Ein eiskalter Wind pfiff am Freitagabend über das Heimstettener Sportgelände. Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, regnete es auch noch. Trotzdem ließ sich Josef Steinberger nach dem Auswärtsspiel seines FC Pipinsried richtig schön Zeit, um in die Kabine zu gehen.
Zunächst noch eine freudestrahlend eine kleine Ansprache im Kreise seiner Mannschaft, dann noch ab zu den frierenden Journalisten: Der Chefcoach der Gelb-Blauen ließ nichts aus, schien es sogar in vollen Zügen zu genießen. Und das zu Recht, denn seine Mannschaft hatte zuvor das Kunststück geschafft, aus einem 0:2 nach 45 Minuten noch völlig verdient einen 4:2-Triumph zu machen.
„So etwas kam zuletzt ja nicht gerade häufig vor“, so der 51-Jährige augenzwinkernd. Tatsächlich muss man weit zurückblicken, um das zuvor letzte Pflichtspiel zu finden, in dem eine FCP-Mannschaft einen Zwei-Tore-Rückstand noch in einen eigenen Sieg umgewandelt hatte. Exakt am 31. Oktober 2015 war dies auf eigenem Terrain gegen den TSV Kottern der Fall gewesen (4:2 nach 0:2) – das Ganze in einer Zeit, in der der amtierende US-Präsident noch Barak Obama hieß, Deutschland von einer Kanzlerin namens Angela Merkel geführt wurde und Corona nur als eine Szenebiermarke aus Mexiko bekannt war.
Ja, lange ist’s her. Seitdem haben die Gelb-Blauen nicht weniger als zehn Cheftrainer verschlissen, sind zweimal in die Regionalliga Bayern auf- und abgestiegen – um jetzt in der Bayernliga Süd wieder eine gute Rolle zu spielen. Beziehungsweise sogar eine sehr gute – denn nach dem Auswärtserfolg vom Freitagabend befindet sich für sie die Tabellenspitze mehr denn je in Schlagdistanz.
Also lächelte Steinberger zufrieden. Aber nicht nur wegen des Ergebnisses an sich, sondern auch wegen des Gesamtauftritts der Seinen. „Eigentlich war nicht einmal unsere erste Halbzeit so richtig schlecht – trotz des 0:2-Rückstands nach 45 Minuten“, so der gebürtige Niederbayer: „Dementsprechend bin ich in der Pause auch relativ ruhig geblieben.“
In der Tat waren die Pipinsrieder bereits in der ersten Halbzeit klar tonangebend, taten deutlich mehr für die Partie. Ihr großes Manko jedoch: Der letzte Pass in die Spitze kam nie an – obwohl sich die Gelb-Blauen auf den Außenbahnen immer wieder gut durchkombinierten, obwohl sie sich ständig in Bewegung befanden.
Das alles wäre gar nicht so schlimm gewesen – wenn sich die FCP-Elf nicht zwei böse Aussetzer in der Defensive geleistet hätte. Nun gut: Beim Heimstettener 1:0, das Filip Vnuk nach klugem Querpass von Jordi Woudstra erzielte (6.), konnte man ihr noch zugute halten, dass das Schiedsrichtergespann zuvor eine klare Abseitsposition übersehen hatte. Aber das 2:0 von Woudstra nach scharfer Hereingabe von Lukas Riglewski fiel definitiv zu einfach (36.).
Trotzdem blieb Steinberger, wie bereits erwähnt, in der Halbzeitpause gelassen. Seine einzige Änderung personeller Art: Edeltechniker Fabian Benko rein, Defensivakteur Tim Greifenegger raus. Und damit rein in einen zweiten Durchgang – der für den FCP-Cheftrainer dann „genau so verlief“, wie er „Fußball gerne immer sehen wollen würde“. So vergingen nach dem Seitenwechsel keine 180 Sekunden, bis die Kugel erstmals im Heimstettener Kasten lag – dank Nico Karger, der nach einem von SVH-Keeper Fabio Rasic zu kurz abgewehrten Schuss eiskalt abstaubte. Zwei Minuten später war sogar schon der gesamte Rückstand aufgeholt – weil sich Valdrin Konjuhi nach einem Benko-Eckstoß unwiderstehlich in die Höhe schraubte und dann unhaltbar ins rechte Eck einköpfte (50.).
„Es war meiner Mannschaft anzumerken, dass sie dieses Spiel unter allen Umständen gewinnen wollte“, so Steinberger zufrieden. Dementsprechend war sie nun mehr denn je der Chef im Ring, stürzte die Platzherren von einer Verlegenheit in die nächste. Das Einzige, was dabei aus Pipinsrieder Sicht gar nicht passte, war (wieder einmal) die Chancenverwertung – was zur Folge hatte, dass die mitgereisten FCP-Fans bis in die Schlussphase warten mussten, ehe endlich das erlösende 3:2 für ihre Lieblinge fiel. Aber dann war es so weit, Pablo Benitez-Rodriguez setzte auf dem linken Flügel klug Benko in Szene – und dessen Maßflanke fand in Michael Bachhuber einen dankbaren Abnehmer (86.).
Ja, was war das nun für ein Pipinsrieder Jubel! Alle stürmten zum Ex-Deisenhofener, herzten ihn, drückten ihn. Falls es wirklich noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Gelb-Blauen in der aktuellen Saison nicht nur eine Ansammlung von guten Kickern besitzen, sondern eine echte Mannschaft, in der der gemeinschaftliche Erfolg über allen steht: Hier war er – was auch Steinberger mit Freude zur Kenntnis nahm.
Den Schlusspunkt zum 4:2 setzte schließlich Nenad Petkovic nach Vorlage von Eren Emirgan (89.). Weiter geht’s für den aktuell siebtplatzierten FCP bereits am Donnerstag (14 Uhr) – und zwar zu Hause gegen den FC Ismaning.
SZ