Die Isar Rats zum Titel geführt
Der Meisterschuss des Sheriffs: Patrick Geiger und das Eishockey-Märchen in Dingolfing

03.04.2023 | Stand 17.09.2023, 0:02 Uhr

Der Schuss zum Titel: Patrick Geiger bejubelt sein Tor zum 3:1 gegen Haßfurt. −Foto: Eva Fuchs

Von Andreas Forster

Als Anfang Januar das Smartphone des 33-jährigen Eishockeyspielers Patrick Geiger klingelt, nimmt die Saison nicht nur für ihn, sondern auch für den EV Dingolfing eine unglaubliche Wendung. Der Ex-Profi, der unter anderem in Berlin, Schwenningen und seinem Heimatverein Deggendorf auf Torejagd gegangen war, muss eine schnelle Entscheidung treffen. Sie stellt sich als Volltreffer heraus. Für Geiger. Und für Dingolfing.

Drei Monate später: Als sich der ein oder andere Dingolfinger auf den Tatort im Ersten Deutschen Fernsehen freut, ist in der Marco-Sturm-Eishalle zur gleichen Zeit die Hölle los. Im Fokus: Der 33-jährige Verteidiger, der sich zur Primetime, in der entscheidenden Phase der Saison, das Tor des Jahres aufgehoben hat. Perfektes Timing kann man das nennen, denn Geiger marschiert in unnachahmlicher Art durch die Haßfurter Defensive. Im Stile eines Felix Neureuther lässt er die Gegenspieler wie Slalomstangen stehen und schiebt mit der Rückhand zum entscheidenden 3:1 im Finalspiel fünf gegen Haßfurt ein. Es ist das Meisterstück von Geiger – und der vorläufige Höhepunkt einer Beziehung, die kaum besser hätte laufen können.

Geiger? Für viele zunächst eine überraschende Wahl

Sie beginnt Anfang Januar. Der aufstrebende Verein aus Niederbayern ist auf der Suche nach einem Mann, der den Unterschied ausmachen kann. Einige Kontingentspieler sind im Gespräch. Der Verein entscheidet sich jedoch – zunächst für viele überraschend – für den 33-jährigen Patrick Geiger, der vor einem Jahr von den Passau Black Hawks keinen Vertrag mehr bekam und zum ESC Vilshofen wechselte.

Vilshofen hatte gerade eben die Qualifikation für die Meisterrunde verfehlt, doch ein Spieler stach in den Duellen gegen Dingolfing immer heraus. Patrick Geiger mit der Rückennummer 66. Ein Allrounder – vorne wie hinten gleich stark. Und ein verdammt unangenehmer Gegenspieler. Der Kontakt zum ehemaligen Juniorennationalspieler ist schnell hergestellt. Die Eishockeywelt in Niederbayern ist klein. Man kennt sich, weiß um die Stärken und Schwächen jedes Spielers.

Fans dichten Song für Geiger um



Richtig ernst wird es, als bei Geiger das Telefon klingelt und EVD-Trainer Bernie Englbrecht am anderen Ende spricht. „Das hat mich schon geehrt und wir waren sofort auf einer Wellenlänge“, sagt Geiger. Nun muss nur noch die Freigabe vom ESC Vilshofen erfolgen. Da die Abstiegsgefahr bei den Wölfen gen Null tendiert, stempelt der Verein den Pass frei und Geiger wechselt nach Dingolfing.

Bereits beim ersten Einsatz im EVD-Trikot in der Meisterrunde gegen Burgau zeigt er sein großes Potenzial. Harter Schuss, kompromissloses Körperspiel und den Blick für den Nebenmann.Mit dem Neuzugang marschiert der EV Dingolfing durch die Meisterrunde. Doch in den Playoffs zählen andere Gesetze. Dies muss der Topfavorit bereits im ersten Spiel erfahren. Nach der Heimniederlage im Halbfinale gegen Sonthofen steht der EVD mit dem Rücken zur Wand. Doch das Duo Hofbauer/Geiger, das in den Playoffs an mehr als der Hälfte der Treffer direkt beteiligt ist, dreht die Serie gegen die starken Allgäuer. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wird der Spieler mit der Nummer 66 als Publikumsliebling in der Marco-Sturm-Eishalle gefeiert.


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Es kommen nicht nur immer mehr Zuschauer zu den Spielen. Auch die Kreativität des Anhangs kennt keine Grenzen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Fans dichten den Eurodance-Technohit „No Limit“ von 2 Unlimited einfach um. Es heißt ab sofort „Geiger, Geiger, Geiger, Geiger, Geiger … Patrick Geiger“. So viel Liebe für einen Spieler hatte es in Dingolfing vielleicht für Jason Dunham, Kevin Pastachak oder Markus Simbeck gegeben.

Die Fans honorieren, wie das Deggendorfer Eigengewächs die schnellste Mannschaftssportart der Welt zelebriert. Jeder Wechsel Vollgas. Sheriff nennen ihn die Fans bei seinen früheren Vereinen – weil er kompromisslos aufräumt auf dem Eis. „Natürlich ist es schön, dass die Fans es honorieren, wenn man mit Leidenschaft spielt“, erklärt Geiger. Das pushe ungemein. Neben Kampf und Einsatz kreiert der Allrounder aber auch immer wieder Momente, die spielentscheidend sind. Wie eben jenen um 20.11 Uhr im fünften Finale gegen Haßfurt.

Geiger hat auch in der Bayernliga viel vor

Geiger ist froh, die Entscheidung für Dingolfing getroffen zu haben. Zwar sei der Aufstieg in die Bayernliga eine Art „Mission“ gewesen, „doch ich würde gerne hier bleiben, weil man in den kommenden Jahren sicherlich etwas aufbauen könnte“, gibt Geiger klar zu verstehen. In der höheren Liga sei durchaus einiges möglich, wenn man mit dem Herz am rechten Fleck spiele und eine gute Mannschaft zusammenstelle. Dann wäre mit Sicherheit Zeit für weitere geniale Momente der Nummer 66. Die Fans würden es ihm danken. Vielleicht mit einem neuen Lied?


Den ganzen Bericht lesen Sie in der Printausgabe vom 4. April, Sport.