Regionalliga Bayern
Nach sechs Trainerwechseln 2022: Regionalliga-Chaosklub Pipinsried will sein Image ablegen

12.01.2023 | Stand 12.01.2023, 9:40 Uhr

Haben vor der Winterpause Euphorie entfacht: (von links) Herbert Paul, Atdhedon Lushi und Enver Maltas sollen den Regionalliga-Vorletzten noch zum Klassenerhalt führen. −Foto: Schalk

Von Horst Kramer

Es war ein turbulentes Jahr, selbst für Pipinsrieder Verhältnisse. Der aktuelle Regionalliga-Vorletzte hatte binnen 13 Monaten ein halbes Dutzend Mal seine Cheftrainer und ihre Assistenten ausgetauscht. 2023 will der Chaosklub sein Image ablegen – mit einer jungen sportlichen Führung.

Es war ein beispielloses Trainerkarussell, das sich im Dachauer Hinterland in Bewegung gesetzt hatte: Angefangen bei Andreas Thomas im November 2021 über Andreas Pummer, der schon nach sechs Wochen in Pipinsried verkündete, dass im Mai wieder Schluss ist. Es folgte das Trainer-Novizen-Duo Nikola Jelisic und Pablo Pigl, die Ende Oktober Adieu sagten. Der frühere Jetzendorfer Frank Peuker hatte schon nach einer Woche die Nase voll. Danach trugen der frühere Torjäger Atdhedon Lushi und der an einem Kreuzbandriss laborierende Ingolstädter Drittliga-Profi Herbert Paul (1860 München) die Verantwortung.

Kurz vor Weihnachten meldete Sarisakal Vollzug: Lushi ist ab sofort Teammanager, der „die sportliche Leitung unterstützen und sich um die Belange im strukturellen Bereich kümmern“ soll, wie es in einer Pressemeldung hieß. Als neues Trainerduo fungieren bis Saisonende Paul (28) und Enver Maltas (30).

Der bisherige Saisonverlauf

Als Jelisic zusammen mit seinem Kollegen Pigl im Sommer das Zepter übernahm, war von vorneherein klar, dass es für den FC Pipinsried schwierig werden würde, die Klasse zu erhalten. Sarisakal konnte einige Schlüsselspieler der Vorsaison nicht halten und holte dafür viele junge, Regionalliga-unerfahrene Kräfte. Mit Tormann Felix Thiel (FC Illertissen) und den Defensivkräften Sebastian Lobenhofer (FCA II), Bernard Mwarome (FCB II, Heimstetten) sowie dem Sechser Marin Pudic (Werder II, FCB II) stabilisierte Sarisakal den Kader doch noch. Als die zuvor verletzten Jelisic und Pigl wieder auf dem Platz standen, startete das neu formierte Team im August sogar eine Siegesserie. Nicht zuletzt dank Jelisics Spielidee, jedem Gegner offensiv Paroli zu bieten. Gegen die Profiteams mit Aufstiegsambitionen blieb indes im September der Erfolg aus.

Dann folgten Niederlagen gegen Abstiegskonkurrenten, die auf Kampfkraft setzten. Acht sieglose Partien hintereinander waren die Konsequenz. Die Trennung von Jelisic kam nicht überraschend. Umso verblüffender war jedoch, wie schlecht der Staffelwechsel zu Peuker orchestriert war, nach Innen wie Außen. Es grenzt fast an ein Wunder, dass es Lushi und Paul im November gelang, die tiefen Gräben wieder zu füllen und Hoffnung zu vermitteln. Selbst wenn ihre Ausbeute mit einem Punkt aus drei Spielen dürftig war.

Das Trainerteam

„Die Priorität ist, dass wir wieder mehr Ruhe in den Verein bringen“, sagt Teammanager Sarisakal. Und dafür sei „Kontinuität auf den Schlüsselpositionen“ ein besonders wichtiges Kriterium. Erst recht, nachdem es in dieser Saison schon so viele personelle Wechsel gegeben hatte. Da war es freilich der Wunsch gewesen, mit dem Interimsgespann weiterzumachen. In guten Gesprächen sei dann auch „viel Überzeugungsarbeit“ nötig gewesen, sagt Sarisakal, um schließlich zu diesem „sehr zufriedenstellenden“ Ergebnis zu kommen.

Am meisten überzeugen musste er vermutlich Paul, der sich – nach seiner Zeit beim TSV 1860 München und bei Austria Klagenfurt – ja eigentlich noch einmal in Richtung Profikarriere orientieren wollte. Sein Verbleib sei nun so etwas wie ein „Königstransfer“ während der Saison, meint Sarisakal, der anfügt: „Man darf nicht zu viel erwarten. Er kann uns auch nicht alleine retten, tut unserer jungen Mannschaft mit seiner großen Erfahrung aber wahnsinnig gut.“ Selbiges gelte auch für die Expertise von Pauls Trainerkollegen Maltas und die von Lushi, wobei in dessen Fall noch eine weitere Komponente hinzukommt: „Wenn man so jemanden hat, der so viel Herzblut mitbringt, der im Verein eine Galionsfigur und ein solcher Sympathieträger ist, dann muss man ihn einbinden“, betont Sarisakal. „Nur so können Strukturen weiter wachsen.“

Der Kader

„Zu jung, zu brav, zu unerfahren“, hatte Jelisic im Sommer geurteilt, bevor mit Felix Thiel, Sebastian Lobenhofer, Bernard Mwarome und Marin Pudić noch vier Routiniers zum Kader stießen. Thiel, Mwarome, Jelisic und Pigl sind inzwischen wieder Vergangenheit. Dennoch hatte sich das Team zuletzt nicht schlecht geschlagen. Paul und Lushi sind sich indes einig, dass der Kader noch mindestens einen erfahrenen Stürmer braucht. „Einer, der von der Bank kommen und Druck machen kann“, wie Paul sagt. Doch die finanziellen Spielräume sind in Pipinsried seit jeher begrenzt. Der schlechte Zuschauer-Zuspruch mit nur 389 Fans im Schnitt pro Heimspiel erlaubt keine großen Sprünge. Sarisakal und Lushi wollen mehr Talente aus Landkreisen wie Dachau, Aichach, Schrobenhausen und Pfaffenhofen holen, um mehr Fans anzulocken. Ein mittelfristiges Ziel, das in der momentanen Situation indes wenig hilft.