1:0 gegen den Oman
Lustlos-Auftritt statt deutscher WM-Euphorie: Nur Füllkrug sorgt für einen Lichtblick

16.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:15 Uhr

Mit der Leistung von Niclas Füllkrug konnte Hansi Flick zufrieden sein. −Foto: dpa

Niclas Füllkrug ließ seine markante Zahnlücke aufblitzen, als Hansi Flick ihm mit einer Umarmung dankte. Das Debüt, sogleich das Siegtor, die deutsche WM-Generalprobe gerettet - die ersten 45 Minuten im Nationaltrikot machten nicht nur dem Bremer Stürmer Lust auf mehr. Vor der WM in der katarischen Wüste hat der ansonsten erstaunlich träge viermalige Weltmeister den ersten Fan-Liebling schon gefunden: sympathisch, nordisch, eiskalt.

Beim äußerst dürftigen 1:0 (0:0) gegen den Oman in Maskat war „Fülle“ alles andere als ein Lückenfüller. Im Gegenteil: Er war in einer lustlos auftretenden Mannschaft, in der sich sonst niemand beim Bundestrainer nachdrücklich für einen Startplatz zum Auftakt gegen Japan in einer Woche aufdrängte, der Lichtblick. „Am Ende freue ich mich, dass ich helfen konnte“, sagte der 29-Jährige bei RTL: „Aber man muss das realistisch einschätzen. Erst jetzt geht es um alles.“

Im Muster ohne Wert drohte erstmals seit 1978 ein letztes Länderspiel vor der WM ohne Sieg. Doch Füllkrug (80.) verhinderte dies, er fand mit links sein Ziel. Flick sah es mit Freude, er klatschte vergnügt in die Hände. „Niclas hat sich das Tor verdient. Man hat seine Präsenz gespürt“, sagte der Bundestrainer.

Auch insgesamt, behauptete Flick mit leichtem Zähneknirschen, habe das Spiel seinen Zweck erfüllt. „Wir wollten den einen oder anderen noch mal sehen, aber das auch zur Regeneration nutzen“, betonte er. Es sei „alles okay“. Nun will er alle „noch mal von den Füßen runterholen, damit sie richtig abschalten und relaxen können - auch mental“. Dafür gibt Flick den Freitag frei.

Joshua Kimmich, Jamal Musiala, Serge Gnabry: Sie alle fehlten zunächst, Flick hielt im Poker um die WM-Elf seine Karten verdeckt. Für ihn war es ein Spiel der Experimente. So stieg Youssoufa Moukoko im Sturm mit 17 Jahren und 361 Tagen zum jüngsten Debütanten seit Uwe Seeler auf, der BVB-Jungstar wirkte hypernervös. Er scheiterte am Pfosten (45.+1). Füllkrug, der Moukoko nach der Halbzeitpause ersetzte, versuchte sich erfolgreicher.

Thilo Kehrer und Matthias Ginter spielten in der wackligen Innenverteidigung, denn Nico Schlotterbeck und Niklas Süle durften wie Kimmich und Gnabry erst mal pausieren. Lukas Klostermann machte als Fitnesstest rechts hinten sein erstes Pflichtspiel seit August, er hielt absprachegemäß eine halbe Stunde durch.

Von Euphorie und Kampf war allerdings nichts zu sehen, dabei könnten Positionen durchaus vakant sein: Die Tage bis zum Duell mit Japan werden zum Kampf gegen die Uhr. Der einstige „Immer-Spieler“ Thomas Müller (verschiedene Wehwehchen) und Antonio Rüdiger (Hüftverletzung), felsenfest als Abwehrchef eingeplant, waren nur Zuschauer. „Am Samstag trainieren wir“, versicherte Müller. Und am Mittwoch, gegen Japan? Dann sollen „drei Punkte her“, wie Kapitän Manuel Neuer einforderte.

Den deutschen Stil „durchzurocken“, wie der Bundestrainer sich das gewünscht hatte, war bei katar-ähnlichem Klima nicht einfach. Tatsächlich hätten die Gastgeber in der sechsten Minute beinahe ein Tor erzielt. Deutschland begann unsauber und hinten anfällig, die Angst vor einer Verletzung in letzter Minute machte die Beine schwer. Flick setzte sich im Sultan-Qabus-Sportzentrum erst mal hin.

Er sah, wie Kai Havertz die erste gute Chance vergab (16.), und er musste dann Moukoko aufbauen: Flick klopfte sich auf die Brust - Kopf hoch! Moukokos Pfostentreffer resultierte aus dem ersten konsequent vorgetragenen deutschen Angriff. Flicks Reaktion war ein Vierfachwechsel, neben Füllkrug kamen Schlotterbeck, Kimmich und Christian Günter.

Plötzlich war der Schwung da, Füllkrug (53.) und Kehrer (54.) scheiterten bei guten Gelegenheiten. Wirklich überzeugend war es immer noch nicht, „aber zumindest etwas besser“, wie Füllkrug es einschätzte.

Gegen Japan wird ein mindestens fünf Spieler starker Bayern-Block auflaufen, die Problempositionen liegen außerhalb der Besetzung durch den Rekordmeister: im Sturm und auf den defensiven Außen. Für Flick beginnt die unmittelbare Vorbereitung „vier Tage vor dem ersten Spiel“, also am Samstag - dann startet die Jagd auf den fünften WM-Stern so richtig.

− sid