Wenn Cheftrainerin Sabrina Wittmann aller Voraussicht nach ab Januar 2025 in den Lehrgang für die Uefa-Pro-Lizenz startet, wird sie dem FC Ingolstadt zweieinhalb Tage im Monat fehlen – eine Baustelle, aber eine mit genügend Vorlaufzeit.
Um nach drei schwachen bis miserablen Spielzeiten wieder eine erfolgreiche Saison spielen zu können, haben die Schanzer einige weitere Felder zu beackern. Unter anderem das Testspiel auf dem heimischen Trainingsgelände an diesem Freitag (17.30 Uhr) gegen den baden-württembergischen Oberligisten VfR Mannheim soll Wittmann und Co. nach dem 1:1 gegen den VfB Eichstätt weitere Erkenntnisse bringen.
Schanzer müssen Torwartfrage klären
Michael Köllner machte im Sommer 2023 Nägel mit Köpfen. „Mehr Sicherheit und Stabilität für das Team“, waren für den Ex-FCI-Trainer die Gründe, Marius Funk frühzeitig zur Nummer eins im Schanzer Tor zu erklären. Wittmann wählt 2024 einen anderen Weg. Zum Trainingsauftakt eröffnete die 32-Jährige, dass sie „sehr unvoreingenommen in die Vorbereitung gehen will. Jeder soll die Chance haben, sich bei mir einen Platz zu ergattern. Deswegen ist bei mir überhaupt nichts fix, das wäre auch total unfair.“ Gegen Eichstätt spielten sowohl Funk als auch der ambitionierte Neuzugang Simon Simoni (kam von Eintracht Frankfurt), der Funk das Leben schwer machen möchte. Maurice Dehler, dritter Torwart im Bunde und seit vier Monaten mit einem Profivertag ausgestattet, kam erst am Sonntag in der U21 der Schanzer zum Einsatz (7:0-Testspielsieg gegen den Landesligisten FC Ehekirchen) – Dehler dürfte es sehr schwer haben.
FCI braucht ein neues Sturmduo
In der vergangenen Saison waren die Schanzer dann am erfolgreichsten, wenn ihr Sturmduo – obgleich in überraschender Rollenverteilung – funktionierte: Pascal Testroet servierte, Jannik Mause traf. Nach dem absehbaren Abgang des Drittliga-Torschützenkönigs (18 Treffer) zum 1. FC Kaiserslautern brauchen die Ingolstädter für ihre hohen Ziele wieder einen Knipser. Winter-Neuzugang Sebastian Grönning deutete in der Rückrunde mit acht Treffern in 15 Einsätzen (davon aber nur siebenmal in der Startelf) das Potenzial an, in Mauses Fußstapfen treten zu können. Der Däne dürfte seinen Platz im Sturm also sicher haben. Testroet indes hofft eine Saison mit deutlich weniger Verletzungsproblemen, die beiden Neuzugänge Dennis Borkowski (neu von RB Leipzig) und Tim Heike (mit Energie Cottbus Vize-Torschützenkönig der Regionalliga Nordost) schielen auf den Platz des Routiniers. Ognjen Drakulic und Deniz Zeitler müssen kämpfen.
Identifikationsfiguren händeringend gesucht
Die Schanzer schlugen in den vergangenen Jahren den Weg ein, jungen Talenten eine Plattform zu bieten, auf der sich diese ins Schaufenster für größere Klubs spielen können. Und das durchaus erfolgreich, siehe die Verkäufe von Tobias Bech (13 Tore) 2023 zum dänischen Klub Aarhus GF oder jüngst von Mause nach Kaiserslautern. Transfers, die viel Geld in die Ingolstädter Kassen spülten. Dieser Ansatz ist zwar vielversprechend, weist aber eine Schwäche auf: Neue Identifikationsfiguren, die der FCI dringend bräuchte, können sich so kaum bilden. Wie wichtig den Fans die Loyalität zum Verein ist, zeigte im Mai der emotionale Abschied von Tobias Schröck nach sieben Jahren im Klub, als die Schanzer Anhänger neben den sportlichen Verdiensten in einer Choreografie Schröcks Treue und Zugänglichkeit würdigten („Kein Ich, kein Du, nur ein großes WIR!“). Von Eigengewächsen wie Felix Keidel abgesehen, steht aus dem aktuellen Profikader kein Akteur länger als zwei Jahre bei den Schanzern unter Vertrag. Die Identifikationsfigur ist mit Cheftrainerin Wittmann (seit 2005 beim FCI) an der Seitenlinie zu finden. Eine Kämpfernatur wie Yannick Deichmann könnte dafür auf dem Platz infrage kommen. Wittmann schaut ganz genau hin, wer noch.