Von Arnbruck bis Zwiesel, von Bezirksliga bis A-Klasse hat es im Oktober schon Trainerwechsel gegeben. Insgesamt neun betroffene Vereine bzw. Coaches zählte die Redaktion binnen weniger Tage im Fußballkreis Niederbayern Ost – und hat versucht herauszufinden, warum gerade jetzt so gehäuft Rücktritte und Entlassungen von Trainern zustande kommen.
Einen, den das Thema natürlich intensiv beschäftigt, ist Anton Autengruber. Der A-Lizenz-Inhaber aus Jandelsbrunn ist Vorsitzender der „Gemeinschaft der Fußballtrainer“ (GFT) in Niederbayern. Er selbst steht aktuell beim oberösterreichischen Bezirksligisten Union Julbach an der Seitenlinie und sieht hier wie dort veränderte Rahmenbedingungen für die tägliche Arbeit von Übungsleitern im Vergleich zu früher: „Das Aufgabenspektrum hat sich enorm erhöht, man opfert viele Stunden, um mit seiner Mannschaft erfolgreich zu sein. Bleiben die Ergebnisse aus, ist das oft zermürbend“, erklärt der 55-jährige, langjährige Trainer des TSV Waldkirchen.
Darin könnte ein Grund liegen, warum es in diesen Tagen öfter vorkommt, dass ein Coach oder Vereinsverantwortliche die Reißlinie ziehen. Das Ende der Vorrunde ist auf fast allen Ebenen im Amateurfußball erreicht „und das ist natürlich eine Gelegenheit, zu schauen, wie stehen wir da, wo können wir noch hin“, beschreibt Alois Wittenzellner. Der 38-Jährige ist sportlicher Leiter bei der Spvgg Ruhmannsfelden, die am 4. Oktober vom freiwilligen Abschied seines Trainerduos Erich Hagengruber und Martin Kreß erschüttert wurde. In ihrem Fall war es ein blutleerer Auftritt des Teams in Niederalteich (0:3), der, zusammen mit einer gewissen Unruhe im Umfeld aufgrund mehrerer enttäuschender Ergebnisse in den Wochen davor, zum Rücktritt der Coaches tags darauf führte.
Auch Amateurtrainer spüren oft Dauerdruck
Unabhängig vom aktuellen Fall sei Kritik (von Fans) eine schmerzhafte Randerscheinung für Fußballtrainer, weiß Wittenzellner: „Jeder weiß es besser, jeder würde anders aufstellen, viele sehen die ganze Arbeit nicht, die dahinter steckt und wenn Du als Trainer mitkriegst, dass Freunde oder Leute, mit denen Du seit Jahrzehnten auf dem Fußballplatz stehst, nicht mehr hundertprozentig hinter Dir stehen, dann kann ich jeden Trainer verstehen, der hinschmeißt“, führt der langjährige Fußballfunktionär aus.
Genauso sieht es auch Anton Autengruber. Die Schnelllebigkeit im Fußballgeschäft wird dem Jandelsbrunner zufolge von den Profis vorgelebt und zieht Kreise bis in die untersten Klassen. Dadurch verspüren Trainer auch im Amateurfußball oft Dauerdruck. „Am Ende ist ein Rücktritt immer eine persönliche Entscheidung. Ich finde jede Trainertätigkeit, welche zu Ende geht, schade. Aber ein Trainer hat auch mal das Recht zu sagen, dass es so nicht mehr weitergeht“, betont Autengruber. Er selbst zog sich im März 2023 beispielsweise freiwillig beim TSV Waldkirchen zurück und bemängelt allgemein, dass sich die Einstellung zum Amateursport verändert hat. Ein Spieler, der nicht viel spielt oder unzufrieden ist, kann vor allem medial durch den schnellen Austausch prompt für Unruhe sorgen: „Das Angebot hat sich erhöht, Fußball ist für viele nicht mehr der Fixpunkt im Leben. Die Verantwortlichen müssen um jeden Spieler kämpfen, oft zum Leidwesen der Trainer.“
Das Wetter wird schlechter, die Spieler im Training weniger
Dem stimmt Alois Wittenzellner zu, wenn er anmerkt: „Als Verein sind Dir auch mal die Hände gebunden, wenn fünf, sechs Spieler sagen, so machen sie nicht mehr weiter, dann musst Du reagieren“, erklärt der 38-Jährige. Wichtig ist ihm an dieser Stelle zu betonen, dass der aktuelle Fall anders war und kein Bezug zu dieser Aussage bestehe, „aber wir hatten auch schon andere Situationen“, erinnert sich der Ruhmannsfeldener. Was die These, der Oktober sei der Monat der Trainerwechsel befeuert, ist eine weitere Aussage Wittenzellners: „Jeder Verein will mit einem guten Gefühl in die Winterpause gehen, weil Du das Gefühl der letzten Spiele drei, vier Monate lang mitschleppst.“ Mit anderen Worten: Steckt ein Team vermeintlich in einer Sackgasse, sind personelle Konsequenzen nicht unwahrscheinlich. Womöglich ist aber auch der Herbst grundsätzlich ein Argument, einen Schlussstrich zu ziehen. Sportlich läuft es nicht besonders, dazu ist das Wetter oft schlechter und die Spieler im Training werden dann nicht selten weniger. „Wenn Du als Trainer viele Stunden Vorbereitung investierst und dann so behandelt wirst, kann Dir die Lust schon vergehen“, sinniert Autengruber.
Daher wünscht er sich wieder mehr Ruhe und Harmonie in den Vereinen: „Es gilt eine Kehrtwende zu schaffen, der Fußball im Bayerischen Wald kränkelt mittlerweile schon sehr lange. Wichtig wird es sein, wieder mehr Kontinuität zu schaffen.“
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