Last-Minute-Spezialisten schlagen wieder zu
Bayernliga Nord: FC Ingolstadt II ringt Tabellenführer VfB Eichstätt mit 2:1 nieder – Rühl „absolut genervt“

10.11.2024 | Stand 10.11.2024, 15:28 Uhr |
Julian Meier

War im entscheidenden Moment zur Stelle: Massimo Agostinelli (am Ball) köpfte die Schanzer Reserve gegen den VfB Eichstätt (hier Timo Weglehner) in der Schlussminute zum Derbysieg. Foto: Meyer Jürgen

Langweilig sind Derbys zwischen dem FC Ingolstadt II und dem VfB Eichstätt eigentlich nie. Doch so hochemotional wie am Samstagnachmittag war es selten zuvor. Ein Treffer in der dritten Minute der Nachspielzeit sorgte für ganz gegensätzliche Gefühle: Während die Ingolstädter ausgelassen über den 2:1 (1:0)-Last-Minute-Sieg jubelten, herrschte bei den Eichstättern eine Stimmung, als hätten sie gerade das Champions-League-Finale verloren.

Am meisten nahm die bittere Pleite des bisherigen Tabellenführers der Bayernliga Nord wohl Trainer Dominic Rühl mit. „Absolut genervt“ sei er, beschrieb er seine Gefühlslage kurz nach Schlusspfiff: „Das Spiel darfst du in hundert Jahren nicht verlieren. Wenn Ingolstadt davon spricht, dass es ein verdienter Sieg war, haben sie ein anderes Spiel gesehen.“ Besonders in der zweiten Halbzeit sei es „Einbahnstraßenfußball“ gewesen.

FCI-Coach Schönfeld widerspricht VfB-Trainer Rühl



Gewiss war bei diesen Worten auch einiges an Emotionen dabei. Doch im Kern nahm Rühl eine fundamental gegensätzliche Position zu seinem Gegenüber ein. FCI-Coach Patrick Schönfeld freute sich nämlich nicht nur über das Ergebnis, sondern auch über den Auftritt seiner Mannschaft: „Wenn man das komplette Spiel betrachtet, war der Sieg verdient. Wir waren vor allem in der ersten Halbzeit die klar bessere und dominante Mannschaft und haben richtig gut Fußball gespielt.“

Schanzer Gastgeber dominieren



Tatsächlich hatte der FCI im ersten Durchgang deutlich mehr Ballbesitz und war insbesondere in der Anfangsphase besser. Allein Aurel Kuqanaj wirbelte die Hintermannschaft der Gäste mit seinen Tempodribblings immer wieder auseinander, nur beim Abschluss haperte es. Gleich viermal versuchte er es, der Ball ging aber auch viermal neben das Tor (1., 15., 23., 32.). Der VfB kam erst nach einer guten Viertelstunde besser ins Spiel, wirklich gefährlich wurde es nicht.

So war es dann auch verdient, als der FCI nach einer halben Stunde in Führung ging: Nach Hereingabe von Unruheherd Kuqanaj traf Luka Klanac den Ball nicht richtig, Johann Chirinos stand aber goldrichtig und musste nur noch abstauben (30.). „In der ersten Halbzeit war das wirklich sehr, sehr ordentlich. Den Gegner so zu dominieren und auch mit Ball zu beherrschen, das hat mich schon stolz gemacht“, lobte FCI-Trainer Schönfeld. Das Gefährlichste, was Eichstätt zu bieten hatte, war ein Schuss ans Außennetz von Florian Lamprecht (34.).

VfB nach Umstellung am Drücker



Es musste also etwas passieren beim VfB. Allein: In Durchgang zwei änderte sich zunächst nichts. Im Gegenteil, Jason Osei Tutu hätte nach Vorlage von Said Souleymane eigentlich auf 2:0 erhöhen müssen, doch er scheiterte aus kurzer Distanz an VfB-Keeper Felix Junghan (55.). Dann brachte Rühl Ferat Nitaj für Senih Fazlji in die Partie – und nun änderte sich wirklich etwas. Die Eichstätter bekamen mehr Zugriff aufs Spiel und wurden insbesondere durch Standards gefährlich. „Von Ingolstadt kam in der zweiten Halbzeit relativ wenig. Vor allem nach der Einwechslung und Umstellung kamen sie gar nicht mehr gefährlich vors Tor“, meinte Rühl. Einmal musste sein Team trotzdem noch einen Schockmoment überstehen, als Souleymane allein aufs Eichstätter Tor zulief, den Ball aber neben das Gehäuse setzte (77.).

Das Gegentor bahnte sich trotzdem an: Nach einem abgewehrten Eckstoß machte Lucas Schraufstetter den Ball nochmal scharf, am langen Pfosten drückte Pascal Schittler die Kugel über die Linie (82.). Es war der Auftakt für die Schlussoffensive des VfB – die dann allerdings im Gegenteil endete, als Kuqanaj einen letzten Freistoß scharf vors Tor schlug, wo Massimo Agostinelli zum auf Ingolstädter Seite umjubelten 2:1-Siegtreffer einköpfte (90.+3).

Coach Rühl: Tabelle „völlig zweitrangig“



VfB-Coach Rühl sah die Schuld für die späte Niederlage auch bei seinen Schützlingen: „Du darfst dich nach einem Freistoß in der 92. Minute nicht auskontern lassen, sodass du selbst noch einen Freistoß zulässt. Es war heute die eine Unzulänglichkeit, die das Spitzenspiel entschieden hat.“ Sein Team musste durch die Pleite den FCI vorbeiziehen lassen und geht nun als Tabellendritter aus dem Spieltag. Das interessierte Rühl aber herzlich wenig: „Dass wir jetzt nach dem 20. Spieltag Dritter sind, ist völlig zweitrangig. Ingolstadt betrachte ich nur als Konkurrenz, wenn die Profis aufsteigen. Die können mit 28 Punkten Vorsprung Meister werden. Wenn die Erste nicht aufsteigt, ist das völlig hinfällig.“

Ingolstädter treffen auf Schlusslicht



Am kommenden Samstag (14 Uhr) empfängt sein Team Fortuna Regensburg. Die Ingolstädter treten zeitgleich bei Schlusslicht TSV Karlburg an. Schönfeld musste sich nach dem erneuten Drama aber erstmal beruhigen: „Last-Minute-Siege lieben die Jungs anscheinend. Für sie freut es mich riesig. Es war nach dem Hinspiel in Eichstätt alles ein bisschen emotionaler heute. Ich glaube, für den neutralen Zuschauer war es ein geiles Derby. Für die Ingolstädter auch.“

EK


FC Ingolstadt II: Bösl – Rausch, Agostinelli, Lechner, Atak – Kuqanaj, Chirinos (89. Ackermann), Hoti, Souleymane – Osei Tutu, Klanac (75. Sekulovic). – VfB Eichstätt: Junghan – Fazlji (57. Nitaj), Schraufstetter, Bösl, Ekin – Lamprecht, Hofrichter, Fries, Leipold – Schittler, Weglehner (46. Lukic). – Tore: 1:0 Chirinos (30.), 1:1 Schittler (82.), 2:1 Agostinelli (90.+3). – Schiedsrichter: Scharf (Diendorf). – Zuschauer: 200.