„Wenn er möchte, ist er dabei“
Die Legende ist noch nicht satt: Argentinien träumt schon von Messi bei der WM 2026

19.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:06 Uhr

Lionel Messi (l.) und seine Frau Antonela Roccuzzo lassen sich mit dem Weltmeisterpokal feiern. −Foto: Tom Weller/dpa

Als sein sportliches Lebenswerk endlich vollendet war, blickte Lionel Messi mit großen Augen auf ein himmelblau-weißes Fahnenmeer.

Menschen weinten, sangen, tanzten, Feuerwerk erhellte die Nacht, und mittendrin der Erbe Diego Maradonas, der bei der Siegesparade auf dem Lusail Boulevard jenen goldenen WM-Pokal in die Höhe reckte, auf den er und seine Anhänger so quälend lange gewartet hatten. Die Szenen, die sich nahe des Finalstadions abspielten, waren für den Erlöser einer ganzen Nation aber nur ein Vorgeschmack auf das, was in der Heimat wartet.

„Wir sehen uns schon bald“, versprach Argentiniens neuer Fußball-König nach der weltmeisterlichen Triumphfahrt in einem Doppeldecker durch den Finalort, bevor er und all jene, die ihn begleitet hatten, mit „La Tercera“, dem dritten WM-Triumph, im Gepäck und der einzigen Trophäe, die Messi noch gefehlt hatte, nach Buenos Aires zurückkehrten. Dorthin, wo Millionen Menschen die Straßen der Hauptstadt schon vor der ersehnten Ankunft der WM-Helden in einen Ausnahmezustand versetzten.

„Gegen Ende meiner Karriere wurde mir fast alles gegeben“, schwärmte Messi, der im Lusail-Stadion wie einst Maradona mit der Trophäe in den Händen über den Rasen getragen worden war - und sich dennoch nicht am Ende seiner Reise mit der Albiceleste sieht. Zahlreiche Tränen vergoss er, oft musste er leiden auf dem Weg zum größten aller Triumphe, 2014 beim verlorenen WM-Finale gegen Deutschland etwa. Aber nun, am Ziel seiner Träume, wolle er „noch ein paar Spiele als Weltmeister bestreiten“.


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Eigentlich, so hatte es „La Pulga“ angekündigt, sollte das Finale das letzte WM-Spiel werden. In Argentinien, allen voran Nationalcoach Lionel Scaloni, träumen sie jedoch weiter. Man müsse Messi, der das atemberaubende, vielleicht beste WM-Finale der Geschichte gegen Frankreich mit zwei Treffern bis ins Elfmeterschießen geprägt hatte, einen Platz offen halten bei der nächsten WM 2026. „Wenn er möchte, ist er dabei. Er wird immer das Recht haben zu sagen, ob er für Argentinien spielen möchte oder nicht“, sagte der 44-Jährige. Während des Turniers 2026 wird Messi 39 Jahre alt.

Was der vielleicht beste Fußballer dieser Zeit seinen Mitspielern gebe, suche seinesgleichen, „sowas habe ich noch nie erlebt“, schwärmte Scaloni, der in Messis größter Stunde den Tränen nahe auch an den vor zwei Jahren verstorbenen Maradona erinnerte: „Wenn er hier wäre, hätte er eine unbändige Freude empfunden und wäre der Erste auf dem Platz gewesen. Ich wünschte, er wäre hier.“

Messi und Maradona - man wird sie spätestens seit dem 18. Dezember 2022 immer in einem Atemzug nennen. Messi sei nun „eine Legende“, er sei „Weltmeister“, schrieb die Tageszeitung Clarin, und genau dies sei „Gerechtigkeit“.

Dass der Emir Katars Messi bei der Siegerehrung aber in ein „Bischt“ hüllte, ein traditionelles Gewand für besondere Anlässe im arabischen Raum, sorgte vielerorts für Kritik. Selbst diesen Moment, dieses Bild, das in die Geschichte eingehen wird, vereinnahme der umstrittene Gastgeber für seine Inszenierung, hieß es. Was Messi denkt? Offen. Der 35-Jährige verdient sein Geld beim katarischen Aushängeschild Paris St. Germain, dazu kassiert er Millionen als Werbegesicht für Saudi-Arabien.

Um derlei Dinge scheren sie sich in Argentinien ohnehin kaum, sie liegen ihm zu Füßen - in Buenos Aires, im Stadtteil Villa Devoto, wo Maradona einst lebte, in Messis Heimatstadt Rosario und überall dort, wo sie 36 Jahre auf den nächsten WM-Titel gewartet hatten. Ob Fußball-Legende Pele („verdient“), 78er-Weltmeister Mario Kempes („gerecht“), Neymar („mein Bruder“) oder Ehefrau Antonella („mein Champion“) - sie und viele andere Größen des Sports gönnten Messi den Erfolg von Herzen.

Am Obelisken erhellten Feuerwerkskörper noch lange den Nachthimmel von Buenos Aires, am 68 Meter hohen Steinpfeiler war Messis Antlitz projiziert, auf der zu beiden Seiten wegführenden Prachtstraße 9 de Julio drängte sich eine endlose Menschenmenge, alle in Weiß und Blau gehüllt. „Ich habe es herbeigesehnt“, sagte Messi, „und jetzt ist es das Schönste, was es gibt.“

− sid