Paukenschlag beim SC Mühlried: Nach ihrem zweiten Abstieg hintereinander, nach dem Absturz von der Kreisliga hinunter in die A-Klasse, vollziehen die Blauweißen nun den kompletten Neuanfang. Und das bedeutet: Es gibt kein Weiter mehr mit den beiden bisherigen Coaches. Chefspielertrainer Sebastian Slupik und sein Assistent Ferdinand Hofmann wurden mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden. Der neue Hoffnungsträger auf der SCM-Kommandobrücke ist (zumindest für ein Jahr) ein alter Bekannter: Tobias Goebel macht’s, der Aufstiegsheld aus der Saison 2018/19 soll die Mühlrieder Fußballer wieder in ruhigere Fahrwasser führen.
Das sagt der Abteilungsleiter
„Wir von der Vereinsführung sind lange zusammengesessen und haben viel darüber gegrübelt, wie es weitergehen soll“, erzählt SCM-Fußbalboss Stefan Stohl. Und letztlich sei man sich eben einig gewesen, dass deutliche Veränderungen her müssen – auch auf dem Trainerposten. „Ich schätze den Sebastian sowie den Ferdi menschlich sehr. Und nein: Mir ist es auch überhaupt nicht leicht gefallen, den Buhmann spielen zu müssen – also die Beiden davon in Kenntnis zu setzen, dass es für sie als SCM -Trainer nicht mehr weitergehen wird“, so der 31-Jährige: „Aber wir müssen unserer Mannschaft jetzt eine neue Perspektive gehen. Einfach weiter so, nach dem zweiten Abstieg innerhalb von zwölf Monaten: Das wäre ein falsches Zeichen an sie.“
Jetzt soll es also Goebel richten. „Dass er sich spontan dazu bereiterklärte, in der Saison 2024/25 als unser Chefcoach zu fungieren, hat uns den Schritt hin zu einem Neuanfang auf jeden Fall leichter gemacht“, gibt Stohl zu. Goebel ist Mühlrieder durch und durch, kennt den Verein in- und auswendig – und hat eben auch schon bewiesen, dass er beim SCM erfolgreich arbeiten kann.
„Außer Daniel Schmid, der zum SV Hörzhausen wechselt, und Jonas Spielberger, der seine Karriere beendet, bleibt unser Kader aus der vergangenen Saison zusammen“, berichtet Stohl: „Zudem kommen gleich sieben Akteure aus dem A-Junioren- in den Seniorenbereich nach oben.“ Diese jungen Talente in die Mannschaft zu integrieren, darin sieht der SCM-Fußballchef eine der Hauptaufgaben von Goebel – und das in einer A-Klasse Aichach, die aufgrund von vielen Altlandkreisderbys „sehr lukrativ“ sein wird.
Das sagt der neue Hoffnungsträger
Goebel steht laut eigener Aussage vor einer „zwar schwierigen, aber auch reizvollen Herausforderung“. Unter seiner Regie waren die Mühlrieder bereits im Jahr 2019 in die Kreisliga Ostschwaben aufgestiegen und hatten in der Corona-Saison 2019/ 21 die Klasse souverän gehalten, ehe er aus zeitlichen Gründen seine Trainertätigkeit beendete. Jetzt kehrt Goebel also zu den Blau-Weißen zurück – „und ich habe dort ein Stück weit einen Scherbenhaufen zu übernehmen“, erklärt der frühere Bezirksoberligaspieler des FC Schrobenhausen ganz offen.
Das SCM-Team in den beiden jüngsten Saisons fast ausschließlich am Boden zu sehen, das habe ihm „extrem weh getan“: „Ich war immer der Meinung gewesen, dass die Mannschaft stark genug dafür ist, um zumindest in der Kreisklasse zu bleiben – aber ich musste mich leider eines Besseren belehren lassen.“ Seine Liebe zum Verein habe allerdings nicht darunter gelitten. „Wäre sie nicht weiterhin vorhanden, dann würde ich den Mühlrieder Trainerjob jetzt sicher nicht erneut übernehmen“, sagt Goebel.
