Auch sofortiger Rückzug steht im Raum
Trainer und Kapitän weg, Verein plant schon unterklassig: Riesen-Chaos bei Regionalligist Rain

15.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:02 Uhr

Plötzlich stand ein Zwangsabstieg und der Rückzug in die Landesliga im Raum: Den wollten der Rainer Trainer Martin Wang und seine Führungsspieler nicht mittragen. Foto: Imago Images

Beim TSV Rain am Lech brennt es lichterloh: Cheftrainer Martin Weng, sein Co-Trainer Johannes Müller sowie Kapitän Stefan Müller sind Knall auf Fall zurückgetreten. Auch Athletiktrainer Raphael Boger steht nicht mehr zu Verfügung.

Ob die Mannschaft unter diesen Umständen überhaupt noch in der laufenden Regionalliga-Saison antritt, scheint keineswegs gewiss.

Und es kommt noch dicker: Geschäftsführer Alexander Schroder wird wohl nur noch bis Jahresmitte sein Amt ausüben. Und auch Niko Schröttle, bisher Spielertrainer der 2. Mannschaft, füllt nun die Position des spielenden Co-Trainers aus; er allerdings aus beruflichen Gründen.

Noch am Wochenende schien die Lage beim Regionalliga-13. einigermaßen stabil – aber nur nach außen. Die Mannschaft absolvierte ein Testspiel beim VfR Garching (Bayernliga) und zog sich mit einem 2:2-Unentschieden aus der Affäre. Trainer Weng stand wie immer an der Seitenlinie; es sollte das letzte Mal gewesen sein. Anfang der Woche gaben er, die Müller-Brüder und Boger ihre Entscheidung bekannt.

Die Gründe dafür liegen nach den Aussagen des bisherigen Trainers und seines Assistenten im Gespräch mit dem Donaukurier in einem immensen Vertrauensverlust. Sie hätten nicht mehr den Eindruck gehabt, der Verein wolle so hochklassig spielen.

TSV Rain: Trikotsponsor Dehner strukturiert um

Ausgangspunkt war wohl die Entscheidung der Firma Dehner, ihr Sponsoring neu zu strukturieren. „Die vergangenen Krisenjahre haben es gezeigt: Unsere Gesellschaft wird immer stärker als Solidargemeinschaft gefordert. Deswegen wird Dehner seine Sponsoring- und Spendenaktivitäten neu ordnen und im sozialen Bereich nun dauerhaft erhöhen“, heißt es in einer Stellungnahme der großen Gartencenter-Kette aus Rain. Damit einher geht die Verlagerung des Fokus auf den Sport. Wie Hansjörg Flassak, Finanzchef von Dehner, betont: „Das Familienunternehmen Dehner bleibt der Region, seinen Wurzeln und dem Verein auch weiterhin eng verbunden. Wir möchten mit unseren Geldern künftig neben dem sozialen Engagement aber insbesondere den Breitensport des Vereins und eine langfristig nachhaltige Fußball-Arbeit mit Schwerpunkt auf der Jugendförderung unterstützen.“


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Das soll seit Ende vorigen Jahres bekannt gewesen sein, sei aber von den Vereinsverantwortlichen zunächst nicht an die Mannschaft kommuniziert worden, heißt es aus Vereinskreisen. Nun hätten sich die Entscheidungsträger zusammengesetzt und beratschlagten, wie weiter zu verfahren sei, auch damit, dass der Klub-Geschäftsführer Schroder zum Saisonende aufhören will und ein Nachfolger nicht in Sicht ist.

Am 20. Januar gab es eine lange Sitzung, in der verschiedene Szenarien durchgespielt wurden, erinnert sich Weng im Gespräch mit unserer Zeitung. Eine Woche später hieß es, der Verein wolle definitiv die erneute Lizenz für die Regionalliga beantragen; eventuell – im Fall eines sportlichen Abstiegs – müsse man sich eben mit der Bayerliga begnügen. Rain belegt derzeit den 13. Platz und wäre gesichert. Allerdings beträgt der Abstand zu einem direkten Abstiegsplatz nur zwei Punkte.

„Am 2. Februar bekam ich nach dem Training einen Anruf im Auto, dass der Verein in die Landesliga will“, teilt Weng weiter mit. Dann überschlugen sich offensichtlich die Ereignisse. Am Montag, 6. Februar, war eine weitere Versammlung anberaumt, an der auch die Mannschaft teilgenommen habe, was laut Weng ursprünglich vom Verein gar nicht vorgesehen war. Dort sei das Projekt „Landesliga“ präsentiert worden, wobei in der hitzigen Diskussion klar geworden sei, dass im Entscheidungsgremium keine Einigkeit geherrscht habe. Nun wollte man offensichtlich doch an der Regionalliga festhalten.

„Das zwei Tage nach der Wechselfrist bekannt zu geben, das war doch nicht zufällig“



Wie dem auch sei: Der Schaden war geschehen und das Vertrauensverhältnis zwischen Vereinsführung und Mannschaft samt Trainer lag in Trümmer. Vor allem die Art und der Zeitpunkt der Kommunikation lösten Wut aus: „Das zwei Tage nach der Wechselfrist bekannt zu geben, das war doch nicht zufällig“, findet auch Weng. „Das war aus den Köpfen der Spieler nicht mehr herauszubringen, es gab keine Vertrauensbasis mehr und wir sahen keinen sportlichen Erfolg mehr“, so der Trainer. „Ich bin seit fast acht Jahren im Verein, mein Bruder sechseinhalb Jahre. Es war eine erfolgreiche Zeit und wir haben hier viel investiert. 2022 waren wir die sechstbeste Mannschaft der Liga. Ich hätte nie gedacht, dass es mal so kommt“, ergänzt der spielende Co-Trainer Johannes Müller. „Es war deutlich, dass keiner vom Verein so richtig das hohe sportliche Niveau will.“

Das Trainerteam, dazu Spielführer Stefan Müller und Fitnesscoach Boger hätten sich die Entscheidung nicht leichtgemacht, versichert der bisherige Co. „Wir wollten die Saison irgendwie zu Ende zu bringen, aber dann hätten wir die Lügen, die uns aufgetischt wurden, mittragen müssen.“ Und das wollten sie nicht. Der „Schnitt“ mit dem Rücktritt sei „alternativlos“ gewesen.

Für ihren Schritt hätten sie viel Zuspruch aus der Mannschaft bekommen, versichert Weng. „Ich hoffe, dass es gut zu Ende geht. Das Team ist charakterlich top.“ Allerdings räumt Weng auch ein: „Ein paar Jungs wollen weitermachen, ein paar sind skeptisch.“ Wie es nun weitergeht, scheint völlig offen. Ein Spielerstreik scheint ebenso möglich, wie eine neue Trainergruppe, die sich aus dem Kader rekrutiert. Im schlimmsten Fall droht das Ende der Regionalliga-Zeit bereits in der laufenden Saison. Von verantwortlicher Seite des Vereins war bis Redaktionsschluss am Dienstagabend keine Stellungnahme zu bekommen.