Fußball
Fußballvereine aus der Region sehen Zehn-Minuten-Strafe als gutes Mittel zur Deeskalation

15.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:57 Uhr

Schiedsrichter haben bei Verwarnungen eine Option mehr: Seit Beginn der laufenden Saison wenden sie von der Landesliga abwärts die Zehn-Minuten-Strafe an. Foto: Traub

Als vor dieser Fußball-Saison im Amateurbereich die Zehn-Minuten-Zeitstrafe nach fast 30 Jahren ihr Comeback feierte, herrschte unter Trainern und Funktionären Skepsis. Braucht‘s das unbedingt? Sind Gelbe, Gelb-Rote und Rote Karte nicht ausreichend, um Spieler zu sanktionieren? Hat der Schiedsrichter mit der Spielleitung nicht ohnehin schon genug Aufgaben? – lauteten damals kritische Fragen.

Nach dem nun etwas mehr als die Hälfte der Saison gespielt ist lässt sich festhalten: Ein Großteil begrüßt das neue Instrument, auch unter den Schiedsrichtern. „Es gibt zwar auch bei uns ein Für und Wider, die meisten sehen die Zeitstrafe aber positiv. Sie hilft uns schon“, sagt Hans Kroll. Der Schiedsrichter-Obmann der Gruppe Ingolstadt führt aus: „Es gibt Fouls, für die eine Gelbe Karte zu wenig ist, aber eine Rote zu viel, dafür ist die Zeitstrafe prädestiniert.“ Auch bei taktischen Vergehen in der Schlussphase einer umkämpften Partie sei diese Art der Sanktion eine gute Wahl: „Wenn ein Spieler kurz vor Schluss durch Trikotziehen einen aussichtsreichen Angriff des Gegners verhindert, dann sollte es dafür nicht Gelb sondern direkt die Zeitstrafe geben. So wurde uns das vom Verband kommuniziert.“ Im Fußballkreis Donau/Isar werde das Mittel regelmäßig angewandt. Schwierigkeiten sieht Kroll in den unteren Klassen: „Da hat der ein oder andere ein Problem, es korrekt umzusetzen. Bei zwei gelb-würdigen Fouls hintereinander gibt es beim zweiten oft nur die Zeitstrafe, obwohl Gelb-Rot die richtige Entscheidung wäre.“ Wir haben die Trainer der Region gefragt, welche Erfahrungen sie mit der Zeitstrafe bislang gemacht haben.

Michael Olah (Trainer FC Hitzhofen/Oberzell, Kreisliga 1 Donau/Isar): „Wir hatten im Grunde genommen noch nicht viele Berührungspunkte mit der Zeitstrafe. Insgesamt finde ich die Idee nicht schlecht, da sie für Schiedsrichter als ein gutes Mittel zur Deeskalation während eines Spieles benutzt werden kann.
Auch in umkämpften Schlussphasen sehe ich Zeitstrafen von Vorteil, da hier vermehrt taktische Fouls zur Chancenverhinderung oder auch Zeitspiel vorkommen. Sollte das Spiel dann in Unterzahl in eine andere Richtung laufen, überlegt ein Spieler oder ein Verein beim nächsten Mal, ob das ein oder andere Foul oder eine bewusste Verzögerung immer sein müssen.“

• Stefan Birngruber (Trainer DJK Limes, Kreisliga West Neumarkt/Jura): „Alles was neu eingeführt wird, wird erstmal hinterfragt. Da war ich auch am Anfang eher skeptisch. Inzwischen finde ich die Zeitstrafe aber ganz gut,“ sagt Stefan Birngruber, der gerade die fairste Mannschaft der Kreisliga West trainiert. „Besonders bei schwierigen Entscheidungen zwischen Gelber und Roter Karte ist es ein sehr gutes Mittelmaß.“ Einen weiteren Vorteil sieht der DJK-Trainer darin, dass es angesichts des Spielermangels, den viele Vereine beklagen, keine Spielsperren bei einer Zehn-Minuten-Strafe gibt. Als Beispiel gibt er eine Spielsituation aus dem Derby gegen die DJK Pollenfeld an, in der der Pollenfelder Torwart einen Stürmer hart foulte und der Schiedsrichter anstatt die Rote Karte zu zücken, lediglich die Zeitstrafe als Konsequenz wählte. Für Birngruber ist es „in der Kreisliga auch ein Luxus, dass die Schiedsrichter zu dritt auf dem Platz stehen und dadurch die Zeitstrafe auch gut umsetzen können“. „Ganz grundsätzlich finde ich, dass es in den vergangenen Jahren zu viele Regeländerungen im Fußball gab. Und das beziehe ich nicht nur auf den Amateursport, sondern auch auf die Profis und verschiedene Turniere. Allerdings muss ich sagen, dass die Zehn-Minuten-Strafe durchaus Sinn macht“, erklärt der Trainer des FC Gelbelsee, Florian Wolf. „Für den Schiedsrichter ist es wie eine Zwischenlösung, da in manchen Fällen eine Gelbe Karte nicht ausreicht, ein Platzverweis aber zu hart wäre.“ Im Spiel des FCG gegen Steinberg seien beispielsweise zwei Spieler aneinandergeraten. Statt beide Akteure des Feldes zu verweisen, hat der Unparteiische Zeitstrafen ausgesprochen und so die aufgeheizte Stimmung beruhigt. „Ich finde auch, dass die Schiedsrichter es gut einsetzen. Sie beweisen Fingerspitzengefühl.“ Ein klarer Vorteil sei die kurze Überzahl aber nicht immer: „Wir haben einmal mit nur zehn Mann getroffen, hatten in einem anderen Fall durch eine Strafe aber auch schon einen Bruch im Spiel. Die zehn Minuten verändern das Spiel aber auf jeden Fall.“ • Andreas Kirschner (Trainer DJK Grafenberg, Kreisklasse Süd Neumarkt/Jura): Die DJK Grafenberg ist bislang mit der Zehn-Minuten-Strafe selten in Berührung gekommen. „Ich habe das Gefühl, dass viele die Zeitstrafe am Anfang gar nicht auf dem Schirm hatten“, sagt DJK-Trainer Andreas Kirschner, dessen Team im Saisonverlauf nur einmal mit zehn Minuten sanktioniert wurde. „Es hat sich noch nicht ganz eingeschliffen, aber grundsätzlich finde ich es gut. Der Schiedsrichter muss unantastbar bleiben. So hat er ein Mittel mehr, das er einsetzen kann.“ Auch für die Spieler ist laut Birngruber die Situation durch die neue Strafe unkomplizierter geworden. „Sie müssen nicht bei jeder Aktion gleich Angst haben, mit der zweiten Gelben Karte vom Platz zu fliegen“, sagt der DJK-Coach, „es heißt aber nicht, dass das Spielt dadurch härter wird.“

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