birgit Prinz für seine Herren-Mannschaft zu verpflichten. Sportlich hätte das wenig Sinn gemacht, zu groß sind die körperlichen Unterschiede. Das wusste der AC Perugia, der mit der Aktion Aufmerksamkeit erregen wollte, und das wusste Birgit Prinz, die das Angebot nicht annahm.

Aber der Frauen-Fußball war im Gespräch. "Die Frauen haben die Aufmerksamkeit verdient", sagt Raml. Anders als die männlichen Kollegen könnten die wenigsten Spielerinnen Ersparnisse zurücklegen. Sollten die Frauen den WM-Titel holen und die Qualifikation für Olympia schaffen, bekämen sie 75000 Euro Prämie. Bei den Männern wären es bei der letzten WM 350000 gewesen.

Zu den Spielen von Alina Angerer kommen im Schnitt sechs- bis siebenhundert Zuschauer, schätzt sie. Den Vergleich mit den Männern braucht man hier nicht zu bemühen. Aber in Spanien waren es beim Frauen-Spiel zwischen Atlético Madrid und dem FC Barcelona im März über 60000 Zuschauer. In England kamen zum Spiel Manchester City gegen West Ham United 43000 Fans.

"In Spanien oder England hat der Frauenfußball viel mehr Aufmerksamkeit", sagt Angerer. "Aus meiner Sicht wäre viel mehr möglich." Es liegt ja auch nicht daran, dass die deutsche Liga schlechter wäre als die anderen. Von den 23 Frauen im deutschen Kader spielen nur zwei im Ausland. In der Champions League steht der VfL Wolfsburg regelmäßig im Halbfinale. Dieses Jahr schaffte es der FC Bayern München unter die letzten vier.

Aber was der Frauen-Fußball vor allem braucht, ist Aufmerksamkeit. Silke Raml hofft, dass mit einem guten Abschneiden in Frankreich "die Stimmung auch nach Deutschland rüberschwappt". Das sagt auch Alina Angerer, fast wortgleich. Der WM-Titel würde wohl helfen.