Vier glatte Siege in Folge gab es zuletzt im Oktober 2022 – in Frenchs Debütsaison beim ERC, die mit der Vizemeisterschaft endete. Mit insgesamt 13 Punkten und 20:11 Toren nach fünf Spielen haben die Panther nun den besten Saisonstart ihrer DEL-Geschichte hingelegt.
Mark French ist ein höflicher Mensch. Man wisse, dass man in der Schwenninger Arena sofort hellwach sein müsse, der Powerplay-Treffer der Wild Wings zum 1:0 sei toll vorbereitet worden, und sicher habe der 2:2-Ausgleich früh im Schlussdrittel seinem Team in die Karten gespielt, sagte der Trainer des ERC Ingolstadt am Dienstag nach dem 6:3 (1:1, 0:1, 5:1) am fünften Spieltag der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bei den Wild Wings.
Alles richtig – doch ehrlicher und treffender fiel die Analyse Steve Walkers aus. „Mark war in seinem Urteil ziemlich nett zu uns“, meinte der Schwenninger Coach. „Vom ersten Bully weg waren uns die Ingolstädter einen Schritt voraus, in vielen Fällen sogar zwei. Ohne unseren Goalie Joacim Eriksson hätte es schon vor dem Schlussdrittel leicht 5:1 für sie stehen können.“
French: „Lektion in Beharrlichkeit“
Weil jedoch zunächst nur Daniel Schmölz den Schweden überwinden konnte (19.), kam die ERC-Explosion – wie zwei Tage zuvor beim 5:3 in Iserlohn – erst mit fünf Treffern im Schlussdrittel: Leon Hüttl (41.) glich aus, Alex Breton, Philipp Krauß (beide 48.) und Enrico Henriquez (49.) stellten innerhalb von 72 Sekunden auf 5:2, Schmölz (56.) machte in doppelter Überzahl endgültig den Deckel drauf. „Wir haben das Selbstvertrauen und die Klasse im Team, dass der Knoten platzt, wenn wir ein Tor schießen“, fasste Schmölz am Mittwoch im Gespräch mit unserer Zeitung zusammen. „Das Spiel war eine Lektion in Beharrlichkeit“, ergänzte French. „Wenn man immer weiter das Richtige tut, wird man belohnt.“
So erfolgreich wie seit zwei Jahren nicht
Vier glatte Siege in Folge gab es zuletzt im Oktober 2022 – in Frenchs Debütsaison beim ERC, die mit der Vizemeisterschaft endete. Mit insgesamt 13 Punkten und 20:11 Toren nach fünf Spielen haben die Panther nun den besten Saisonstart ihrer DEL-Geschichte hingelegt. So gut aus den Blöcken waren sie zuletzt 2004/05 gekommen (13 Punkte/14:5 Tore). 2018/19 hatte der ERC zum selben Zeitpunkt zwölf Zähler (21:12 Treffer). An diesem Freitag (19.30 Uhr/Saturn-Arena) will der Tabellenführer gegen Schlusslicht Düsseldorfer EG nachlegen. „Wir dürfen niemanden auf die leichte Schulter nehmen“, so Schmölz. „Aber wenn wir unser Eishockey spielen, sind wir schwer zu schlagen.“ Die Hauptgründe für den Raketenstart.
• Schlüsseltransfers: Der ERC hat wieder drei statt zwei Importspieler in der Verteidigung – diese Entscheidung macht sich schon jetzt durch defensive Abgeklärtheit, sicheren Spielaufbau und mehr Torgefahr bezahlt. Breton hat bereits dreimal getroffen und ist eine Stütze des Powerplays, Morgan Ellis überzeugt mit Routine und Autorität. Im Angriff gelangen Myles Powell zwei Siegtreffer, auch Riley Sheen und Kenny Agostino sind bislang absolute Verstärkungen. Ein unerschrockener Wühler vor dem Tor wie Schmölz fehlte dem ERC im Vorjahr. Aber auch bewährte Kräfte – allen voran Hüttl (sechs Punkte) und Wojciech Stachowiak (fünf) beweisen exzellente Frühform. „Wir spielen mit gutem Tempo und die Jungs zeigen das Engagement, das wir von ihnen verlangen“, lobt French. Das Panther-Spiel ist wieder konstanter und erinnert an 2022/23.
