Achim Beierlorzer war beim SSV Jahn von 2017 bis 2019 als Chefcoach tätig. Anschließend trainierte er die Bundesligisten 1. FC Köln, FSV Mainz und interimsmäßig RB Leipzig. Vor der abgelaufenen Saison kehrte er als Geschäftsführer Sport zum Regensburger Fußball-Drittligisten zurück. Im Interview erläutert der 56-Jährige, wie er gemeinsam mit Trainer Joe Enochs den Jahn für die 2. Liga aufstellen will.
Herr Beierlorzer, Glückwunsch zur geglückten Relegation! Wie fühlt sich der direkte Wiederaufstieg für den Sport-Geschäftsführer des SSV Jahn an?
Achim Beierlorzer: Es ist natürlich eine Leistung, die nicht hoch genug anzurechnen ist. Worte wie unfassbar oder unglaublich treffen es sehr gut. Wir hatten vor der Saison fast aus dem Nichts oder zumindest aus sehr, sehr wenig eine neue Mannschaft aufgebaut. Davon auszugehen, dass das so funktioniert und sich uns am Saisonende die Möglichkeit bieten würde, in zwei Finalspielen den Aufstieg zu realisieren, wäre vermessen gewesen.
Eine Pause dürfte Ihnen kaum vergönnt sein. Wie gehen Sie die Aufgabe an, den Zweitliga-Kader zu formen?
Beierlorzer: Zunächst mal haben wir bereits einen sehr guten Kader. Wir haben den Teamspirit als höchstes Gut gewertet und die Mannschaft entsprechend zusammengestellt. Aber ich stimme Ihnen zu. Natürlich gibt es etwas zu tun.
Und dieser Prozess läuft bereits?
Beierlorzer: Wir sind am Mittwochmorgen um kurz nach fünf aus Wiesbaden nach Regensburg zurückgekehrt. Um elf Uhr habe ich schon erste Gespräche mit Spielerberatern geführt. Es ist erstaunlich, was passiert, wenn man in die 2. Liga aufsteigt. Auf einmal ist man als Klub wieder höchst attraktiv für viele Spieler. Insofern droht mir sicherlich keine Langeweile in den kommenden Tagen und Wochen. Aber gut, das weiß man vorher, wenn man eine solche Aufgabe übernimmt.
Einen derart radikalen personellen Umbruch wie nach dem Abstieg wird es aber nicht geben, oder?
Beierlorzer: Nein, natürlich nicht. Wir sind jetzt punktuell auf der Suche nach Verstärkungen. Ich hoffe gleichzeitig, dass wir nicht allzu sehr auf mögliche Abgänge reagieren müssen. Der eine oder andere unserer Spieler hat sicherlich Begehrlichkeiten gegeweckt.
In welchen Mannschaftsteilen sehen Sie einen vordringlichen Bedarf für Nachbesserungen, um in der 2. Liga bestehen zu können?
Beierlorzer: In der Offensive waren wir in der abgelaufenen Saison mit drei Stürmern knapp besetzt. Mit dem schrecklichen Tod von Agy Diawusie und den schweren Knieverletzungen von Erik Tallig und Eric Hottmann brachen uns drei Akteure weg. Zuletzt auch Elias Huth. Also werden wir sicherlich im Sturm oder überhaupt in der gesamten Offensive aktiv werden.
Gibt es weitere Positionen, die Sie besonders im Auge haben?
Beierlorzer: Ja, die beiden offensiven Außenbahnen und eventuell auch die Innenverteidigung. Zunächst einmal müssen wir schauen, ob wir die Weiterverpflichtung von Louis Breunig (ausgeliehen vom 1. FC Nürnberg/d. Red.) realisieren können. Die einzigen Positionen, auf denen ich aktuell keinen Bedarf für Verstärkungen sehe, sind die Außenverteidiger. Da sind wir meines Erachtens gut aufgestellt.
Sie haben mit Andreas Geipl, Benedikt Saller oder Christian Viet, um nur einige zu nennen, Spieler im Kader, die schon bewiesen haben, dass sie in der 2. Liga bestehen können. Ist das das Gerüst, auf dem Sie aufbauen werden?
Beierlorzer: Sicherlich. Die Mannschaft hat ja in der Relegation gegen Wiesbaden wieder nachgewiesen, was sie zu leisten imstande ist. Wir werden unseren Kader punktuell verbessern und natürlich auch erweitern. Denn in der Relegation war spürbar, dass einige Spieler durch die Belastungen körperlich an ihre absoluten Grenzen gehen mussten. Dass jemand bereits 2. Liga gespielt hat, ist für mich auf der Suche nach Ergänzungen übrigens nicht das entscheidende Kriterium. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass man mich nach meinem Amtsantritt als Jahn-Trainer 2017 ständig gefragt hat, wann denn endlich der erste Zweitligaspieler verpflichtet wird. Letztlich sind wir damals ohne namhafte Neuzugänge Tabellenfünfter geworden.
Neben Routiniers wie Geipl und Saller haben Sie eine ganze Riege von jungen Spielern wie Felix Gebhardt, Dominik Kother, Noah Ganaus oder eben Breunig im Team. Trauen Sie ihnen allen den Sprung in die 2. Liga zu?
Beierlorzer: Ja, auf jeden Fall. Dominik Kother hat schon in der 2. Liga gespielt. Gebhardt und Ganaus haben sich super entwickelt. Louis ist außerdem zum U20-Nationalspieler avanciert. Es macht Spaß, die Entwicklung solcher Talente zu begleiten.
Schalke, Köln, Hertha, der HSV: In der 2. Liga wimmelt es vor Traditionsklubs. Sie sind lange im Geschäft, aber weckt diese Konstellation in der kommenden Saison auch bei Ihnen eine besondere Vorfreude?
Beierlorzer: Sie greifen in diesem Zusammenhang weit vor. Wir genießen jetzt erst mal den Moment. Klar, all diese Namen klingen toll. Aber ehrlich gesagt lösen sie bei mir noch nicht das ganz große Kribbeln aus. Jetzt geht es primär darum, konstruktiv die Mannschaft so aufzustellen, dass wir guten Gewissens und mit einem richtig guten Gefühl die 2. Liga angehen können. Wenn es dann soweit ist, wenn die Vorbereitung beginnt, wenn der Spielplan steht, dann beginnt vielleicht auch so ein Kribbeln. Und große Namen haben ja auch eine große Motivation zur Folge. Darauf freue ich mich.
Interview: Heinz Gläser