Gruppensieg in Königsklasse
„Historisch!“, „Sensationell!“, „Wahnsinn!“: Die unglaubliche Reise der Straubing Tigers

13.10.2022 | Stand 13.10.2022, 18:00 Uhr

Jubel, Trubel, Europapokal: Es ist ein eingespieltes Ritual, dass die eingefleischten Fans nach einem so grandiosen Erfolg wie dem CHL-Gruppensieg ihre Idole zu sich in die Südwestkurve rufen – und in diesem Fall die starken Youngster Florian Bugl (Shutout als Torwart im ersten CHL-Einsatz) oder Yuma Grimm zum Jubel an die Bande holen. −Foto: Schötz

Von Werner Schötz

„Historisch!“, „Sensationell!“, „Wahnsinn!“ – langsam gehen selbst den kritischsten Berichterstattern und neutralen Beobachtern die Superlative aus für das, was da gerade am Straubinger Pulverturm abgeht:

Der am späten Dienstagabend von den Straubing Tigers perfekt gemachte Gruppensieg in der „Königsklasse“ des europäischen Eishockeys – per 8:0-Kantersieg über den Villacher SV bei gleichzeitiger 3:4-Niederlage des schwedischen Top-Favoriten Färjestad BK Karlstad in Polen – ist jedenfalls der bisher emotionalste Höhepunkt einer langen Reise. Einer sehr langen Reise.

Nur die Ü-60-Fans der Straubing Tigers können sich noch daran erinnern, wie es vor gut einem halben Jahrhundert begann mit der Professionalisierung des Eishockeys im Gäuboden beim TSV Straubing – am einstigen Natureis-Weiher am Moosmühlbach mit ein paar Holztribünen. Dann der Stadion-Neubau mit Kunsteisfläche Ende der 60er-Jahre, die Verpflichtung der ersten Kanadier Mitte der 70-er Jahre – zwei „wilde“ Hunde namens Lei Hartviksen und Terry Robitaille, deren Fäuste notfalls schneller flogen als der Puck.

Die Protagonisten der Neuzeit am Pulverturm heißen Taylor Leier, Luke Adam, Travis St. Denis – sie schreiben mit ihren Toren gerade Europapokal-Geschichte. Und Erfolgscoach Tom Pokel konnte es sich im eigentlich bedeutungslosen letzten CHL-Gruppenmatch gegen Villach (man war bereits fürs Achtelfinale qualifiziert) leisten, auf wichtige Leistungsträger wie Connolly, Akeson, Lipon oder Nr.1-Torwart Hunter Miska zu verzichten. „Sie waren alle leicht angeschlagen, da merkt man einfach die Doppelbelastung in der DEL und der CHL“, rechtfertigte Pokel den Ersatz durch junge Förderlizenz-Spieler. Gleiches hatte wohl auch sein Villacher Kollege Rob Daum im Sinn, der gleich 14 Stammkräfte zuhause ließ und eine verstärkte Juniorentruppe aufs Eis schickte. Diese konnte erwartungsgemäß den nach der jüngsten 2:7-Schlappe in Köln um Wiedergutmachung bemühten Tigers nicht viel mehr als Einsatzwillen und einen überragenden Backup-Torwart Alexander Schmidt (48 Schüsse pariert!) entgegensetzen.

Für so richtig Partystimmung sorgten an diesem wieder mal historischen Abend fürs Straubinger Eishockey freilich weniger die acht Tore durch Kapitän Sandro Schönberger/2, Luke Adam/2, Taylor Leier, Cody Lampl, Marcel Brandt und Tim Brunnhuber als vielmehr der nicht minder sensationelle Patzer von Gruppensieg-Konkurrent Färjestad BK Karlstad beim polnischen Außenseiter Comarch Cracovia (Krakau). Die unglaubliche Reise des Straubinger Eishockeys ist also um ein attraktives Ziel im CHL-Achtelfinale (siehe Kasten unten) reicher. Und wer weiß, ob sie dann schon zu Ende sein muss – diese Tigers sind für weitere Sensationen gut.