Der 22. Spieltag brachte den FC Ingolstadt in der 3. Liga zurück ins Rampenlicht. Mit dem glücklichen 1:0-Sieg im Verfolgerduell gegen den 1. FC Saarbrücken meldeten sich die Schanzer erstmals seit dem holprigen Saisonstart im Aufstiegskampf an.
Nur ein Punkt trennt den Tabellenvierten noch vom Relegationsrang drei, fünf Zähler sind es bis zu den beiden direkten Aufstiegsplätzen. Sind die Ingolstädter schon ein Spitzenteam? Eine Bestandsaufnahme.
• Das sagen die Zahlen: Beste Heimmannschaft mit 25 Punkten vor Dresden (22/ein Spiel weniger) und Viktoria Köln (22), beste Offensive mit 47 Treffern vor Cottbus (45) und Dresden (43). Zudem stellt der FCI mit Sebastian Grönning (13 Treffer) gemeinsam mit dem Ex-Ingolstädter Fatih Kaya (Wehen Wiesbaden) und Serhat Güler (Viktoria Köln) den besten Torjäger – der FCI kann mit einigen Pfunden wuchern. Aber: Auswärts hinken die Schanzer mit zwölf Punkten in zehn Spielen den Top-Klubs noch deutlich hinterher. Cottbus holte in zwölf Spielen 21 Punkte, Dresden (in elf Partien) und Saarbrücken (in zwölf) jeweils 20 Zähler. Zudem gelang den Ingolstädtern in den bisherigen Top-Spielen beim damaligen Spitzenreiter Sandhausen (3:4 am 7. Spieltag), gegen Dynamo Dresden (1:1 am 13. Spieltag), bei Arminia Bielefeld (0:1 am 16. Spieltag) und gegen Cottbus (1:1 am 19. Spieltag) kein Sieg – bis vergangenen Samstag. „Jetzt haben wir gewonnen. Das heißt, wir reifen vielleicht auch zu einem Spitzenteam“, sagt Trainerin Sabrina Wittmann.
Sportdirektor Grlic: „Wir wollen unberechenbarer werden“
• Formkurve: In den vergangenen 15 Spielen kassierten die Schanzer nur eine Niederlage und holten 30 Punkte – das ist zusammen mit Cottbus Liga-Spitze. Aktuell sind die Ingolstädter seit sechs Spielen (vier Siege, zwei Unentschieden) ungeschlagen. Damit haben sie im Gegensatz zu den beiden Vorjahren, als sie bereits zur Winterpause direkten Kontakt zu den Aufstiegsrängen hatten, danach aber stets schnell den Anschluss verloren, ihre Formkurve ins neue Jahr übertragen können. Man muss momentan aber auch von einer Glückssträhne sprechen, da die Schanzer in allen drei Partien nach der Winterpause von günstigen Umständen profitierten. Sportdirektor Ivica Grlic meint dazu: „Wir hatten in den ersten drei Spielen weniger Torchancen, aber immer noch hochkarätige, die wir momentan nicht nutzen. Dafür haben wir sehr gut verteidigt, und das ist auch eine Entwicklung, die Spaß macht.“
• Personal: Der Kader ist nach den vielen Verletzungsfällen jetzt wieder gut bestückt. Mit Routinier Pascal Testroet und Tim Heike fehlten im Angriff ebenso lange Zeit Alternativen wie auf der Rechtsverteidigerposition durch den Ausfall von Marcel Costly. Letzterer feierte gegen Saarbrücken sein Comeback, der Rot-gesperrte Yannick Deichmann darf nach dem Derby gegen 1860 München (Samstag, 16.30 Uhr) wieder mitwirken. Zudem beförderte Wittmann ihren Torwart-Neuzugang Pelle Boevink auf Anhieb zur neuen Nummer eins und setzte den beliebten Marius Funk auf die Bank. Das birgt Brisanz, ebenso der Konkurrenzkampf zwischen den stark aufspielenden Youngstern und den namhaften Etablierten. Bisher gelang es Wittmann und ihrem Trainerteam jedoch gut, den Konkurrenzkampf zu moderieren und die Harmonie im Team hochzuhalten. Das ist auch die Voraussetzung für eine anhaltende Weiterentwicklung.
Spielerischer Ansatz mit mehr Risiko
• Spielstil: Mit der Verpflichtung Boevinks setzt Wittmann noch mehr auf spielerische Lösungen. Einher ging das bei den ersten beiden Einsätzen des Niederländers mit einer höheren Fehlerquote im Spielaufbau, die jedoch im Endergebnis noch nicht bestraft wurde. „Wenn wir das so machen wollen, müssen wir das auch durchziehen und Fehler akzeptieren. Und wenn sie passieren, müssen wir versuchen, die Dinger wieder auszubügeln, dafür sind wir eine Mannschaft“, sagt Kapitän Lukas Fröde. Grlic betont die Idee dahinter. „Wir wollen uns entwickeln und müssen variabel bleiben, ob wir von hinten raus oder den langen Ball spielen. Wir wollen unberechenbarer werden“, sagt der Sportdirektor.
Viel Luft nach oben bei Ingolstädter Fankultur
• Zuschauer: 4585 Zuschauer – darunter etwa 800 Saarbrücker – sahen das Verfolgerduell im Audi-Sportpark. Das war der drittschwächste Besuch in dieser Saison. Eine enttäuschende Kulisse angesichts dessen, dass der FCI die beste Heimmannschaft stellt und wieder vorne mitspielt. Zum Vergleich: Zehn Drittliga-Klubs verzeichnen im Schnitt fünfstellige (!) Zuschauerzahlen, der FCI rangiert trotz etlicher Werbeaktionen mit durchschnittlich 6068 Besuchern nur auf Rang 13 der Zuschauertabelle – ein Alarmzeichen. Angesichts der Aufstiegsambitionen in die 2. Bundesliga müssen die Ingolstädter in Sachen Fußball- und Fankultur noch ordentlich zulegen.
• Fazit: Der FCI hat sich gemessen an den beiden Vorjahren stabilisiert und weiterentwickelt. Mit Trainerin Sabrina Wittmann, die mit ihrer Teilnahme am Uefa-Pro-Lizenz-Lehrgang in der Fußballszene noch mehr in den Fokus rückt, und ihren talentierten Nachwuchsspielern haben die Schanzer sogar Identifikationsfiguren wie kaum zuvor – aber daraus machen sie noch zu wenig. Im Verein herrscht das Prinzip Hoffnung, dass der Aufstieg gelingt und sich dadurch die Perspektiven verbessern. Daran wird mit Zurückhaltung gearbeitet. „Wir tun gut daran, demütig zu bleiben. Wir haben jetzt den Anschluss geschafft, aber wir haben noch ein bisschen was zu gehen und werden uns jetzt nicht von der Tabelle blenden lassen“, sagt Wittmann. Und Grlic meint: „Wir wollen uns verbessern und immer punkten. Wir gucken nicht so weit nach vorne.“
DK