Ärger über neue Verordnung
Geisterspiele in Bayern: "Das ist so was von schizophren" – betroffene Vereine toben

08.12.2021 | Stand 18.09.2023, 22:26 Uhr

Sitzt den gesamten Dezember allein: Straubing-Tigers-Maskottchen Tigo wird niemanden im Stadion animieren können – weil in der DEL anders als beispielsweise in der Oberliga Süd keine Zuschauer zugelassen sind. −Foto: Stefan Ritzinger

Bayern macht die Schotten dicht, zumindest im Sport: Nur noch innerbayerische Duelle dürfen in diesem Jahr vor Zuschauern stattfinden. Für den Mannschaftssport gilt das sogar nur dann, wenn alle Teilnehmer einer Liga aus Bayern kommen. Dieser juristische Winkelzug als Teil einer Änderung am 15. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmengesetz führt zu einem kuriosen Zustand, der neutral betrachtet ein Missstand ist – und bei manchen Betroffenen heftigen Unmut weckt.

Während die Eishockeyklubs aus Deggendorf, Passau oder Rosenheim aufgrund ihrer rein bayerischen Oberliga Süd weiter vor Zuschauern spielen dürfen, bleiben die Türen bei DEL-Klub Straubing Tigers, DEL2-Ligist EV Landshut oder den Bundesliga-Volleyballerinnen aus Vilsbiburg und Straubing zu.

Gaby Sennebogen ist Geschäftsführerin der Straubing Tigers. Das niederbayerische Aushängeschild ist als Eishockey-Erstligist ein Zuschauermagnet, sein Stadion am Pulverturm ein Hort der ungefilterten Emotionen. Weil Berlin, Düsseldorf oder Köln bekanntermaßen nicht in Bayern liegen, muss der Klub auf Zuschauer verzichten. In der traditionell heißesten Eiszeit des Jahres rund um Weihnachten ist das schmerzhaft. Aus vier Dezember-Heimspielen (Wolfsburg, Ingolstadt, Krefeld, Köln) wird der Klub voraussichtlich keinen Euro aus Ticketing und Catering erlösen.

"Im Moment ist das für uns sehr unbefriedigend", sagt Sennebogen in diplomatischem Ton, "dass jemand bei uns den Schlüssel umdreht. Man verwehrt uns, Einnahmen zu generieren, auf der anderen Seite steht das aber nicht in Verbindung mit irgendeinem Angebot", klagt Sennebogen.

Im vergangenen Jahr war das noch anders: Der Bund und nicht das Land sperrte die Hallen zu, also öffnete der Bund den 200-Millionen-Euro-Topf der "Coronahilfe Profisport". Die Förderung läuft bis 31. Dezember, soll aber bis Ende März 2022 verlängert werden, wobei dann lediglich Umsatzverluste von Januar bis März einen Weg in den Antrag finden – der Dezember nicht.

So reagieren andere Vereine auf die Zuschauerregelung:

"Die Logik erschließt sich mir nicht"
NawaRo Straubing, 1. Volleyball-Bundesliga: Warum die zweite Mannschaft in der Regionalliga vor Zuschauern spielen darf, die "Erste" in der Bundesliga dagegen ohne Publikum auskommen muss, darüber herrscht in der Gäubodenstadt großes Unverständnis. "Diese Logik erschließt sich mir nicht", sagt Georg Kettenbohrer, der für die Medienarbeit bei NawaRo zuständig ist. Dennoch versucht man in Straubing, das Beste aus der erneut schwierigen Situation zu machen. Mit einer Fan-Aktion will der Bundesligist die Zuschauer zumindest virtuell in die Halle holen. "Jeder, der Lust hat, kann uns ein Foto schicken, das während des Spieltags auf unserer LED-Bande erscheint", so Kettenbohrer. Dass mit den Geisterspielen auch der VIP-Bereich geschlossen bleiben muss, trifft den Club aus finanzieller Sicht besonders hart.

"Das finde ich so was von schizophren!"
TV Dingolfing "Dingos", 2. Volleyball-Bundesliga: "Bei uns durften keine Fans in die Halle, beim Eishockey nebenan war’s erlaubt: Ich finde eine solche Entscheidung so was von schizophren", poltert der 1. Vorsitzende Anton Kiebler. "Ministerpräsident Markus Söder wollte wohl nur Fußballspiele mit viel Publikum verhindern und hat dabei die anderen Sportarten wie Eishockey, Basketball oder auch Volleyball vergessen. Wir haben eine große Halle und bei einer Auslastung von 25 Prozent könnten wir immer noch 300 Fans zuschauen lassen, zumal wir ja nur einen Durchschnitt von rund 200 Fans pro Heimspiel haben. Aber natürlich tut uns das auch weh, wenn keine Fans unseren Volleyball-Damen in der 2. Liga zusehen. Und in zwei Wochen haben wir das Derby gegen Vilsbiburg, da wären sicher 400 Leute gekommen. Ich bin mir aber sicher, dass die großen Klubs in Bayern bei sinkenden Inzidenzzahlen Druck machen werden, damit diese Regelung wieder aufgehoben wird."

Deggendorfer SC: Das ist für uns nicht rentabel
Deggendorfer SC, Eishockey-Oberliga Süd: Der DSC gehört zu den wenigen bayerischen Profivereinen, die Zuschauer zulassen dürfen, bis zu 25 Prozent der Stadionkapazität, also 667. Finanzvorstand Stefan Liebergesell macht deshalb aber keine Luftsprünge: "Es ist natürlich schön, dass wir Fans zulassen dürfen und unsere Verträge mit Sponsoren erfüllen können, aber wirtschaftlich gesehen ist das ein Draufzahl-Geschäft. Wir zahlen Catering, Security und Rettungsdienst und nehmen fast keinen Euro ein. Ich bin der Meinung, dass der Freistaat alle Vereine gleich behandeln sollte: Entweder überall so viele Zuschauer, dass es sich selbst trägt – oder keine und dafür Förderhilfen auch für den Dezember."

− sli/la/fed

Den ganzen Text zu den Straubing Tigers sowie weitere Reaktionen der niederbayerischen Sportvereine lesen Sie am Mittwoch, 8. Dezember, im Sportteil der Passauer Neuen Presse (Online-Kiosk) – oder hier als registrierter Abonnent.