Kommentar zum FC Bayern
Verkopfte Taktikspielchen: Trainer Tuchel befeuert Debatte um seine Person

11.02.2024 |

Voll aufgelaufen im Spitzenspiel: Thomas Tuchel und der FC Bayern in Leverkusen. − Foto: dpa

Nach der Niederlage im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga bei Bayer Leverkusen sieht Christian Rehberger, Leiter der DK-Sportredaktion, Trainer Thomas Tuchel als den großen Verlierer. Sein Kommentar zum Bayern-Debakel und den sich abzeichnenden Folgen:

Die erste komplett titellose Saison für den FC Bayern seit 2012 nimmt weiter Gestalt an – und zwar in Form von Xabi Alonso und seinen Jungs. Alle Teenager in Deutschland lernen heuer wohl ihren ersten Fußball-Meister kennen, der nicht FCB heißt. Noch sind 13 Spieltage in der Bundesliga zu absolvieren. Aber dass die nun seit 31 Partien ungeschlagenen Leverkusenern massiv stolpern und die gerade erst gedemütigten Münchner in einer eh schon wackeligen Saison plötzlich alles gewinnen – wenig vorstellbar.

Zumal diese sportliche Watsch’n, wie man in Bayern sagen würde, noch einige Zeit ihre Spuren in München hinterlassen dürfte. Es wird nicht entspannter für Trainer Thomas Tuchel, der bei öffentlicher Kritik ohnehin schnell fast kindlich beleidigt agiert. Mit seinem dieses Mal zu verkopften Taktikspielchen (Stichwort Dreierkette) befeuerte er die Debatten um seine Person logischerweise. War die verordnete Kontertaktik gegen Stuttgart (3:0) ein Coup, floppte sein Plan mit einer defensiven Überzahl in den Räumen an den Außenlinien gegen den Spitzenreiter komplett – auch weil Tuchel bei der Personalauswahl daneben langte und sich viel zu spät korrigieren wollte.

Das alles bleibt den Bayern-Bossen nicht verborgen. Sie dürften mit zwei Erkenntnissen zu Übungsleitern heimgegangen sein: Dass der bessere Coach an diesem Tag auf der anderen Bank saß, das war ja offensichtlich. Dass es mit Tuchel auch auf lange Sicht nichts werden wird, diese Überzeugung könnte sich im Leverkusener Angriffswirbel bei ihnen verfestigt haben. Die Bayern scheinen unter Tuchel – jenseits der verfehlten Kaderplanung – aktuell wohl mehr als eine „Holding Six“ davon entfernt, vor allem in Europa um den Titel mitzuspielen – was ja stets der Anspruch ist.

Überraschend wäre es allerdings schon, wenn die Bayern jetzt in einer Art Nagelsmann-Déjà-vu den Trainer gleich vor die Tür setzen. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie der Fußball etwa unter einem wie Jose Mourinho aussehen würde, dessen Name bereits auf dem Boulevard im Münchner Umfeld geplärrt wird.

Mitten in dieser speziellen Saison die große Zeitenwende im deutschen Fußball auszurufen, das dürfte aber doch etwas verfrüht sein. Das Leverkusener Konstrukt ist perfekt zusammengestellt. Es steht und (zer-)fällt aber alles mit Coach Alonso, dessen Verbleib bei Bayer über den Sommer hinaus nach der Gala offener denn je ist. Der Posten als Klopp-Nachfolger beim FC Liverpool, mit dem Alonso 2005 die Champions League gewann, wird frei. Auch von der Säbener Straße aus dürften die Drähte glühen.