Schanzer Duo in der Frauen-Bundesliga
Trainer Roberto Pätzold und Stürmerin Vanessa Haim über ihren Wechsel zu Bayer Leverkusen

29.10.2024 | Stand 29.10.2024, 17:19 Uhr |
Sabine Kaczynski

Wollen den Frauenfußball in Leverkusen voranbringen: Die beiden Ex-Schanzer Roberto Pätzold und Vanessa Heim. Foto: Bayer Leverkusen

Seit 2015 war Roberto Pätzold als U 19-Trainer beim FC Ingolstadt tätig, 2021 wurde er nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga Cheftrainer der Profimannschaft. Nach einer Station beim österreichischen Klub Admira Wacker steht er seit Beginn der aktuellen Saison an der Seitenlinie der Bundesliga-Fußballerinnen von Bayer Leverkusen.

Was hat ihn am Frauenfußball gereizt? „Ich habe schon beim Badischen Fußballverband die U 19-Frauenauswahl trainiert, gänzlich neu war der Schritt für mich also nicht“, sagt Pätzold, den neben den „guten Gesprächen mit gegenseitiger Wertschätzung“ auch die Größe des Vereins und die Perspektive der Mannschaft, in der auch junge Spielerinnen entwickelt werden sollen, überzeugt haben: „Zudem wurde mir von den Verantwortlichen vermittelt, dass der Frauenfußball im Verein einen hohen Stellenwert hat und dort auch weiter investiert wird“, erklärt der Chefcoach, der auch bei Kader- und Trainerteamzusammenstellung mitwirkte.

Pätzold wollte Haim unbedingt verpflichten

Eine Spielerin, die er unbedingt verpflichten wollte, ist Stürmerin Vanessa Haim – ebenfalls eine langjährige Schanzerin. Neun Jahre kickte sie beim FCI, bevor ihr in der vergangenen Saison der Sprung in die Bundesliga und nun zu den Bayer-Frauen gelang. „Sie geht in die Tiefe, arbeitet gut gegen den Ball und unterstützt das Team im Defensivverbund“, lobt Pätzold die Stürmerin. Die Arbeit des Vereins habe sie schnell überzeugt, zudem kann sie ihren Beruf als Lehrerin derzeit pausieren. „Deshalb wollte ich diese Chance unbedingt nutzen.“ Dass ihr derzeit nur die Jokerrolle bleibt, nimmt Haim in Kauf. Sie stellt sich in den Dienst der Mannschaft und möchte sich „weiterentwickeln, um dem Team so gut wie möglich zu helfen“, sagt die 27-Jährige. Ihr Trainer sieht bereits Fortschritte: „Sie muss sich jetzt mit den Spielerinnen, die vor ihr sind, duellieren und näher an die Stammelf rücken. Sie ist eine motivierte und zweikampfstarke Spielerin.“

Nach sieben Spieltagen stehen die Bayer-Frauen mit 14 Punkten auf dem vierten Tabellenplatz – zufrieden? „Mit Blick auf den Umbruch im Sommer ist das völlig in Ordnung, wir haben erst gegen den FC Bayern, dem wir in einer engen Partie viel abverlangt haben, eine Niederlage erlitten“, sagt der Trainer, der nach fünf Monaten im Amt kaum Unterschiede zum Männerfußball wahrnimmt: „Es ist die gleiche Sportart, die Strukturen sind ähnlich professionell, die Bedingungen sehr gut – mein Trainerteam ist größer als seinerzeit in Ingolstadt bei den Männern“, beschreibt der 45-Jährige. Auch der Umgang sei mit beiden Geschlechtern gleich – unterschiedliche Charaktere gebe es in jedem Team. Einzig die fußballerischen Biografien im Kader seien eklatant anders: „Die männlichen Jugendspieler durchlaufen eine ziemlich uniforme Ausbildung, sind frühzeitig am NLZ – es gibt kaum Quereinsteiger. Das ist bei den Frauen anders: Manche waren im NLZ, manche haben lange mit Jungs gespielt, andere haben erst sehr spät mit dem Sport begonnen – so ist die technisch-taktische Ausbildung sehr unterschiedlich“, sagt Pätzold.

Haim genießt die Vorzüge des Profi-Daseins

Für Haim ist schon das Profi-Dasein eine ganz neue Erfahrung: „Wenn man neben dem Leistungssport noch Schule, Studium oder Arbeit bewältigen muss, wirkt sich das enorm auf den Körper aus. Ich hatte in den letzten Jahren quasi keine Ruhephasen. Jetzt merke ich, wie gut es meinem Körper tut, mich voll auf den Fußball und danach auf Regeneration, Ernährung & Co. konzentrieren zu können. In Ingolstadt haben wir abends um halb acht trainiert, am nächsten Morgen musste ich um fünf Uhr aufstehen, um zur Arbeit zu fahren – da war das nicht möglich“, beschreibt die 27-Jährige. Bei einer – im Frauenfußball noch sehr verbreiteten – Zweigleisigkeit von Arbeit plus Leistungssport seien Regeneration und Verletzungsprophylaxe schwierig, die Trainingssteuerung eine Herausforderung. Daher wünschen sich die Haim und Pätzold für solche Spielerinnen ein Modell, bei dem man vom Sport, der ein Vollzeitjob mit hohem zeitlichem Aufwand sei, leben könne.

Beide Neu-Leverkusener verfolgen ihren Ex-Verein FC Ingolstadt noch regelmäßig. Pätzold steht zudem in regem Austausch mit Sabrina Wittmann, deren Performance er lobt: „Ich finde es super, wie sie sich behauptet und wünsche ihr nur das Beste. Ein Stückchen Herz hängt noch immer an dem Verein“, sagt er und Haim ergänzt: „Ich drücke Sabrina alle Daumen, dass sie den maximalen Erfolg aus der Mannschaft holt, es ist ein super Statement vom Verein, den Cheftrainerposten mit einer Frau zu besetzen, die diesen Job meiner Meinung nach auch souverän managt.“ Den Schanzerinnen wünscht Haim den raschen Klassenerhalt, denn „die Mannschaft hat das Potenzial, in der 2. Liga zu bestehen“, ist sie sicher.

Und welches Saisonziel hat sich Leverkusen vorgenommen? Man wisse um die Stärke und das wirtschaftliche Plus der Top-Teams Bayern München, VfL Wolfsburg & Co., und wolle daher den Abstand zu den Top vier möglichst verkürzen, verrät Trainer Pätzold.

DK