Schiri-Obmann Fischer sehr optimistisch
Kapitäns-Regel: Das sagen Raml, Seidl und Co. – Warnung von Schiri-Chef Fischer

20.07.2024 | Stand 20.07.2024, 16:15 Uhr |

Die Geste ist eindeutig: Nach einer Entscheidung mit potenziell spielentscheidendem Charakter und möglichem Informationsbedarf zeigt der Schiedsrichter mit waagerecht ausgestreckten Armen an, dass die Spieler auf einer Mindestdistanz von vier Metern bleiben sollen – der Franzose Francois Letexier zeigte im EM-Finale, wie’s geht. − Foto: Imago Images

Gestern bei der EM, heute schon in den Amateur-Klassen: Die so genannte Kapitäns-Regel, wonach sich nur noch die beiden Spielführer an den Schiedsrichter wenden und mit ihm über Entscheidungen diskutieren dürfen, findet auch im niederbayerischen Fußball nur Fürsprecher. „Das ist eine gute Sache“, sagt stellvertretend für viele Kicker aus der Region Sebastian Raml (26), der neue Spielertrainer des Bezirksligisten TSV Grafenau. Denn: „Das Spiel wird nicht mehr solange unterbrochen.“ Auch der niederbayerische Schiri-Obmann Robert Fischer findet’s klasse, er weist allerdings auf eine Tücke der neuen Ordnung hin: „Wer bereits mit Gelb verwarnt ist und zum Meckern kommt, der sieht Gelb-Rot.“

Genau so sieht es auch Künzings Kapitän Chris Seidl (29), der weiß, dass auf ihn künftig mehr Mediation, aber auch eine klare Ansprache gegenüber seinen eigenen Mitspielern zukommt. „Wir schaden uns ja nur selbst, wenn du dann mit Gelb-Rot runter musst. Deshalb werde ich da schon energisch dazwischen gehen, wenn ich sehe, dass da was brodelt.“ Andererseits wirbt der Top-Torjäger der Römer aber auch um Nachsicht, schließlich ist Fußball halt mal auch stark von Emotionen geprägt. „Entscheidend wird halt auch sein, wie intensiv die Schiedsrichter diese neue Regel umsetzen werden“, spricht Seidl vom berühmten Fingerspitzengefühl. Nichtsdestotrotz findet die Künzinger Nummer 7 die neue Regelung als gute Lösung, denn: „Der Schiedsrichter steht ständig unter Beschuss, kann es sowieso keinem Recht machen.“

Die neue Kapitäns-Regel gilt ab sofort in allen deutschen Amateur- und Profi-Ligen und natürlich auch bei den Damen und im Jugendfußball – die EM macht’s möglich. So wird das Amt des Kapitäns zusätzlich aufgewertet, denn der Mann oder die Frau mit der Armbinde ist nicht mehr nur bei der Platzwahl gefragt, sondern auch, wenn’s ernst wird auf dem grünen Rasen. Denn: Ab sofort „darf sich nur der Mannschaftskapitän an den Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin wenden, um eine wichtige Entscheidung erklärt zu bekommen“, heißt es auf der Internet-Seite des Bayerischen Fußball-Verbandes.



Kapitäne dafür zuständig, dass sich die Mitspieler richtig verhalten


Doch damit nicht genug: „Die Kapitäne sind zudem dafür verantwortlich, dass ihre Mitspielerinnen und Mitspieler die Unparteiischen respektieren, Abstand halten und sie nicht bedrängen. Akteure, die die Rolle des Kapitäns ignorieren, beim Referee reklamieren oder sich respektlos verhalten, werden verwarnt.“

„Da ist Daniel Ranzinger genau der Richtige“, sagt denn auch Sebastian Raml, der mit seinem Team am 1. Spieltag in der Bezirksliga Ost bei der DJK Vornbach auflaufen wird. Und den 31-Jährigen, der seit 2017 für die Stodbärn spielt, muss der vom SV Schalding in den Bayerwald zurückgekehrte Mittelfeldmann auch nicht unterstützen, „der schafft das schon“.

Raml selbst sieht für sich selbst – auch als Spielertrainer – mit der neuen Regel überhaupt kein Problem. „Ich bin ein sehr ruhiger Typ auf dem Fußballplatz. Natürlich gehören bei mir auch Emotionen mit dazu, aber das hält sich in Grenzen.“ Der neue Grafenauer Spielertrainer hofft, dass durch die Kapitäns-Regel der Spielfluss weniger unterbrochen wird. Allerdings wird es nach seinen Worten etwas dauern, bis jeder Kicker die Regel zur Gänze verinnerlicht hat, „das wird seine Zeit brauchen“. Seidl pflichtet seinem Kollegen bei: „Aktuell hat das, glaube ich, noch keiner im Kopf intus, das wird schon ein paar Spiele dauern.“ Er selbst nimmt sich da nicht aus – und fasst sich gleichzeitig an die eigene Nase. „Ich bin ja auch hin und wieder mal einer, der meckert. Auch wenn ich als Kapitän mit dem Schiri kommunizieren darf, muss und werde auch ich versuchen, mich bei strittigen Situationen zurückzunehmen.“

Fischer: Neue Regel wird schneller angenommen als gedacht



An einen „Prozess“ glaubt Robert Fischer, Bezirks-Schiedsrichterobmann, unterdessen nicht: „Das geht relativ flott“, ist sich der Lindberger seiner Sache sehr sicher. Denn: Wer die neue Kapitäns-Regel missachtet, wird verwarnt. Und wer bereits mit einer gelben Karte verwarnt wurde, der darf nicht auf Milde beim Unparteiischen hoffen, sondern „geht mit Gelb-Rot vom Platz, eine Zehn-Minuten-Strafe gibt’s in diesem Fall nicht mehr“. Die Zehn-Minuten-Strafe gilt ab Landesliga abwärts und wurde eingeführt, damit sich ein Hitzkopf mal kurz am Spielfeld-Rand „abkühlen“ kann, ohne gleich mit der Höchststrafe Platzverweis belegt zu werden. Doch wie gesagt: „Nach Gelb im Spiel und einer Respektlosigkeit gegen den Schiedsrichter folgt Gelb-Rot“, erklärt Fischer unmissverständlich die Sachlage. Und: „Am Montag, nach dem ersten Spieltag, werden wir wissen, ob es funktioniert hat – das Wochenende wird uns belehren.“

Fischer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die bayerischen Schiedsrichter am Freitagabend noch einmal in einem Webinar gebrieft werden. Und vor den Spielen wird der Schiedsrichter mit den beiden Mannschaften noch einmal auf die neue Verfahrensweise hinweisen und die Regel erklären. So jedenfalls steht’s in einer Handreichung des Fußball-Verbandes, die auf der Internet-Seite nachzulesen ist. Dort heißt es weiter: „Nach einer Entscheidung mit potenziell spielentscheidendem Charakter und möglichem Informationsbedarf zeigt der Schiedsrichter mit waagerecht ausgestrecktem Arm an, dass die Spieler auf einer Mindestdistanz von vier Metern bleiben sollen. Nur der Teamkapitän darf sich nähern und den Schiedsrichter ansprechen.“

Eine Ausnahme gibt’s dabei: Trägt der Torwart die Binde, so muss dem Schiedsrichter vor Beginn ein Feldspieler genannt werden, der den Unparteiischen ansprechen kann, falls sich weiter entfernt eine strittige Szene ereignet. Nach dem ersten Wochenende auf den niederbayerischen Fußball-Plätzen wird man sehen, ob die Amateure die DFB-Idee annehmen: „Hier spricht nur der Kapitän.“

− mis/mo