Die Schlussdrittel-Spezialisten haben wieder zugeschlagen: Dank vier Treffern im letzten Spielabschnitt hat der ERC Ingolstadt gegen die Kölner Haie noch 5:4 (1:2, 0:1, 4:1) gewonnen. Alex Bretons Siegtreffer 39 Sekunden vor Schluss verwandelte die Saturn-Arena in ein Tollhaus.
Weil sich die Eisbären Berlin eine 2:3-Niederlage nach Verlängerung bei der Düsseldorfer EG leisteten, bauten die Panther ihre Tabellenführung in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) aus.
„Es war hart, Räume gegen diese strukturierte Mannschaft zu finden. Aber ich bin stolz darauf, wie die Jungs im dritten Drittel auf den Zwei-Tore-Rückstand geantwortet haben. Das zeigt unseren Glauben“, sagte ERC-Trainer Mark French. „Wir haben in den kritischen Situationen nicht so gut gespielt, das hat der Gegner ausgenutzt“, meinte Haie-Coach Kari Jalonen.
Erstmals seit dem 20. September des vergangenen Jahres stand im Haie-Tor Tobias Ancicka, der seine langwierige Handverletzung auskuriert hat. Bei seinem zweiten Saisoneinsatz dauerte es jedoch keine vier Minuten, bis der junge Nationaltorhüter den Puck schon aus dem Netz holen musste: Nach Vorarbeit von Alex Breton und Abbott Girduckis, der für Charles Bertrand ins Team gerückt war, drückte Noah Dunham das Spielgerät zum 1:0 über die Linie (4.). Auch wenn der Kölner Elias Lindner noch dran war: Es zählte als zweiter Saisontreffer des 22-jährigen Dunham.
Effiziente Kölner Haie
Die Gäste beeindruckte der Rückstand nicht: Devin Williams musste nach Fehlpass Leon Hüttls gegen Maxi Kammerer retten (5.), und nach knapp neun Minuten des munteren Duells fiel der Ausgleich. Trotz langer Druckphase der Panther schafften die Haie über Moritz Müller die Befreiung, und Justin Schütz vollendete den Konter zum 1:1.
Insgesamt agierte der ERC zwar klar überlegen, allerdings zu passverliebt – auch in Überzahl. Girduckis probierte es per gefährlichem Abfälscher (11.), Daniel Pietta aus zentraler Position (14.) – beide Versuche waren letztlich erfolglos. Anders die Kölner, die plötzlich wieder zu viel Platz im Ingolstädter Drittel hatten und die Partie durch Veli-Matti Vittasmäkis Treffer drehten (15.). In ihrem zweiten Powerplay konnten die Panther sogar von Glück sagen, dass Josh Currie das lange Eck bei seinem Unterzahl-Solo knapp verfehlte (20.).
So unterhaltsam ging es nach der ersten Pause nicht weiter: Der KEC durfte sich ebenfalls in Überzahl versuchen, doch der ERC behielt den Überblick. In der Offensive bissen sich die Panther nun häufiger die Zähne am strukturierten Kölner Spielsystem aus – erst zur Hälfte des Drittels kamen Riley Sheen mit der Rückhand (30.) und Philipp Preto, der am Außenpfosten scheiterte (31.), zu Chancen.
Pietta schafft 800. Scorerpunkt
Wesentlich effizienter waren die Haie: Currie erwischte Williams mit einem haltbaren Schuss im kurzen Eck – 1:3 aus ERC-Sicht (34.). Bei einem weiteren Gegenstoß hatte Parker Tuomie den vierten Kölner Treffer auf dem Schläger, wurde jedoch noch entscheidend gestört (35.). Für den Tabellenführer versuchte es Leon Hüttl zweimal, auf der Gegenseite setzte Schütz die Scheibe an die Oberkante der Latte (37.). „Köln ist relativ defensiv eingestellt, bis jetzt fehlt uns die Lösung, wie wir da durchkommen“, analysierte Philipp Krauß bei Magenta Sport.
Immerhin holte Austen Keating quasi mit der Sirene zur zweiten Pause das dritte Powerplay für den ERC raus – was Daniel Schmölz auf seine unnachahmliche Art aus dem Gewühl und aus der Luft zum Anschlusstreffer nutzte (42.). Die große Gelegenheit zum Ausgleich verpasste Pietta, ehe Keating nur Sekunden später tatsächlich auf 3:3 stellte (47.). Die Vorlage kam von Pietta, der damit seinen 800. Scorerpunkt in der DEL verbuchte.
Wilde Schlussphase bis zur Ekstase
Danach passierte erst wenig, doch plötzlich ging es Schlag auf Schlag: Ex-Panther Frederik Storm fälschte zum 4:3 für die Haie ab, 14 Sekunden später glich Philipp Krauß zum 4:4 aus (54.). „Es waren noch sechs Minuten Zeit. Wir haben vorher zwei Tore aufgeholt, warum nicht noch mal eins?“, beschrieb der Torschütze seine Gedanken.
Wayne Simpson lenkte einen Breton-Knaller ans Gestänge (55.), ehe es Breton 39 Sekunden vor dem Ende noch mal probierte. Diesmal ging der Puck durch und schlug zum umjubelten Ingolstädter Sieg im Tor ein (60.). „Das ist auch ein bisschen Glück, aber das haben wir uns erarbeitet“, meinte Krauß. Nur der Sirtaki des Teams wollte unter dem Jubel der Fans nicht so recht klappen. „Solange wir gewinnen, können wir noch ein bisschen üben“, schloss Krauß mit einem Lachen.
ERC Ingolstadt: Williams – Hüttl, Bodie; Wagner, Preto; Ellis, Breton – P. Krauß, Pietta, Keating; Dunham, Girduckis, J. Krauß; Schmölz, Stachowiak, Sheen; Simpson, Powell, Agostino.
Kölner Haie: Ancicka – Sennhenn, Vittasmäki; Müller, Austin; Almquist, Glötzl – Grenier, Aubry, Schütz; Münzenberger, Tyrväinen, Kammerer; Niedenz, Currie, Tuomie; Storm, Wohlgemuth, Lindner; van Calster.
Schiedsrichter: Frano/Janssen. – Tore: 1:0 Dunham (4.), 1:1 Schütz (9.), 1:2 Vittasmäki (15.), 1:3 Currie (34.), 2:3 Schmölz (42./PP1), 3:3 Keating (47.), 3:4 Storm (54.), 4:4 P. Krauß (54.), 5:4 Breton (60.). – Strafminuten: 4/8. – Zuschauer: 4341.