Bayreuths Matchwinner gegen die Löwen
Ex-Schaldinger Tobias Stockinger: So haben wir 1860 geschlagen

01.11.2022 | Stand 22.09.2023, 3:52 Uhr

Grenzenloser Jubel: Tobias Stockinger (r.) herzt nach dem Abpfiff seinen Mitspieler Nico Moos. −Foto: Zink/imago images

Von Alexander Augustin

Am Ende wählte ihn der „Kicker“ sogar zum Spieler des Spiels: Der Ex-Schaldinger Tobias Stockinger aus Straßkirchen (Landkreis Passau) führte am Samstag die Spvgg Bayreuth zum Sensationssieg in der 3. Liga gegen den TSV 1860 München. Bei heimatsport.de verrät er das Erfolgsgeheimnis.

Nach dem großen Coup musste Tobias Stockinger (22) erst einmal runterkommen. Nach einem lockeren Training am Sonntag stieg er ins Auto, um von Bayreuth in seine niederbayerische Heimat zu fahren. „Ganz realisiert habe ich das Ganze noch nicht, wenn ich ehrlich bin.“ Am Samstag hat er mit der Spvgg Bayreuth, als Aufsteiger vor der Partie Tabellenletzter der 3. Liga, den großen Aufstiegsfavoriten 1860 München mit 1:0 geschlagen. Stockinger, vor vier Jahren noch Bezirksliga-Kicker beim SV Schalding II, war dabei einer der Besten auf dem Platz.

„Ein unbeschreibliches Gefühl“ sei das am Samstagnachmittag gewesen, erzählt er. 12.000 Zuschauer im Hans-Walter-Wild-Stadion, strahlender Sonnenschein und dann auch noch die Löwen zu Gast. Für Stockinger eine besondere Konstellation, nicht nur weil Sechzig „einer der größten Vereine Deutschlands“ sei. Der Ex-Schaldinger hat in seiner Jugend zwei Jahre für Sechzig gespielt. Zum Profi hatte er es dort nicht geschafft. Frustriert vom Fußball war er 2018 zurück in die Heimat gegangen, um zum Spaß in der Bezirksliga zu kicken. Vier Jahre später hat er die Löwen-Profis in einem Pflichtspiel geschlagen. „Schon brutal“ sei das, sagt er.

„Wollten ihnen mit Aggressivität den Schneid abkaufen“

Der Tag beginnt für Stockinger mit der Nominierung für die Startelf. „Ich wusste relativ früh, dass ich von Anfang spiele, und war topmotiviert.“ Wie die ganze Mannschaft, die den Matchplan des Trainers Thomas Kleine nahezu perfekt umsetzt. „Wir haben uns vorgenommen, hoch zu pressen und den Löwen so keine Luft zum Atmen zu lassen. Unser Ziel war, ihnen mit Aggressivität richtig den Schneid abzukaufen“, erzählt Stockinger. „Wir wollten auch unsere Fans mitnehmen ins Boot, Gras fressen und alles geben.“

Gegen die eigentlich so spielstarken Löwen gelingt das hervorragend. Bayreuth steht höher, als es der Tabellenzweite aus Giesing wohl erwartet hatte. „Es ist schwierig zu sagen, ob sie überrascht waren“, sagt Stockinger, „aber ich glaube schon, dass sie nicht damit gerechnet haben, dass wir so hart rangehen.“ Die Münchner kommen überhaupt nicht zurecht mit der Spielweise der Hausherren, die gerade im Mittelfeld den Großteil der Zweikämpfe gewinnen. Mit jeder Aktion wächst das Hadern auf der einen und das Selbstvertrauen auf der Bayreuther Seite. „Wir haben am Anfang die leichten Bälle gespielt. Die haben funktioniert und dann haben wir uns immer mehr gesteigert.“

Schon nach vier Minuten hat er die Führung auf dem Kopf

Stockinger selbst ist, so scheint es, von der ersten Minute an bei 100 Prozent. Schon in der vierten Minute schrammt er nach einer Hereingabe von Erol Zejnullahu knapp am Führungstreffer vorbei. „Ich habe beim Einlaufen eine Sekunde zu lange gewartet. Am Ende habe ich den Ball nur noch mit den Haaren touchiert.“

Nächster Stockinger-Auftritt dann in Minute 20: Über rechts bricht er durch, hat freie Bahn und die Übersicht für den im Zentrum einlaufenden Jann George. Doch der haut freistehend über die mustergültige Hereingabe. „Ich habe Jann nach dem Spiel noch gefragt, was da los war. Er hat gesagt, dass er nicht genau gewusst hat, wie er hingehen soll.“ Stockinger kann über diese kuriose Szene schmunzeln – weil die Mechanismen des Fußballs an diesem Tag nicht griffen. „Es wäre ja typisch gewesen, wenn du diese Chancen liegen lässt und dann auf der anderen Seite die Tore kassierst.“

Doch Torhüter Sebastian Kolbe pariert in der 39. Minute zunächst überragend im Eins gegen Eins mit Löwen-Stürmer Meris Skenderovic und dann wird Stockingers Sahne-Auftritt gekrönt: Beinahe im direkten Gegenzug marschiert er durchs Mittelfeld und schickt mit einem perfekten Schnittstellenpass Alexander Nollenberger auf die Reise. Nach dessen Querpass muss Jann George nur noch einschieben (41.). „Ich wollte zuerst auf Jann spielen“, erinnert sich Stockinger, „aber dann habe ich gesehen, dass Nolle über links tief geht.“

Auswechslung nach 63 Minuten: „Mehr wäre beim besten Willen nicht gegangen“

Es ist die Krönung seines Auftritts, der nach 63 Minuten ein Ende findet. „Mehr wäre auch beim besten Willen nicht mehr gegangen“, gibt Stockinger lachend zu. Er macht Platz für seinen niederbayerischen Sturm-Kollegen Daniel Steininger (aus Sonnen, Landkreis Passau) und sieht, wie sein Team das 1:0 so leidenschaftlich wie verdient über die Zeit bringt. Nach dem Spiel feiern die Bayreuther Spieler mit ihren Fans. Das Fachmagazin „Kicker“ wählt Stockinger anschließend mit der Note 1,5 zum Spieler des Spiels.

Für den Gekürten selbst kein Grund zum Ausruhen: „Wir haben unseren Fokus gleich wieder auf unser Spiel am Samstag in Duisburg gelegt. Wir können uns freuen, dass wir Sechzig geschlagen haben, aber wir haben noch drei Spiele bis zur Winterpause und dann wollen wir über dem Strich stehen. Das ist unser großes Ziel.“