19 Gegentore und drei Niederlagen in den zurückliegenden drei Spielen: Es ging den Eisbären aus Regensburg schon mal deutlich besser. Vergangene Saison als Meister der zweiten Eishockey-Liga sowieso, aber auch im ersten Viertel der aktuellen DEL-2-Hauptrunde. Jetzt gilt es, sich in den noch drei Spielen vor der traditionellen Deutschland-Cup-Pause im November wieder zurück in die Spur zu begeben.
Nach dem 3:9-Desaster von Landshut wartet heute ab 19.30 Uhr bei den Selber Wölfen die erste Chance zur Derby-Wiedergutmachung. Das aktuell Prickelnde in der Tabelle daran: Selb steht einen Zähler hinter den Eisbären auf dem ersten Playdown-Platz auf Rang elf, den das Team von Trainer Ville Hämäläinen ja vermeiden will, um den Klassenerhalt wieder vorzeitig sicher zu haben. Am Sonntag (17 Uhr) kommt mit den zuletzt so starken Starbulls Rosenheim der Tabellensechste (22 Punkte) in die Donau-Arena.
Einer, der in Selb besonders gerne auch ergebnistechnisch Grund zu feiern hätte, ist Constantin Ontl: Im siebten Jahr ist der Neuzugang von 2018 jetzt Eisbär, macht in Oberfranken die 300 Spiele im Eisbären-Trikot voll und nähert sich nach Skorerpunkten (82 Tore + 111 Vorlagen = 193) der 200er-Marke. „Die Zeit ist schnell vergangen“, geht es dem 26-Jährigen wie so vielen anderen Menschen auch. „Armin Wolf hat mir schon in Crimmitschau von dem Jubiläum erzählt. Auf der Rückfahrt im Bus habe ich ein bisschen darüber nachgedacht“, sagt er und erinnert sich an sein erstes Spiel. „Das war in der Vorbereitung zuhause gegen Hamburg.“
Besonderer Trophäenplatz
Neben der inzwischen vielzitierten Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre, als die Eisbären mit Ontl im Team im D-Zug-Tempo vom Oberliga-Letzten zum Zweitligameister aufstiegen, blieb ein persönlicher Erfolg in Erinnerung. „Consti“ Ontl hatte den vielleicht verdattertsten Gesichtsausdruck aller Wahlsieger seit 1999, als sein Name im Marinaforum in Regensburg als „Spieler der Saison“ aufgerufen wurde. „Ich wusste damals gar nicht, dass es so eine Wahl gibt“, sagt Ontl und ehrt die Trophäe noch heute. „Sie steht zuhause im Wohnzimmer über dem Fernseher.“ So fand die Saison damals für Ontl, der in den vermurksten Playoffs schulterverletzt fehlte, doch „ein kleines positives Ende“.
Der gebürtige Bad Tölzer aber setzt längst generell andere Prioritäten als Tore, Punkte und persönliche Pokale. „Wenn‘s als Kind zur Oma zum Kuchenessen ging, wurde ich im Jugend-Eishockey schon gefragt, wie viele Tore ich geschossen habe. Heute blocke ich lieber zwei Minuten vor Schluss einen Schuss, als in der dritten Minute ein Tor zu schießen: Das hat mir persönlich viel gebracht.“
Das Meisterjahr und der dort gelebte und erlebte Teamgeist prägte Ontl. „Jeder hat seine Rolle akzeptiert und so gut es ging umgesetzt.“ Neben dem Eis hat Constantin Ontl seine Kochkünste in den vergangenen sieben Jahren entwickelt und die Liebe zu Nudeln entdeckt, die er am liebsten im „Pasta Rustica“ in der Regensburgs Stadtmitte bei Carbonara auslebt. „Da bin ich viermal die Woche.“
Nicht nur Ontl erinnerte der Auftritt in Landshut vom vergangenen Sonntag übrigens an das 4:9 in der Vorsaison Ende Dezember in Kassel – einem der Wendepunkte damals. „Im zweiten Drittel klappte bei Landshut alles, bei uns gar nichts. Dennoch darf so etwas in einem Derby nicht passieren“, sagt er und „fühlt sich in dieser Mannschaft genauso wohl. Es gibt keinen, mit dem ich nicht auskomme. Auch der Trainer passt perfekt und ist ein Charakter wie Max (Meistertrainer Kaltenhauser, d. Red.). Aber klar ist der Druck höher – und jeder möchte den Meister schlagen. Wir müssen einfach von Spiel zu Spiel denken: Die Hauptsache ist der Klassenerhalt – und umso länger wir dann spielen dürfen, umso besser.“
Morley und Bühler zurück
Immerhin wird die Personallage besser: Coach Ville Hämäläinen, der in Selb Eetu Laurikainen ins Tor stellt, kündigte die Rückkehr von Verteidiger Andre Bühler und auch von David Morley nach ihren Blessuren an. Letzterer steht wie Olle Liss bei den Fans in der Kritik. „Vielleicht helfen Olle die zwei Tore“, hofft Hämäläinen, dem jetzt nur noch Matej Giesl (Kieferbruch) und Richard Divis („Er ist aber zumindest auf dem Eis Schlittschuh gelaufen“) fehlen, auf zumindest einen positiven Effekt von Landshut. Und mit Timo Kose spielte sich trotz der miserablen Ergebnisse ein U-20-Youngster in den Vordergrund. „Er und auch sein Zwillingsbruder Fabio (ein Verteidiger, d. Red.) trainieren seit sechs Wochen mit uns. Das waren nicht seine letzten Einsätze“, weiß Ville Hämäläinen. „Er war gar nicht nervös. Anders als ich damals in meiner Spielerzeit“, erinnert sich der Trainer zurück.
Was Hämläinen auch weiß: „Klar müssen wir wieder besser spielen und wir haben das auch besprochen“, sagt er. Vornehmlich die Überzahlausbeute von schwachen vier Toren aus 41 Versuchen und damit nur 9,8 Prozent ist ein Faktor. „Wir sind da Vorletzter, aber in der X-Goals-Wertung stehen wir viel besser“, erklärt Hämäläinen eine Statistik hinter der Statistik. Die Torwahrscheinlichkeit wird längst auch im Eishockey gemessen. In Selb müssen aus den Chancen nur eben auch die nötigen Tore werden. Und es darf auch nicht mehr so oft bei den Eisbären einschlagen wie zuletzt.
Der 300er-Klub
Rangliste: Als 28. Spieler der EVR-Vereinsgeschichte tritt Constantin Ontl in Selb dem Klub der Spieler bei, die 300 Partien und mehr im Trikot der Regensburger absolviert haben und holt damit Meister-Eisbär Petr Heider (jetzt Freiburg) und Philipp Vogel (nicht mehr aktiv, jetzt Kommentator im Livestream) ein, die bei exakt 300 stehenblieben. An der Spitze liegt nach wie vor unangefochten Günther Dörfler (579 Spiele) vor dem aktuellen Kapitän Nikola Gajovsky (470), der vergangenes Wochenende Lukas Heger (468) überholt hatte.
Aktive: Auf Platz sechs lauert inzwischen Korbinian Schütz (440), der Stefan Huber (446) schon dicht auf den Fersen ist. Vor Constantin Ontl liegen aus dem aktuellen Kader außerdem nur noch Xaver Tippmann (365) und Jakob Weber (328). Langsam in 300er-Sichtweite rückt auch Richard Divis (266).
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