Premierentor für die Eisbären
Von Beruf Drecksack: Wiederer ist in Berlin der Mann fürs Grobe – Chance auf Olympia steigt

07.12.2021 | Stand 18.09.2023, 22:26 Uhr

Nah am Mann: Manuel Wiederer (Mitte) ist meistens dann zur Stelle, wenn die Gegner im Powerplay sind – so wie in dieser Szene die Augsburger Panther um Niklas Laenger (vorn). −Foto: imago images

Erfolge misst die Welt in Zahlen. Jahresabschlüsse, Impfquoten, Nettogehälter – oder Scorerpunkte im Profi-Eishockey. Ginge es stur nach Ziffern, wäre Manuel Wiederer (25) bloß ein Niemand bei den Eisbären Berlin. Stattdessen hält Bundestrainer Toni Söderholm den Deggendorfer für einen der besten Unterzahlspieler der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Die Tür zu den Olympischen Winterspielen 2022 (3. bis 20. Februar) in Peking scheint für Wiederer sperrangelweit offen zu stehen. Im Rückblick ist das ein riesiger Erfolg auf kurze Zeit – abseits aller Zahlen.

Nach qualvollen sechs Jahren mit Hunderten von Spielen unter Schmerzen zog Wiederer im Januar den Stecker, fühlte sich "wie ein alter Mann", nahm eine sechsmonatige Auszeit. Wer braucht schon Strom, wenn er keine Energie zieht? Heute sagt Wiederer: "Ich bin sehr zufrieden, wie es läuft." Von den bisher 25 DEL-Spielen der Eisbären, denen er sich im Sommer anschloss, hat er in jedem gespielt, bekommt im Schnitt knapp elf Minuten Eiszeit. "In unserem Kader ist das okay, weil wir sehr stark besetzt sind. Das wird sich einpendeln, je länger die Saison dauert."

Geht man nur nach Zahlen, wäre Wiederer ein Niemand

Die Summe an Eiszeit ist einer dieser Indikatoren, in denen Wiederer seinen Teamkollegen hinterherhinkt: Den Zahlen nach spielt er weniger, schießt weniger Tore (1), legt weniger Treffer vor (3) und ist seltener Teil von Wechseln. Trainer Serge Aubin interessiert all das weniger. Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte Aubin: "Manuel spielt sehr intelligent und macht sehr viele Kleinigkeiten richtig. In der Unterzahl spielt er eine sehr wichtige Rolle und ich bin überzeugt, dass auch die offensiven Erfolge bald kommen werden." Er sollte Recht behalten: Am Sonntag beim 4:0 in Schwenningen erzielte Wiederer sein Premieren-Tor für Berlin.

Bei den Eisbären hat Wiederer eine Rolle zu erfüllen: hart und dreckig spielen, Penaltykilling. Dafür legt er ständig an Kraft zu, investiert viel Zeit ins Training mit Fitnesstrainer Daniel Mawer. "Der Trainer möchte, dass ich noch giftiger bin auf dem Eis", sagt Wiederer. Von Beruf Drecksack? Was sein muss, muss sein. "Wenn ich hart spiele, mache ich meine besten Spiele." Der Wechsel nach Berlin sei jedenfalls die "richtige Entscheidung" gewesen, meint Wiederer. Die Hauptstädter stehen auf DEL-Rang 4, hinter Wolfsburg (3.), Mannheim und München (1.).

Die Olympia-Chance lebt

Für Wiederer und seinen Traum, bei Olympia dabei zu sein, ist ab sofort nichts wichtiger als Konstanz. Zwischen ihm und Peking liegen eher Kieselsteine als Brocken. Wiederer kann sich seine Olympia-Teilnahme vermutlich höchstens selbst vermasseln. Zu hören, dass Söderholm sein Unterzahlspiel schätze, tut ihm gut. "Ich finde es gut, dass auch im deutschen Eishockey angekommen ist, dass nicht nur Tore und Punkte zählen. Toni setzt auf Rollenspieler und legt Wert darauf, dass er für jede Situation Leute hat", weiß Wiederer. Die große Masse an Konkurrenten gibt es für seine Rolle nicht. NHL-Spieler Nico Sturm (26/Minnesota) oder Adler-Akteur Nico Krämmer (29/Mannheim) sind Alternativen. "Deutschland hat vor allem offensive, technisch gut ausgebildete Spieler. Es kommt mir entgegen, dass wir in meiner Rolle nicht so viele sind", sagt Wiederer.

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