Löwen ohne Hunger
1860 München hat beim 0:2 in Saarbrücken nicht eine einzige Torchance

01.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:51 Uhr

Gestolpert in Saarbrücken: 1860 München um Kapitän Stefan Lex verlor beim saarländischen Aufstiegsaspiranten verdient mit 0:2. Foto: Imago Images

Zu diesem Zeitpunkt, Anfang Mai, hätten die Münchner Löwen gerne selbst noch um den Aufstieg gespielt. Stattdessen steht die 0:2 (0:2)-Niederlage einer 1860-Rumpfmannschaft beim tatsächlichen Aufstiegskandidaten in Saarbrücken exemplarisch für den Absturz und das Chaos in dieser Saison. Trainer Maurizio Jacobacci räumt die Chancenlosigkeit seiner Mannschaft ehrlich ein, Geschäftsführer Günther Gorenzel versucht sich nach seinem selbstverordneten Schweigen mit ersten Erklärungen.

Wirklich viele Torchancen für den 1. FC Saarbrücken habe er nicht registriert, meinte Maurizio Jacobacci nach der Partie. Nicht ohne jedoch anzufügen, dass sein Team im Prinzip „nicht mal einen Schuss aufs Tor gebracht hatte“. Ohne Torchance waren die Sechziger, also im Wortsinne chancenlos. Es ist die ernüchternde Bilanz einer Saisonschlussphase, in der so vieles anders läuft als geplant. „Im Mai etwas Großes feiern“, das hatte Michael Köllner im Sommer als Ziel ausgerufen. Beim TSV 1860 gibt es statt eines vorbereiteten Festakts fast ausschließlich Negativschlagzeilen.
Wie es so weit kommen konnte? Zumindest ein paar Erklärungsversuche gab es am Rande des Saarbrücken-Spiels von Günther Gorenzel im TV-Interview bei MagentaSport. Der Sport-Geschäftsführer hatte in den vergangenen Tagen sein wochenlanges Schweigen gebrochen. „Ich denke, dass wir nach den ersten fünf, sechs Spieltagen die Gier und den Hunger verloren haben, den du brauchst, um konstant dein Potenzial auf den Platz zu bringen“, analysierte er. Die Gier verlieren, nach erst fünf Spieltagen?

Um solche, doch eher ungewöhnlichen Vorgänge in einer ambitionierten Mannschaft zu verhindern, werde man in Zukunft „knallhart dagegensteuern“, versprach der Österreicher. Er erwarte sich in der täglichen Arbeit des gesamten Trainerstabs, „dass noch mehr auf diese Dinge Rücksicht genommen wird“. Eine konkrete Antwort, wie man im Alkohol-Eklat in der Löwen-Kabine dagegen gesteuert hatte, gab es dagegen nicht. Die lieferte aber vermutlich Trainer Jacobacci bei der Nominierung seines Kaders, in dem Marcel Bär, Joseph Boyamba und Raphael Holzhauser – nach Informationen unserer Zeitung nicht aus Verletzungsgründen – fehlten. Alle drei werden den Verein ziemlich sicher am Saisonende verlassen.

Gehalten werden sollen dagegen, trotz verringertem Budget (von 6 auf 4,5 Millionen), Yannick Deichmann und Marius Wörl. Mit beiden befinde man sich in Gesprächen, sicher ist ihr Verbleib längst nicht. „Meine Aufgabe ist es, aus den Möglichkeiten und Umständen das Optimum herauszuholen“, erklärte Gorenzel und fügte an: „Wenn ich da auf unseren Bestandskader blicke, dann stehen wir zum jetzigen Zeitpunkt mehr als ordentlich da.“ Auch das kann man aus neutraler Sicht anders bewerten. Ein anderer Spieler aus dem Löwen-Nachwuchs sorgte schließlich für einen der wenigen Lichtblicke rund um das Saarbrücken-Spiel. Der 18-Jährige Mansour Ouro-Tagba, Kapitän des U19-Teams, feierte sein Debüt im Drittligateam, das insgesamt – weil neben Bär, Boyamba und Holzhauser auch verletzte Spieler (Tim Rieder, Erik Tallig, Albion Vrenezi, Daniel Wein) fehlten – eher wie eine Rumpftruppe daherkam. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir ihn mit seiner Schnelligkeit und Explosivität noch mehr in Szene setzen können“, meinte Jacobacci. Ouro-Tagba habe trotzdem einen guten Eindruck hinterlassen.
Als der Youngster zur Halbzeit in die Partie kam, lag seine Mannschaft allerdings schon mit 0:2 zurück. Zunächst hatte Ex-Löwe Kasim Rabihic einen Diagonalball auf Calogero Rizzuto gespielt, der auf Julian Günther-Schmidt weitergeleitet und der wiederum zum 1:0 eingeköpft (24.). Zehn Minuten später schob Ex-Schanzer Marcel Gaus (Foto) nach einer schlecht verteidigten Ecke zum 2:0 ein (34.). Viel mehr musste der Aufstiegsaspirant nicht tun.