40. Jubiläum des Spielerstreiks
Thomas Brunner: „Die Revolte war ein Glücksfall für den Club“

25.10.2024 | Stand 25.10.2024, 9:24 Uhr |

Thomas Brunner ist seit zwei Jahren Trainer des Landesligisten SV Lauterhofen. Als Spieler absolvierte er in 16 Jahren mehr als 400 Spiele für die Profis des 1. FC Nürnberg. Foto: Schlegel (Archiv)

Im Interview spricht der langjährige Club-Spieler Thomas Brunner über die Spielerrevolte beim FCN vor 40 Jahren, den Derbysieg gegen Fürth, seine Eindrücke von FCN-Coach Miroslav Klose und das bevorstehende fränkisch-oberpfälzische Duell des Club mit Jahn Regensburg.

Herr Brunner, haben Sie als Coach schon einmal ein Straftraining angesetzt?

Nein, noch nie. Und wenn, dann habe ich es bei der Mannschaft bestimmt anders verpackt (lacht).

An diesem Sonntag, dem 27. Oktober, werden es 40 Jahre sein, dass Ihr damaliger Trainer des Zweitligisten 1. FC Nürnberg, Heinz Höher, ein Straftraining angesetzt hatte, das zur legendären Spielerrevolte gegen den Coach, nicht aber zu dessen Entlassung führen sollte. Stattdessen schmiss der Club um Präsident Gerd Schmelzer in einer bis heute einmaligen Aktion sechs Rädelsführer aus dem Team...

...was sich im Nachhinein als Glücksfall für den Club herausstellen sollte, weil dadurch junge, hungrige Spieler wie Stefan Reuter oder Dieter Eckstein in die Mannschaft aufgerückt sind. Am Ende der Saison sind wir aufgestiegen, Jahre später haben wir unter Heinz im Europapokal gespielt.

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Haben sich die jungen Spieler eigentlich je bei Ihnen für die „Oktober-Revolution“ beim Club bedankt?


(lacht) Nein. Aber wir hatten eine sehr erfolgreiche Zeit zusammen, zu der dann auch Spieler wie Hansi Dorfner und Manni Schwabl einen wichtigen Beitrag geleistet haben. Das waren meine schönsten Jahre als Fußballprofi.

Im Gegensatz zu Ihren revoltierenden Mannschaftsrats-Kollegen wie Udo Horsmann, Horst Weyerich oder Rudi Kargus wurden Sie damals nicht aus dem Team geworfen. Warum nicht?


Ich war zu dieser Zeit verletzt, hatte einen Teilabriss im Oberschenkelmuskel. Ich hätte sowieso nicht trainieren können (lacht). Im Vergleich zu diesen älteren Spielern war ich mit 22 noch jung. Nach dem ersten Spiel nach dem Rauswurf, das war ein 1:2 gegen Aachen, hatte ich ein Gespräch in der Kabine mit Heinz Höher.

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Was hat er zu Ihnen gesagt?


Zunächst einmal musste ich das Gespräch beginnen. Heinz hat geschwiegen. Ich habe zu ihm gesagt, dass, wenn etwas von der Revolte an mir hängen bleiben sollte, ich mir einen anderen Verein suchen würde. Heinz saß da, zog sich die Strümpfe an, hob seinen Kopf, schaute mich an und hat nur gesagt: ,Schauen Sie, dass Sie schnell wieder fit werden, dann spielen Sie bei mir‘.

Höher durfte damals also bleiben und hatte noch erfolgreiche Jahre beim Club. Der FCN des Jahres 2024 hat gerade unter dem Trainer Miroslav Klose einen berauschenden 4:0-Derbysieg bei der SpVgg Fürth gefeiert. Wie schätzen Sie diesen Sieg und Kloses Arbeit bislang ein?

Der Derbysieg war das beste Spiel des Club seit langer Zeit. Er war in der Höhe sowie der Art und Weise überraschend. Er könnte ein Wendepunkt für die Mannschaft in dieser Saison sein. Zu Miroslav Kloses Arbeit als Trainer kann ich wenig sagen, ich habe noch kein Training verfolgt. Nach außen macht er einen relativ ruhigen und reservierten Eindruck. Energisch wirkt er nach außen hin nicht. Aber das muss nichts heißen.

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Klose stand im Vorfeld des Derbysiegs gegen Fürth wochenlang medial in der Kritik. Seine vorzeitige Entlassung wurde zunehmend diskutiert. Zurecht?

Im Sommer gab es einen großen Umbruch in der Mannschaft. Das braucht seine Zeit. Doch als Trainer hast Du im Profifußball nicht viel Zeit. Irgendwann muss man liefern. Und die Spiele bis zum Derbysieg waren nicht überzeugend, teilweise waren sie ganz schlecht. Dass nun so ein überzeugender Derbysieg gelungen ist, freut mich für ihn.

Damit dürfte sich die Diskussion um den Trainer Miroslav Klose für diese Saison erledigt haben, oder?

Das würde ich nicht so sagen. Der Derbysieg nützt ja nichts, wenn das nächste Spiel gegen Jahn Regensburg in die Binsen geht. Das wäre ganz schlecht.

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Aber auch nicht ganz untypisch für den Club...


Ich denke aber, dass man durch den Sieg in Fürth vor Regensburg keine Bedenken haben muss. Der Club muss dem Spiel den Stempel aufdrücken und mit der Überzeugung reingehen, dass man besser ist als der Jahn.

Tabellarisch ist es der Club als Liga-Neunter auf jeden Fall. Regensburg steht mit nur einem geschossenen Tor am Tabellenende. Dennoch bekräftigen sie beim Jahn, weiter mit Coach Joe Enochs zusammenarbeiten zu wollen. Das ist im Profifußball nicht üblich, siehe die aktuelle Entlassung von Alex Zorniger in Fürth. Ist das der richtige Weg?


Da bin ich zu weit weg. Die Verantwortlichen haben den täglichen Einblick in die Arbeit von Joe Enochs und scheinen weiter von ihm überzeugt zu sein. Es kann ja auch ganz schnell gehen mit drei Siegen in dieser Liga, dann hat man wieder die Kurve gekriegt. Aber hoffentlich nicht am Freitag gegen den Club (lacht).

Und der Jahn kann mit Joe Enochs noch die Kurve kriegen?


Ja, warum denn nicht?! Es sind aber auch die Spieler gefordert. Die Bringschuld liegt nicht nur beim Trainer.

Sie selbst waren beim Club wiederholt kurzzeitig Trainer der Profis, zudem jahrelang Co-Trainer. Seit etlichen Jahren trainieren Sie im Landkreis Neumarkt, aktuell den Landesligisten SV Lauterhofen. Warum haben Sie nie als Coach im Profibereich Fuß gefasst?


Ich wäre nie ein guter Profitrainer geworden, weil ich bei den Spielern viel zu viel vorausgesetzt hätte. Ich wäre auch nicht der harte Hund gewesen. Als Trainer im Amateurfußball ist es mehr ein Miteinander mit den Spielern, es definiert sich nicht alles über Sieg und Niederlage. Da geht es mehr um Gemeinschaft. Das finde ich schön.

Was ist generell schöner: Fußballspieler oder Trainer zu sein?
Ganz klar Fußballspieler. Ich hatte das große Glück, dass ich als Fußballprofi vor 70 000, 80 000 Zuschauern im Münchner Olympiastadion aufs Feld gehen durfte. Das würde ich nie gegen das Trainerdasein tauschen wollen.