Die Hessenbayern sind wieder on Tour: Der Freundeskreis und Verein – vorwiegend bestehend aus Lentingern und jungen Männern aus der Region Darmstadt – wird als nun offizieller DFB-Fanklub bei der Fußball-EM in Deutschland alle Vorrunden-Spiele der Nationalmannschaft vor Ort in der jeweiligen Stadt verfolgen.
Die Hessenbayern sind schon seit weit über einem Jahrzehnt freundschaftlich miteinander verbunden. Initiatoren der Vereinigung waren der Geisenfelder Simon Hissen und der Lentinger Kilian Heinloth, die bereits vor über zehn Jahren ihr Studium in Darmstadt absolvierten und dabei zwei Freundeskreise verschmelzen ließen. Zur Festigung der Freundschaft und zum kulturellen Austausch gründeten sie 2015 den Verein, der mittlerweile fast 30 Mitglieder umfasst. Bereits bei vergangenen Fußball-Großereignissen – wie der EM 2012 in Polen und der Ukraine, der EM 2016 in Frankreich oder der WM 2018 in Russland – waren sie im jeweiligen Gastgeber-Land mit dabei, um die deutschen Farben zu vertreten und mit Menschen aus anderen Nationen zu feiern. „Das schöne an den Turnieren ist die Verständigung unter allen Nationen. Wir feuern unsere Farben an, sind aber vereint mit der Leidenschaft um das runde Leder“, sagt der Vereinsvorsitzende Hissen. Die am Freitag beginnende EM im eigenen Land wird für die Freunde aber das Highlight ihrer bisherigen Touren werden.
Das EM-Motto lautet: Europa zu Gast bei Freunden
„Nach dem Motto ,Europa zu Gast bei Freunden‘ wollen wir alle Fans herzlich bei uns begrüßen und gemeinsam mit ihnen feiern“, erklärt Hissen. Bei den Turnieren zuvor hat der 38-jährige Geisenfelder die „verbindende Kraft des Fußballs“ wahrgenommen, „etwa, als wir gemeinsam mit Menschen aus unterschiedlichen Nationen, die unsere Sprache nicht sprechen, einfach gekickt haben.“ Vorstandskollege Heinloth ergänzt: „Wir wollen positive Stimmung verbreiten und zeigen, dass Fußball verbindet und sehr wichtig für die Völkerverständigung ist.“
Anders als bei den bisherigen Fußball-Großereignissen wird sein, dass die Hessenbayern dieses Mal als offizieller Fanklub der deutschen Nationalmannschaft unterwegs sind. Dazu muss man wissen: Der DFB lässt erst seit wenigen Monaten eigenständige Deutschland-Fanklubs zu. Der Verband erhofft sich, durch eine koordinierte Vernetzung dieser eine Stimmungskultur in den Stadien zu etablieren. Bei Treffen auf digitalen Plattformen werden beispielsweise Stimmungslieder gesammelt und gemeinsame Treffen organisiert. „Super, dass sich der DFB hier geöffnet hat“, sagt Heinloth. Nicht nur der Lentinger hat festgestellt, dass die Stimmung bei Länderspielen in den Jahren zuvor nachgelassen hatte. „Das ging natürlich einher mit den Leistungen der Nationalelf, die lange alles andere als berauschend waren.“ Der 38-Jährige glaubt, dass die DFB-Initiative Früchte tragen wird. „Allerdings wird es wohl noch dauern, bis die Stimmung in den Stadien spürbar besser wird. Der Mix aus alten und neuen Stadion-Gesängen muss sich erst etablieren, sodass auch große Teile der Stadionbesucher auf der Tribüne mit der Fankurve mitziehen. Aber es geht in die richtige Richtung.“
Flachsen mit Moderatorin Esther Sedlaczek
Die Hessenbayern – mit dabei sind neben Heinloth und Hissen auch die Lentinger Stephan Hudi, Andreas Wittmann, Ralph Kerschensteiner, Christian Korber, Alexander Dick, Andreas Krämer, Christian Friedrich, Philipp Nowatschin, Christoph und Alexander Enzmann sowie die Wettstettener Daniel Münch und Andreas Liedl – haben sich von Beginn an ins Zeug gelegt, um ihren Beitrag zu einer EM-Euphorie zu leisten: Vor dem Spiel der Deutschen gegen die Niederlande Ende März waren sie auf Einladung des DFB mit anderen Fans zu Gast am DFB-Campus in Frankfurt. Mit aufblasbaren ,Morph-Suits‘ (ausgefallene Kostüme, Anm. d. Red.) in deutschen Farben und Thomas-Müller-Masken fielen sie auf und wurden prompt von Esther Sedlaczek angesprochen. Die ARD-Fernsehmoderatorin war auf Stimmenfang für ihre kürzlich ausgestrahlte Dokumentation „Deutschland. Fußball. Sommermärchen 2024?“. Im Beitrag ist zu sehen, wie Sedlaczek mit den Hessenbayern scherzt, zuprostet und Interviews führt. Der von Vereinsmitglied Mischa Gretzke vorgestellte Song zu Innenverteidiger Jonathan Tah hatte kurz nach der Veröffentlichung des Beitrags auf der Social-Media-Plattform „X“ über 100000 Aufrufe. Im Frankfurter Stadion, beim 2:1-Sieg gegen die Niederlande, heizten die Hessenbayern mit Trommel und Gesängen die Stimmung an. „Toni Kroos’ Bruder Felix hat sich im gemeinsamen Podcast ,Einfach mal Luppen‘ nach dem Spiel positiv über die Stimmung geäußert und ich denke, daran waren wir maßgeblich beteiligt“, sagt Heinloth.
War die Vernetzung der damals 144 Deutschland-Fanklubs zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang, so war beim Testspiel der Deutschen gegen die Ukraine (0:0) vergangene Woche in Nürnberg schon ein Fortschritt zu sehen: Die deutschen Anhänger in der Nordkurve des Max-Morlock-Stadions sangen die von den Fanklubs erarbeiteten Stimmungslieder, die Hessenbayern waren in Reihe eins mittendrin.
Ob nun das bevorstehende Turnier ein ähnliches Sommermärchen wie die WM 2006 werden kann? „Natürlich wird das auch ein bisschen davon abhängen, wie weit wir kommen“, sagt Heinloth. „Wir werden unseren Teil dazu beitragen, aber jetzt freuen wir uns erstmal darauf, vor dem Eröffnungsspiel am Freitag mit den Schotten zu feiern.“
DK