"Spieler-Pipeline nach Europa"
Schalke-Held Hoppe und Co.: Warum US-Boys in der Bundesliga so gefragt sind

16.01.2021 | Stand 16.01.2021, 17:58 Uhr

Dem Schalker Youngster Matthew Hoppe gelang beim 4:0 gegen Hoffenheim am vergangenen Wochenende ein Dreierpack. −Foto: Fassbender, afp

Matthew Hoppes Cinderella-Story schwappte in Windeseile über den großen Teich. "Das ist unglaublich, eine märchenhafte Geschichte", schwärmte der Wahl-Kalifornier Jürgen Klinsmann vom Schalker Senkrechtstarter, "das sollte den Jungen super stolz machen. Und das Nachwuchssystem in Amerika genauso." Denn Hoppe ist in der Bundesliga nur der bislang letzte von zahlreichen Importschlagern made in USA.

"Jeder Klub sucht seinen eigenen Captain America", kommentierte ESPN den Boom bereits im Herbst – und die meisten sind längst fündig geworden. 16 von 18 Bundesligisten haben einen oder mehrere US-Boys in ihren Mannschaften, in den höchsten drei Ligen spielen rund 50 amerikanische Profis. In Hoppe, Gio Reyna (Dortmund), Chris Richards (München), Tyler Adams (Leipzig), John Brooks (Wolfsburg), Timothy Chandler (Frankfurt) und Josh Sargent (Bremen) haben bereits sieben in dieser Saison Bundesliga-Spiele bestritten – das ist immerhin Rang acht im Gastarbeiter-Ranking.

Aber worin liegen dafür die Gründe? Die Bundesliga sei der perfekte Standort für die meist jungen Übersee-Profis, sagte Klinsmann bei ESPN: "Es ist nicht kompliziert, die Trainer sind geraderaus. Wenn ein Junge verinnerlicht, dass es nur um Leistung geht und dass er die Chance bekommen wird, ist die Bundesliga der place to be."

Hoppe unterstreicht dies. "Du musst vieles opfern, um hier zu spielen", sagte er, aber: "Ich habe hier viel gelernt, meine Technik verbessert, meine taktischen Fähigkeiten, die mentale Stärke und Physis – es war ein no-brainer, nach Schalke zu kommen." Also eine Sache, über die er nicht groß nachdenken musste. Und so soll es noch vielen weiteren Hoppes gehen. "Es gibt jede Menge talentierter Spieler in den USA. Sie müssen den Sprung nach Europa nur riskieren", sagte er.

Der erste von inzwischen 58 amerikanischen Profis im deutschen Oberhaus war ein gewisser Andy Mate, geboren in Budapest, der in der Saison 1964/65 sechs Spiele (zwei Tore) für den Hamburger SV bestritt. Doch ein echter Boom setzte erst in den vergangenen Jahren ein – angetrieben auch von Klinsmann. Der fahndete in seiner Zeit als US-Nationalcoach gezielt nach Deutsch-Amerikanern. Die zu finden war aufgrund der jahrzehntelangen Präsenz der US-Streitkräfte in Deutschland nicht allzu schwierig.

Der heutige Talente-Import wird dadurch erleichtert, dass die Youngster in Deutschland leichter als in anderen Ländern eine Arbeitserlaubnis bekommen. Eine wichtige Rolle spielt zudem der "Pulisic-Faktor": Der frühere Dortmunder dient mit seinem Weg über den BVB zum millionenschweren Chelsea-Star als Vorbild – für Kids wie Klubs, die von einer ähnlichen Wertsteigerung träumen. Pulisic kam als Jugendlicher ablösefrei zur Borussia – wie Reyna, Weston McKennie (jetzt Juventus Turin) zu Schalke oder Sargent nach Bremen. Möglich machte die Gratis-Transfers eine amerikanische Sonderregel für Spieler, die noch keinen Profivertrag haben. Diese aber wurde im April 2020 abgeschafft.

Dass die "Spieler-Pipeline nach Europa" (Klinsmann) dennoch bestehen bleiben dürfte, liegt an der gewachsenen Bedeutung des US-Marktes für die Bundesliga und an verschiedenen Kooperationen auf Vereinsebene. Der FC Bayern etwa unterhält eine zum FC Dallas; aktuell trainieren sechs texanische Talente in München. Sie wollen Richards folgen, der 2018 zum FCB kam und dort sogar Champions League spielt.

− sid