Bayernliga-Spitzenreiter
Nach Abstiegs-Trauma und Stotter-Start: Warum der SV Schalding jetzt so erfolgreich ist

12.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:40 Uhr

Gelöste Stimmung herrscht derzeit beim SV Schalding um Trainer Stefan Köck. −Foto: Andreas Lakota

Von Andreas Lakota

Nach 14 Spieltagen in der Fußball-Bayernliga ist der SV Schalding da angekommen, wo er am Ende der Saison gerne stehen möchte: Ganz oben.

Nur aussprechen wollen sie dieses Ziel am Reuthinger Weg auch nach der erstmaligen Eroberung der Tabellenführung nicht. „Wir haben am Wochenende ein Spiel gewonnen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger“, sagt Trainer Stefan Köck (37) und muss dabei selbst ein bisschen lachen. Denn natürlich weiß auch der Coach, dass der SVS spätestens nach dem 2:1-Erfolg bei 1860 München II neben Landsberg um Star-Spielertrainer Sascha Mölders zu den Hauptfavoriten auf den Titel zählt. Oder besser: Gezählt wird.

Bei den Junglöwen werden sicher nicht viele Teams die Punkte mitnehmen, prophezeit Köck. Mehr lässt sich der 37-Jährige aber nicht entlocken, das Wort Aufstieg nimmt er nicht einmal in den Mund. Es gebe keinen Grund, irgendetwas in Sachen nicht vorhandener – oder zumindest öffentlich nicht kommunizierter – Zielsetzung zu ändern. „Wir haben noch nichts erreicht“, sagt Köck. Außerdem: „Wenn ich jetzt irgendetwas sage, weiß ich, dass mir das bei der nächsten Gelegenheit wieder um die Ohren fliegt.“

Keine Frage, der Trainer der Schaldinger ist vorsichtig geworden. Als seine Mannschaft zu Saisonbeginn wackelte, rückte auch Köck in die Kritik, in den sozialen Medien wurde gar seine Ablösung gefordert. Nun hat er den SVS zurück in die Erfolgsspur geführt. Ob er nun als Spitzenreiter eine gewisse persönliche Genugtuung verspüre? „Vielleicht ist man versucht, nach so einer Situation von Genugtuung zu sprechen. Aber ich bin jetzt schon ein paar Jahre dabei. Ich bin immer sachlich geblieben und werde auch jetzt sachlich bleiben“, sagt der junge Trainer, der kürzlich die A-Lizenz erworben hat. Dann fügt er hinzu: „Viele machen es sich sehr einfach. Wenn die Mannschaft gewinnt, ist alles super, wenn sie verliert, ist alles scheiße. Aber so einfach ist es nicht im Fußball, man darf nicht immer alles am Ergebnis festmachen.“

Soll heißen: Auch bei den Niederlagen gegen Ismaning und Erlbach sei man nicht so schlecht gewesen, wie man hinterher gemacht wurde. „Die Spiele hätten durchaus einen anderen Verlauf nehmen können“, sagt Köck. Auch bei den jüngsten Erfolgen sei nicht alles optimal gelaufen. „Viele Spiele in dieser Liga sind extrem eng. Das war auch am Samstag bei 1860 II so. Am Ende haben wir gewonnen, weil wir sehr, sehr viel investiert haben.“

Zehn Partien in Folge haben die Schaldinger nun nicht mehr verloren, dabei acht Siege eingefahren. Eine beeindruckende Serie, die man den Passauer Vorstädtern nach dem Stotter-Start nicht unbedingt zugetraut hat. Warum es plötzlich so gut läuft? „Da spielen viele Faktoren mit rein“, sagt Köck. „Wille, Qualität, Fokus. Die Mannschaft arbeitet Woche für Woche sehr hart. Zudem haben wir eine richtig gute Kaderbreite, einen gesunden Konkurrenzkampf. Das ist sehr wichtig.“ Im Sommer habe man zehn neue Spieler integrieren müssen, beim Rest steckte noch der Abstieg in den Köpfen. „Die Abläufe haben noch nicht so gestimmt, es musste sich erst alles finden“, sagt Köck. Selbstvertrauen war zudem kaum vorhanden.

Auch taktisch stellte der Coach um. Hinten spielt der SVS nun wieder mit Dreier bzw. Fünferreihe statt mit Viererkette. „Dieses System kennen viele Spieler aus den letzten Jahren, es gab uns mehr Sicherheit“, begründet Köck, der auch seinen neuen Co-Trainer Sepp Holler als Erfolgsfaktor sieht. „Sepp ist ein ähnlich Fußball-Verrückter wie ich. Mit ihm kann ich mich austauschen, er ist ganz eng am Team, weiß über alles Bescheid. Er ist eine absolute Verstärkung für uns.“

Insgesamt beschreibt Köck aktuell ein „sehr schönes Miteinander“ beim SV Schalding. Vor allem innerhalb der Mannschaft. Jeder würde seine Rolle annehmen, auch die Spieler, die nicht von Anfang an auf dem Platz stehen, verhielten sich vorbildlich. „Wenn ich sehe, wie die ein Tor feiern, ist das ein Genuss. Gleichzeitig erhalten im Team alle ihre Wertschätzung. Mannschaftssport wird als Mannschaftssport begriffen, es ist großartig, wenn junge Spieler das so leben.“

Es scheint, als müsse Köck in der aktuellen Phase wenig steuernd eingreifen. Das Ganze „einfach nur laufen zu lassen“ berge aber auch gewisse Gefahren. Man dürfe es bei all der Euphorie nicht versäumen, Dinge anzusprechen, die zuletzt in den Spielen nicht so gut gelaufen sind und müsse diese auch entsprechend trainieren. Und, sagt Köck: „Der Reiz darf nicht verloren gehen. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir unsere Siege nicht schnell mal locker flockig eingefahren haben, sondern dass wir in jeder Partie sehr viel Aufwand betreiben mussten und weiter betreiben müssen.“

Insgesamt dürfe man die aktuelle Phase aber auch ein bisschen genießen. Vor allem für die Spieler, die den Abstieg aus der Regionalliga miterlebt haben, sei die Erfolgsserie Balsam auf die oft geschundene Sportlerseele. „Die Jungs merken jetzt wieder, dass dieser Sport richtig Spaß machen kann“, sagt Köck. Für seinen Job als Trainer trifft das wohl auch zu.