• Ausgeglichenheit: 18 der 24 Ingolstädter Feldspieler haben schon mindestens einen Scorerpunkt geliefert. Die 20 Treffer verteilen sich auf elf verschiedene Schützen – das macht die Panther schwer ausrechenbar. „Das Schwenningen-Spiel ist ein gutes Beispiel. Wir konnten mit vier Reihen spielen – ein Luxus. Wenn nicht nur die klassischen Scorer torgefährlich sind, lässt sich die Belastung besser verteilen“, sagt French. Der breite Kader stellt den 53-Jährigen aber auch vor Herausforderungen, denn stets muss eine Handvoll Profis zuschauen. „Wir Trainer arbeiten hart, um die richtigen Entscheidungen zu treffen“, so French. Kriterien seien zum Beispiel Trainingseindrücke oder Stärken und Schwächen des jeweiligen Gegners. „Die Breite des Kaders spielt eine große Rolle“, findet Schmölz. „Jeder kann fast jede Aufgabe übernehmen.“
• Widerstandsfähigkeit: Bei den heimstarken Wild Wings sei der ERC „physisch und – noch wichtiger – mental bereit“ gewesen, stellt French fest. Von Rückständen lasse man sich nicht verunsichern: „Wenn wir ein Tor kassieren, bricht keine Panik aus. Wir bleiben bei unserem Plan, das wird belohnt.“ 2022/23 war das „Champions Finish“ – ein gewonnenes Schlussdrittel – eine große Stärke. Daran knüpfen die Panther mit 13:2 Toren in den letzten 20 Minuten wieder an. „Darauf sollten wir uns aber nicht verlassen“, sagt Schmölz, und French bremst: „Uns ist bewusst, dass die Saison erst begonnen hat.“ Zudem fehlen noch Vergleiche mit DEL-Top-Teams.
• Powerplay: Das Überzahlspiel war mit 16,6 Prozent Erfolgsquote eine der Baustellen der vergangenen Spielzeit. Aktuell führen 23 Prozent der Ingolstädter Powerplays zum Erfolg, Schmölz traf gegen Schwenningen zweimal. Insgesamt spielte der ERC 26-mal in Überzahl (DEL-Top-Wert) – ein Indiz dafür, dass sich die Gegner häufig nur mit Fouls zu helfen wissen. Das Unterzahlspiel ist indes ausbaufähig.
ERC IN KÜRZE
• Personal: Die Stürmer Charles Bertrand (leicht erkrankt) und Abbott Girduckis (leichte Unterkörperverletzung) könnten an diesem Freitag gegen die DEG in den Kader zurückkehren, die Entscheidung fällt kurzfristig. Ob Devin Williams seinen zweiten Saisoneinsatz bekommt oder wieder Michael Garteig im Tor steht, verriet Trainer Mark French noch nicht.
• Gegner: Im Gegensatz zum ERC vermasselten die als Abstiegskandidat gehandelten Düsseldorfer den DEL-Auftakt: Nach fünf Partien stehen für Steven Reinprechts Team erst zwei Punkte, 9:22 Tore und Tabellenplatz 14 zu Buche. Auch im Powerplay zählt die DEG bislang zu den schwächsten Mannschaften. Allerdings lieferten die Rheinländer Vizemeister Bremerhaven am Dienstag beim 1:3 einen beachtlichen Kampf. „Sie haben mit Henrik Haukeland einen starken Torhüter, und auch andere Spieler müssen wir im Blick haben“, warnt French etwa mit Blick auf Topscorer Brendan O’Donnell (vier Punkte). Die Verteidiger Torsten Ankert (Schulterverletzung, fällt drei Monate aus) und Oliver Mebus (Armblessur, drei Wochen Pause) fehlen.