Für Konrad Höß, den altehrwürdigen „Mister Pipinsried“, wird er wohl für immer „der Zahnarztsohn“ bleiben. Aber Fabian Hürzeler ist schon längst weit mehr. FCP-Aufstiegstrainer 2016/17 in der Bayernliga Süd, Meistertrainer 2023/24 des FC St. Pauli in der 2. Bundesliga: Alles das hat der erst 31-Jährige bereits in seiner Vita stehen. Und vor wenigen Tagen kam eine weitere Top-Auszeichnung hinzu. Da nämlich wurde die einstige Höß-Entdeckung zum „Premier-League-Trainer des Monats August“ gewählt.
Also kein „Pep“ Guardiola von Manchester City. Auch kein Mikel Arteta vom ebenfalls toll gestarteten FC Arsenal London. Sondern der frühere Pipinsrieder, der mittlerweile als Chefcoach von Brighton & Hove Albion die höchste Spielklasse Englands aufmischt. Sein Arbeitsnachweis nach vier Partien: zwei Siege, zwei Remis.
Ja, die „Seagulls“ („Möwen“) von der Südküste stehen immer noch ungeschlagen da. Nein, nicht nur wegen Hürzeler. Aber einen großen Anteil daran hat der im texanischen Houston geborene Ex-Pipinsrieder natürlich schon. Anpassungsprobleme auf der Britischen Insel waren ihm ebenso fremd wie irgendwelche Ängste vor den großen Namen, die da so in der Premier League tätig sind. Der 31-Jährige sah die Aufgabe in Brighton einfach nur als Riesenchance an. Beziehungsweise als tolle Gelegenheit, sich einen echten Lebenstraum zu erfüllen.
Denn irgendwann den Sprung in die wohl beste Spielklasse der Welt zu schaffen, das stand tatsächlich schon immer irgendwie auf Hürzelers Agenda. Aber dass es bereits so schnell damit klappt? Dass er nun, seit dem August 2024, als bislang jüngster Cheftrainer der Premier-League in den Geschichtsbüchern steht? Nein, damit hat wohl nicht einmal er selbst gerechnet.
Und jetzt ist der jüngste Cheftrainer der Premier-League-Historie auch noch der jüngste, der jemals die Auszeichnung „Trainer des Monats“ erhalten hat. „Natürlich empfinde ich das als schön, denn sie bestätigt die eigene Arbeit“, gibt der 31-Jährige gerne zu: „Aber damit meine ich nicht nur die von mir selbst – sondern jene des gesamten Vereins, von meinen Mitarbeitern und der Spieler.“
Keine Frage: Solche Worte kommen an der Südküste gut an. Dort, wo sie bislang immer nur brav zuschauen konnten, wenn woanders große Erfolge eingefahren wurden. „Jetzt haben wir durch unser Zusammengehörigkeitsgefühl immerhin schon diese eine Trophäe gewonnen. Jetzt geht es darum, die nächste zu gewinnen“, erklärt Hürzeler.
Sein Blick hierbei: entschlossen, forsch, direkt. Sich auf irgendwelchen Lorbeeren ausruhen – nicht das Ding des 31-Jährigen. Oliver Kahns legendärer Ausspruch „Weiter, immer weiter!“: Hürzeler lebt ihn förmlich. Ohne dabei zu vergessen, wo er eigentlich herkommt. So hatte es sich der Shootingstar Anfang August auch nicht nehmen lassen, seinen einstigen Entdecker Höß im beschaulichen Pipinsried zu besuchen. Beziehungsweise sich beim mittlerweile 83-Jährigen dafür zu bedanken, dass er ihm im Sommer 2016 die Chance gegeben hatte, überhaupt ins Trainergeschäft einzusteigen. Hätte Höß das damals nicht getan – wer weiß, ob es einen Premier-League-Chefcoach namens Fabian Hürzeler jemals gegeben hätte.
Zurück zu dessen Auszeichnung zum „Trainer des Monats“. Der 31-Jährige ist nach Jürgen Klopp (zehnmal) und Thomas Tuchel (zweimal) erst der dritte Deutsche, der sie jemals erhalten hat. Zudem hat es vor Hürzeler nur Ange Postecoglou (2023 als Coach von Tottenham Hotspur) geschafft, im ersten Monat seiner Premier-League-Amtszeit die begehrte Trophäe einzusacken. Wie sagt Höß immer wieder gerne mit einem schelmischen Augenzwinkern: „Herrgott Sakradi, nicht schlecht für einen Zahnarztsohn . . .“
SZ
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