Wer Sebastian Grönning am Donnerstagnachmittag bei der Arbeit zusah, erlebte den Stürmer des FC Ingolstadt bei bester Laune. Nicht dass der 27-Jährige sonst als Trauerkloß verschrien wäre, aber das Grinsen des Dänen stach beim Trainingsauftakt der Schanzer aus der Menge der insgesamt 30 Spieler heraus. Gründe dafür hat der Winterneuzugang der Schanzer genug.
„Ich habe in der Sommerpause viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbracht. Das ist für mich immer etwas Besonderes, weil ich ja schon einige Jahre lang nicht mehr in Dänemark lebe – also muss ich besonders diese Zeit des Jahres nutzen und mit meinen Lieben verbringen“, erzählt Grönning am Rande des Schanzer Trainingsauftakts, der in den vergangenen Wochen „ganz viel rumgekommen ist. Ich war in Norwegen, China und Spanien, um Freunde zu besuchen. In Dänemark habe ich dann die Zeit bei meiner Familie genossen.“
Grönning war bislang bester FCI-Akteur 2024
Nun genießt der beste FCI-Spieler der vergangenen Rückrunde (acht Tore), der in seine erste volle Saison an der Donau geht, dass er seine Mannschaftskameraden wieder täglich sieht – und natürlich auch die Fußball-EM. Sein Heimatland, Europameister von 1992 (Grönning kam fünf Jahre später zur Welt), hat erneut die Vorrunde überstanden. „Man muss immer zufrieden sein, wenn sie weiterkommen“, sagt der gebürtige Aalborger vor dem Achtelfinale an diesem Samstag gegen Gastgeber Deutschland.
Die Erwartungen in seinem Heimatland seien immer ein bisschen höher. „Man will guten, unterhaltsamen und erfolgreichen Fußball sehen“, sagt Grönning, „das war aber bislang nicht der Fall.“ Der Auftritt im zweiten Gruppenspiel gegen England (1:1) war „wirklich gut, aber die anderen beiden Partien gegen Slowenien und Serbien waren ziemlich zäh. Aber wir sind weitergekommen, das ist die Hauptsache.“ Und Spaß hatte am Dienstagabend zumindest Grönning, der sich nach der Rückkehr aus seinem Urlaub die Partie gegen Serbien in der Münchner Arena anschaute.
Grönning sähe gerne „dänischen Musiala“
Die Frage nach den Schlüsselspielern der dänischen Mannschaft beantwortet Grönning mit einem wie aus der Pistole geschossenen „Eriksen, ganz klar. Aber auch Hojbjerg von Tottenham ist sehr gut, und wir haben einen neuen starken Sechser, Morten Hjulmand. Leider fehlt er gegen Deutschland wegen einer Sperre. Aber wenn Dänemark dieses Spiel gewinnen will, kommt es sowieso nicht auf einen Einzelnen, sondern das Kollektiv an.“
Dass die DFB-Elf möglicherweise die gesamte Innenverteidigung (Jonathan Tah gesperrt, Antonio Rüdiger verletzt) ersetzen muss, „könnte ein Vorteil sein, aus dem Dänemark Kapital schlagen kann. Aber Deutschland hat auf allen Positionen gute Spieler, mit denen sie dem Gegner gefährlich werden können.“ Ein neues Sommermärchen? Für Grönning nicht ausgeschlossen: „Spanien war bisher sehr solide. Aber ich traue Deutschland den Titel zu – falls sie Dänemark schlagen.“
Dürfte Grönning sich einen Spieler aus der deutschen Mannschaft für Dänemark wünschen, wäre es „Jamal Musiala. Dänemark könnte einen Spieler gebrauchen, der durch eine Einzelaktion Gefahr heraufbeschwören kann. Der ist wirklich auf Top-Niveau. Das mag ich an so Turnieren, dass Spieler auf einer großen Bühne ins Rampenlicht treten können.“
Weil Dänemark sich gegen große Mannschaften leichter tut, werde die Mannschaft von Trainer Kasper Hjulmand (wie Grönning aus Aalborg) Julian Nagelsmanns Team einen großen Kampf liefern. „Das Spiel geht in die Verlängerung, da ist dann alles möglich. Mein Herz sagt: ‚Dänemark gewinnt.‘ Mein Kopf sagt: ‚Deutschland gewinnt.‘“ Ob nun Herz oder Kopf Recht behält, wird Grönning am Samstag live erleben. Nach dem FCI-Training am Vormittag geht es für ihn rein ins Auto und ab ins Dortmunder Stadion.