Weshalb es so weit kommen konnte, dass der SCM von der Kreisliga in die A-Klasse durchgereicht wird? „Darauf eine Antwort zu geben, das steht mir nicht zu. Dafür war ich in den vergangenen beiden Spielzeiten zu weit weg von der Mannschaft, habe zu wenige Partien von ihr gesehen“, gibt der 36-Jährige ehrlich zu. Was ihm in den wenigen Partien jedoch stets aufgefallen sei: „Es war kein Leben im SCM-Team.“ Seine Schlussfolgerung daraus: „Vielleicht hätte man früher mal so richtig auf den Tisch hauen sollen. Kicken können sie alle bei uns – aber den unbedingten Willen beziehungsweise die unbedingte Bereitschaft, für den Verein Erfolge einzufahren, war kaum bei ihnen zu spüren.“
Für ihn gehe es deshalb nun vorrangig darum, den nach zwei Abstiegen komplett verunsicherten SCM-Fußballern wieder Selbstvertrauen einzuflößen. Zudem müssen – wie bereits von Abteilungsleiter Stohl erwähnt – sieben bisherige A-Junioren in das Herrenteam integriert werden. „Unsere Mannschaft wird in der neuen Saison einen Lernprozess durchlaufen. Und uns muss bewusst sein, dass es in jenem nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen geben wird“, betont Goebel.
Stand jetzt kehrt er „definitiv nur für eine Saison“, als Cheftrainer zum SCM zurück: „Ich sehe das Ganze als Übergangsjahr für den Verein, in dem ich wieder Leben in die Bude bringen und ein Gerüst für die kommenden Spielzeiten aufbauen soll – während der SCM nun genügend Zeit dafür hat, einen fähigen Mann zu finden, der dann im Sommer 2025 meine Nachfolge antreten wird.“
Bei einem SCM, der zu diesem Zeitpunkt vielleicht sogar schon wieder ein Kreisklassist ist? „Ich bin tatsächlich der Meinung, dass es nicht lange dauern wird, bis wir wieder aufsteigen. Aber ich halte nichts davon, jetzt sofort wieder einen dahingehenden Druck aufzubauen“, erklärt Goebel: „Sollten wir letztlich zwei oder sogar drei Jahre bis zu einer Rückkehr in die Kreisklasse warten müssen, dann ist das eben so. Was ich allerdings schon sehr schnell hinbekommen möchte, ist, der Welt zu zeigen, dass Mühlried sehr wohl noch in Sachen Fußball da ist.“
Bleibt noch ein kurzer Blick auf seine beiden Vorgänger, also auf Slupik und Hofmann. „Sie haben wohl die wenigste Schuld daran, dass der SCM jetzt in die A-Klasse absteigen muss“, meint Goebel: „Aber dass ein Verein nach einem Misserfolg die Reißleine zieht und es meistens die Trainer als schwächstes Glied erwischt, das ist halt im Fußballgeschäft oftmals so. Damit muss man immer rechnen, wenn man so ein Amt ausübt – auch wenn es mir für die Beiden aktuell sehr leid tut.“
Das sagt der geschasste Co-Trainer
„Für mich ist es das nun endgültig in Sachen SCM gewesen. Ich habe meine Mitgliedschaft bei ihm mit sofortiger Wirkung gekündigt“, erklärt Hofmann. Seine aktuelle Stimmungslage: eine Mischung aus Verärgerung, Enttäuschung und Fassungslosigkeit. Erst in der Winterpause war er von der DJK Langenmosen II nach Mühlried zurückgekehrt, um seinen in sportlicher Hinsicht ins Schlingern geratenen Heimatverein zu unterstützen. Nun gut: Den Abstieg aus der Kreisklasse Aichach konnte auch der 36-Jährige nicht mehr verhindern („Uns als Mannschaft fehlte dazu letztlich die Qualität, da brauchen wir nichts schönzureden“). Aber dass ihn der SCM jetzt vor die Tür setzen würde – „das hatte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können“, so Hofmann: „So geht man nicht miteinander um.“
Als Hauptgrund für die Trennung sei ihm genannt worden, dass sich die Spieler eine Veränderung auf dem Trainerposten wünschen würden. „Darüber kann aber ich nur den Kopf schütteln. Ich habe inzwischen einige aus der Mannschaft darauf angesprochen – und niemand hat hiervon etwas gewusst.“, erzählt Hofmann frustriert. Seit dem Winter habe er versucht, wirklich alles für den SCM zu geben – so, wie es einfach seine Art sei. „Und jetzt das... Wenn ich gewusst hätte, wie sich die Dinge in Mühlried entwickeln, dann wäre doch niemals aus Langenmosen weggegangen“, so der 36-Jährige.
