Spaß hier, Beleidigungen dort: Laetitia Oroszi (16) und ihre Erfahrungen als Schiedsrichterin

24.01.2019 | Stand 19.09.2023, 0:50 Uhr
Jonas Kraus

Fußball hat sie von klein auf begeistert: Laetitia Oroszi hat früher selbst Tore geschossen. Heute leitete sie lieber Fußballpartien wie in dieser Szene beim Landkreispokal der C-Junioren. −Foto: Alexander Escher

Nein, ein besonderes Ritual habe sie nicht, sagt Laetitia Oroszi. "Ich fahr hin, mach mein Ding und fahr wieder heim." Alles ganz normal. Keine lange Vorbereitung, kein überflüssiges Nachdenken. Dabei ist ihr Hobby alles andere als gewöhnlich: Die 16-jährige Freyungerin ist Schiedsrichterin. Eine junge Frau in einem Umfeld, dass wie wenig andere noch immer von Männern dominiert wird. "Mir macht das einfach Spaß", sagt sie. Das zeigt sich auch an ihren Leistungen: Eineinhalb Jahre nachdem sie zum ersten Mal ein Jugendspiel geleitet hat, ist sie als Assistentin schon in der Herren-Bezirksliga unterwegs oder pfeift in der Kreisliga der Frauen – und hat sich ein dickes Fell zugelegt.

Denn besonders am Anfang ihrer noch jungen Karriere machten ihr die Beleidigungen, denen Schiedsrichter Woche für Woche ausgesetzt sind, schon zu schaffen. "Manche Eltern haben ziemlich geschimpft am Anfang", erinnert sie sich, und fügt selbstkritisch an: "Damals hätte ich in der einen oder anderen Situation aber auch öfter pfeifen müssen." Dieses "normale Geschimpfe" macht der Gymnasiastin mittlerweile nichts mehr aus, das geht "in einem Ohr rein und im anderen wieder raus", erzählt sie lachend.

Störender sind da schon "geschlechterspezifische Beleidigungen", wie die 16-Jährige es vorsichtig ausdrückt. In ihrer Anfangszeit hat ihr beispielsweise ein Zuschauer, der seine Manieren nicht mit an den Platz genommen hatte, geraten, sie solle lieber an ihren Schminktisch zurückkehren, anstatt Fußballspiele zu leiten. "Sowas verstehe ich einfach nicht", sagt Oroszi entschieden, "ob man sich im Fußball auskennt liegt sicher nicht daran, ob man ein Mann oder eine Frau ist." Unterkriegen lassen will sie sich von so dummen Bemerkungen nicht, dafür macht ihr das "Schiedsrichtern" einfach zu viel Spaß.

Fußball hat sie schon von klein auf begeistert, zusammen mit ihren Freundinnen kickte Oroszi in der Jugend des TV Freyung. Als Angreiferin schoss sie etliche Tore, am fehlenden Talent lag es also nicht. So richtig Spaß aber machte ihr das Kicken irgendwann nicht mehr, die Luft war ein wenig raus. Just in der Zeit traf sie beim Schuhe kaufen zufällig den Wolfsteiner Schiedsrichter-Obmann Fabian Kilger (28), der in einem Sportgeschäft arbeitet.

Und Kilger, immer auf der Suche nach Nachwuchs für seine Schiedsrichtergruppe, fackelte nicht und fragte Laetitia, ob sie nicht mal an der Pfeife probieren wolle. "Ich hab gar nicht lange überlegt", sagt sie heute. Kurze Zeit später leitete sie zusammen mit einem erfahrenen Schiedsrichter ihre erste Partie in der D-Jugend. "Sie hat eine positive Ausstrahlung und tritt mit viel Selbstbewusstsein", lobt Kilger seine Nachwuchsschiedsrichterin und schiebt nach: "Trotzdem ist sie nicht arrogant. Das kommt an."

Kilger ist froh, dass er eine wie Laetitia Oroszi in seinen Reihen hat, junge Frauen für den Job als Schiedsrichter zu begeistern, ist nicht einfach. Seit ein paar Jahren zeigt der Trend aber in eine mehr als positive Richtung: "2004 haben nur Männer bei uns gepfiffen", erinnert er sich. Das ist mittlerweile nicht mehr so, 100 aktiven Schiedsrichtern in seiner Gruppe Wolfstein stehen mittlerweile immerhin sieben Schiedsrichterinnen gegenüber, "alle machen einen super Job". Die Beleidigungen der Zuschauer gegen Frauen an der Pfeife nerven ihn selbstverständlich auch, darüber hinaus aber hat er eine bemerkenswerte Beobachtung gemacht. "Die Spieler sind braver, wenn eine Frau pfeift."

Vielleicht auch deshalb hat Laetitia bisher noch keinen Platzverweis aussprechen müssen, was nicht selbstverständlich ist, schließlich ist sie an guten Wochenenden bis zu dreimal im Einsatz, zweimal meist selbst an der Pfeife und einmal als Assistentin.

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