Derbypleite gegen Fürth
„Müssen die Eier haben“: Abstiegsangst statt Angriff – Nürnberg und Weinzierl taumeln

05.02.2023 | Stand 05.02.2023, 19:38 Uhr

Frustriert: Club-Trainer Markus Weinzierl. −Foto: dpa

Ragnar Ache lief mit einem Dauerlächeln durch den Ronhof und saugte den überschäumenden Jubel der Fürther Fans so intensiv wie nur möglich auf. „Derby-Held“, so sagte der 24 Jahre alte Angreifer nach seinem Last-Minute-Jokertor im 270. Frankenderby gegen den 1. FC Nürnberg, sei „ein unfassbares Gefühl“.

Das emotionale Kontrastprogramm lieferten die Nürnberger Profis und die in Schockstarre verfallenen FCN-Anhänger. Routinier Enrico Valentini beschrieb die Gefühlswelt rund um den „Club“ nach dem 0:1 (0:0) in einem Wort: „Scheiße!“

Es war die zehnte Niederlage im 19. Saisonspiel - und doch wog sie schwerer als alle anderen zuvor. Der Plan, in der Rückrunde neu anzugreifen, platzte wie ein Ballon. „Es tut einfach weh“, sagte Florian Flick, der um die spezielle Bedeutung von Derbys als Schalker Leihspieler weiß. Markus Weinzierl sprach von einem „bitteren Abend“. Der Trainer aus Straubing, der beim „Club“ eine Wende bewirken sollte und mit seiner Mannschaft stattdessen mitten in der Abstiegszone angekommen ist, haderte: „Wenn die Fürther in der letzten Minute den Siegtreffer machen, ist das sehr deprimierend.“

Auf den Rängen wurde am Samstagabend reichlich Pyro-Technik gezündet. Und auch auf dem Rasen ging es feurig zur Sache - in puncto Kampf und Einsatz. Die reifere Spielanlage zeigten die Fürther, die auch nach dem an die Latte geschossenen Foulelfmeter von Kapitän Branimir Hrgota (12. Minute) nicht die Linie verloren. Der „Club“ dagegen lieferte erneut spielerische Armut. Der gegnerische Strafraum bleibt bei der schwächsten Offensive der Liga (16 Tore) ein Sperrbezirk.

„Wir haben zu wenig Mut an den Tag gelegt“, rügte Weinzierl: „Was mich ärgert, ist die erste Halbzeit, die zweite war okay.“ Da ging wenigstens etwas nach vorne. Winterzugang Flick erzielte ein Abseitstor (64.). Und der eingewechselte Valentini scheiterte mit einem Volleyschuss an Fürths Torwart Andreas Linde (81.).

„Ich rege mich extrem über dieses Riesending auf. Sagen wir so: Ein Killer macht den“, sagte der Defensivakteur. Trotzig fügte Valentini mit Blick auf die Tabellensituation hinzu: „Ich würde noch nicht die Glocken für uns läuten.“

Weinzierl fordert: „Wir müssen wieder aufstehen.“ Schon am Mittwoch geht es im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Fortuna Düsseldorf weiter. „Ich hoffe, dass wir weiterkommen und Schwung für die Liga aufnehmen“, sagte der Trainer.

Am tiefsten in die Analyse ging Kapitän Christopher Schindler: „Ich glaube nicht, dass es an der Einstellung liegt. Ich glaube, dass es eher eine Blockade im Kopf ist.“ Der Abwehrspieler bemängelt den fehlenden Mut im Vorwärtsgang. „Wir müssen die Eier haben, uns zu zeigen. Sonst kommen wir aus der schwierigen Situation nicht raus“, mahnte Schindler. Der nächste Liga-Gegner ist am Samstag der punktgleiche und ebenfalls taumelnde SSV Jahn Regensburg - Abstiegskampf pur!

Etwas abgesetzt von der Abstiegszone haben sich die Fürther. Im Gegensatz zu Weinzierl hat Alexander Zorniger beim Bundesliga-Absteiger einen Wandel bewirkt. Es war sein bislang größter Sieg als Fürther Coach. „Du wirst infiziert“, sagte er zu den besonderen Emotionen im Frankenderby: „Nachdem du schon einen Elfmeter verschossen hast, ist so ein spätes Tor in einem Derby nochmal süßer.“

Erst recht für Ache. Bis zur 70. Minute musste der Stürmer auf der Ersatzbank ausharren. Dann kam er rein und traf vor 16 626 Zuschauern im ausverkauften Ronhof. Der Matchwinner freute sich für sich selbst, aber ebenso „für die Stadt, für die Fans und für die Mitspieler“. Nach dem 0:2 in der Hinrunde in Nürnberg glückte dank ihm die Revanche. „Es war wichtig für Ragnar, dass er eine Kiste macht“, kommentierte Zorniger. Es war Aches erster Treffer seit Oktober, der erst dritte in dieser Saison. „Tore schießen ist für einen Stürmer der Job“, sagte er lachend.

− dpa