Manchmal verschlägt einen das Leben zur rechten Zeit an den rechten Ort. Martin Ancicka war weniger als halb so alt wie jetzt, als es ihn 1997 nach Regensburg verschlug. Die Stadt ließ den Tschechen aus der Jaromir-Jagr-Town Kladno, der längst den deutschen Pass hat, nicht mehr los. „Regensburg ist mein Zuhause und war von der ersten Sekunde an meine große Liebe.“
Einen Lieblingsplatz hat er nicht: „Die ganze Stadt ist mein Lieblingsplatz“, sagt er. Am Dienstag, 1. Oktober, wird der ehemalige Eishockey-Verteidiger und heutige Spielerberater 50 Jahre alt.
Martin Ancicka kam zum EVR, als der Verein den Beinamen Eisbären noch gar nicht kannte – und unter freiem Himmel spielte. Sein erster Eindruck vom alten Freiluftstadion an der Nibelungenbrücke, in dem bis 1999 gespielt wurde, war für den Mann aus einer Eishockeynation wie Tschechien zwar befremdlich und andere Angebote wie das aus Bad Tölz gab es damals auch, doch der damalige Trainer Jiri Ehrenberger, der gerade einen durchaus kritisch beäugten radikalen Umbruch im Kader vollzog, zeigte ihm die Stadt – und es war um Ancicka geschehen.
Fünf Deutschland-Stationen
Regensburg wurde nicht die sportlich bedeutendste, aber die persönlich wichtigste der fünf Deutschland-Stationen des Martin Ancicka. Er, der gerne seine Kringel drehte (und manchmal auch einen zuviel), stieg in Regensburg zur Legende auf und ist mit 504 Skorerpunkten in 421 Partien auf Rang vier der produktivste Verteidiger aller Zeiten, dazu überraschenderweise mit 793 Strafminuten aber auch der böseste EVR-Bube aller Zeiten.
Martin Ancicka war trotzdem der erste Spieler, dessen Rückennummer es nach dem Karriereende mit Abschiedsspiel 2013 in Regensburg unter das (lange ja gar nicht vorhandene) Hallendach schaffte. Er wurde ob seiner technisch so feinen Spielweise schnell gefeiert. „Wunderbar, Superstar“ riefen die Fans immer bei der Teamvorstellung vor den Partien bei der Nennung seines Namens hinterher.
Ancickas 27, die unter anderem dem Geburtstag seiner Zwillinge Caroline und Tobias geschuldet ist, wollten viele haben: Petr Fical drehte sie zur 72 um, Marian Bazany – beide wie Ancicka (48 Einsätze) später Nationalspieler – ließ die Zwei weg und trug nur die Sieben. Verteidiger Ancicka, der es noch als Regensburger 2006 ins Nationalteam schaffte und mit Deutschland aus der B-Gruppe aufstieg, verließ den EVR zweimal: 1999 Richtung Bietigheim, 2006 Richtung Mannheim – und kehrte 2002 und 2011 wieder zurück.
Nach der ersten Rückkehr folgte die bis zum DEL-2-Titel 2024 erfolgreichste Ära des Regensburger Eishockeys mit Trainer Erich Kühnhackl und Manager Jiri Lala. Die zweite Rückkehr sieht er selbst heute kritisch: „Das würde ich nicht mehr machen.“ Genauso als falsch sieht er seinen Abgang nach zwei Spielzeiten in Mannheim an, wo er im ersten DEL-Jahr gleich deutscher Meister und Pokalsieger geworden war. „Das war meine ständige Unzufriedenheit.“
„Das kannst du nicht erzeugen“
Mit Regensburg waren seine Frau Lucie und er nie unzufrieden. Beim MZ-Gespräch steht Martin Ancicka auf dem Golfplatz in Thiergarten auf einem Hügel und schaut auf Regensburg. „Ein einmaliger Blick“, sagt er und erzählt die Geschichte, als er eines Abends nach einem Länderspiel auf der Autobahn in Nittendorf abfuhr, Richtung Regensburg tuckerte, rechts den beleuchtenden Dom sah und sagte: „Da sammer daheim. Das ist ein Gefühl, das kommt von alleine. Das kannst du ned erzeugen.“
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