Wie es für ihn jetzt fußballerisch weitergeht, stehe noch in den Sternen. „Grundsätzlich bin ich für alle Schandtaten bereit – und am liebsten würde ich im Altlandkreis Schrobenhausen bleiben“, sagt Hofmann: „Allerdings nur bei einem Verein, bei dem ich spüre, dass ehrlich miteinander umgegangen wird. Beim SCM ist das inzwischen ja leider nicht mehr der Fall.“
Das sagt der geschasste Cheftrainer
„Als ich im Winter frühzeitig meinen Vertrag über den Sommer 2024 hinaus verlängerte, da war mit von SCM-Seite noch mitgeteilt worden, wie froh sie doch darüber seien“, erinnert sich Slupik: „Hätte sich der Verein schon damals dahingehend geäußert, dass er sich für die kommende Saison komplett neu aufstellen möchte, wäre das für mich kein Problem gewesen. Aber mir dann erst zwei Tage vor dem letzten Spieltag schnell mal mitzuteilen, dass für mich nach der letzten Partie Schluss in Mühlried ist, das geht gar nicht. Ich spiele nun schon seit rund 30 Jahren Fußball und war bei vielen Vereinen aktiv gewesen – aber so ein bodenloses Verhalten ist mir noch nie untergekommen.“
Das Ganze schmerze ihn umso mehr, da er SCM-Abteilungsleiter Stohl bislang zu seinen Freunden gezählt habe: „Das ist nun aber vorbei. Stefan braucht mich gar nicht mehr anzurufen und soll mir bitte auch nicht mehr vor die Augen treten. Ich bin maßlos von ihm enttäuscht – und zudem stocksauer.“
Natürlich habe auch er selbst nicht alles richtig gemacht, und selbstverständlich stünden unter dem Strich zwei Abstiege mit ihm als verantwortlichen Coach. „Aber in diesem Zusammenhang muss man auch erwähnen, dass wir in den vergangenen drei Jahren 14 Abgänge zu verkraften hatten“, so Slupik: „Bei so einem Aderlass war halt selbst in der Kreisklasse der Abstieg nicht mehr zu vermeiden – obwohl sich Ferdi und ich im letzten halben Jahr nochmals so richtig den Hintern aufgerissen haben. Aber mittlerweile glaube ich, dass wir auch geflogen wären, wenn wir den Klassenerhalt geschafft hätten. Der Plan mit Tobi Goebel als neuen Chef war meiner Meinung nach schon vor Längerem gefasst worden.“
Und wie geht’s für ihn nun weiter? „Dass ich so nicht mit dem Fußball aufhören kann, das ist Fakt. Dafür liebe ich diesen Sport viel zu sehr“, sagt Slupik: „Folglich werde ich nach der Sommerpause bestimmt einen neuen Verein haben. Und was der SC Mühlried dann in der Saison 2024/25 machen wird, ist mir vollkommen wurscht.“
SZ