Verrückte Löwen-Welt: Über 5000 Fans beim Test – über 600.000 Euro Beraterkosten in vier Monaten

16.01.2018 | Stand 19.09.2023, 0:16 Uhr

Der TSV 1860 München ist und bleibt ein ganz besonderer Verein. − Foto: dpa

Der TSV 1860 – dieser Verein ist und bleibt etwas ganz Besonderes. Zwei aktuelle Beispiele machen dies mal wieder ganz deutlich. Am Samstag liefen die Löwen zum ersten Testspiel im neuen Jahr auf – und über 5000 Zuschauer wollten den bedeutungslosen Kick des Regionalligisten an einem kalten Winterabend im Grünwalder Stadion sehen. Am Montag folgte der nächste Einblick in die verrückte Welt der Sechziger: Das Fachmagazin "kicker" veröffentlichte nämlich interne Zahlen und Zahlungen, die aufhorchen lassen. Insgesamt wurden beim Regionalligisten von Juni bis September des letztes Jahres 613000 Euro (!) allein für Berater- und Anwaltskosten verbraten.

Doch zunächst zum Sportlichen: Der erste Test der Löwen war wenig aufschlussreich, mit 1:0 gewann der TSV gegen Chemie Leipzig. "Wir haben gewonnen, jeder hat 45 Minuten gespielt und keiner hat sich verletzt. Das ist das Wichtigste", zog Löwen-Trainer Daniel Bierofka hinterher ein zufriedenes Fazit. Selbst am Morgen vor dem Spiel hatte der 38-Jährige seine Spieler noch eineinhalb Stunden trainieren lassen. "Man hat gesehen, dass die Jungs schwere Beine haben. Daher auch die Unkonzentriertheiten. Der Gegner ist schon weiter als wir. Für Leipzig beginnt die Runde bereits in zwei Wochen." Bierofka kündigte an, das die kommenden drei Wochen für sein Team noch hart wird, "denn wir trainieren in dieser Zeit unabhängig von Testspielen".

Eine erfreuliche Personal-Nachricht gab es am Samstag ebenfalls: Simon Seferings gab nach 14 Monaten Verletzungspause sein Comeback. "Simon kann uns weiterhelfen", zeigte sich sein Trainer Daniel Bierofka mit dem 22-jährigen Mittelfeldspieler zufrieden. "Er ist ein Hybridspieler, gut im Eins-gegen-Eins, mit viel Übersicht und einem guten Abschluss. Wenn wir ihn fit kriegen, dann ist er ein Kandidat für die Startelf." Für Kapitän Felix Weber ist Seferings einfach "eine Maschine. Er ist ein Beißer."

Seferings selbst spricht auf der Löwen-Homepage von einer "extrem schweren Zeit" während seiner Verletzung. Immer wieder kamen Rückschläge. "Du arbeitest und arbeitest, kommst aber nicht dahin, wo du hin willst". Umso mehr habe er die 35 Minuten Einsatz gegen Leipzig genossen. "Wenn ich hundertprozentig fit bin, dann habe ich auch die Möglichkeit, Stammspieler zu werden", verkündet er selbstbewusst. "Ich hab‘ keine Angst mehr. Die Verletzung ist aus dem Kopf raus."

Nicht so schnell raus aus dem Kopf wollen derweil die Zahlen, die am Montag im "kicker zu lesen waren. Unter dem Titel "Monate der Absurditäten" liefert das Fachmagazin exklusive Einblicke in das skurrile Finanzgebahren an der Grünwalder Straße – und das von Misstrauen geprägte Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik. Für die Rettung der Löwen vor der Insolvenz wurde offenbar zehn Tage nach der Amtsernennung von Ex-Geschäftsführer Markus Fauser vom Aufsichtsrat ein Extra-Budget von 505000 Euro abgesegnet – über eine halbe Million Euro dafür, die Sechzger vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten. Und es wird noch skurriler: Insgesamt wuchs die Summe aufgrund der komplizierten Verhandlungen sogar noch auf 613000 Euro an. Die Beraterfirma von Interims-Geschäftsführer Markus Fauser allein soll 301000 Euro kassiert haben.

Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte strich 81.000 Euro für das "Erstellen einer positiven Fortführungsprognose zur Vermeidung der Insolvenzantragspflicht der KGaA" ein. Ein Beleg des zerrütteten Verhältnisses zwischen Verein und Ismaik: Der Jordanier wollte dies, offenbar aus Misstrauen, überprüfen lassen – die Kanzlei Anders erhielt für ein identisches Gutachten satte 100 000 Euro.

Doch damit nicht genug: Neben dem Jahresgehalt der kürzlich scheidenden Personalchefin Lina Abuamer von rund 130000 Euro (darüber berichtete bereits die Süddeutsche),

soll auch Ismaiks Übersetzer Mutaz Sabbagh rund 7.000 Euro pro Monat erhalten haben – aus der Kasse der KGaA. Zum Vergleich: Trainer Daniel Bierofka erklärte vor einigen Monaten, dass der Großteil seiner Mannschaft ein monatliches Grundgehalt von lediglich 1800 Euro erhalten würden.