Jung-Schiedsrichter im Einsatz
Nachwuchsprobleme zum Trotz: Diese jungen Menschen haben sich fürs Pfeifen entschieden

17.03.2022 | Stand 19.09.2023, 3:11 Uhr

Mit erst 19 Jahren pfeift Elias Schriefer bereits seit sechs Jahren. −Fotos: Mike Sigl

Schiedsrichter haben zuweilen einen undankbaren Job. Sie stehen zwischen den Fronten, müssen auf die Befindlichkeiten von Spielern, Trainern und Zuschauern gleichermaßen reagieren. Und das oft alleine. Da ist es kein Wunder, dass viele Schiedsrichtergruppen zunehmend über Nachwachsprobleme klagen. Doch trotz der Hürden finden sich immer wieder junge Menschen, die ihre Freizeit für ihr Hobby zur Verfügung stellen, sich engagieren. Die PNP stellt drei Jung-Schiedsrichter aus der Gruppe Passau vor, die mit Leidenschaft ihrem Sport nachgehen.

Die jüngste des Schiri-Trios ist Clara Fritz vom SV Schalding-Heining. Sie ist 13 Jahre alt, besucht die 9. Klasse und ist seit 2020 als Unparteiische unterwegs. Doch auf dem Platz steht sie nicht nur mit der Pfeife, sondern auch mit Torwarthandschuhen. Sie sagt: "Ich bin fast jeden Tag am Fußballplatz. Einmal in der Woche davon pfeife ich. Den Rest spiele ich selber."

Zum Schiedsrichtern kam sie, als sie bei einem ihrer eigenen Spiele einen sehr jungen Unparteiischen erlebt hatte. Der imponierte ihr und so sei sie auf die Idee gekommen, selbst zur Pfeife zu greifen. "Dadurch habe ich einen guten Ausgleich zum Fußball." Derzeit pfeift Fritz vor allem im Jugendbereich – meist D- und C-Junioren. Als Assistentin war sie jedoch schon bei den Senioren im Einsatz.

Die Frage, welche Liga sie noch erreichen möchte, kann Fritz nicht so recht beantworten. Das Pfeifen soll vor allem Spaß machen. Ihr Ehrgeiz gilt vielmehr dem Fußball. Ihr Motto: "Selber spielen vor Pfeifen." Mit Spielern und Zuschauern kommt sie so jedenfalls gut aus. Die freuen sich immer, wenn sich ein Mädchen dem Job annimmt, vor allem wenn sie aus dem Nachwuchsbereich stammt, sagt Fritz.

Deutlich ungemütlicher kann es dagegen schon mal bei den Spielen von Elias Schriefer werden. Er ist 19 Jahre alt, pfeift seit 2016 für den SV Rathsmannsdorf, hat also mit 13 Jahren begonnen und studiert dual in Landshut Wirtschaftsingenieurwesen. Mittlerweile hat er es bis in die Bezirksliga geschafft, als Assistent sogar in die Bayernliga.

Bei seinen Einsätzen höre er immer wieder Beleidigungen, sogar vom Platz habe er schon eskortiert werden müssen. Dabei sei es auf dem Feld gar nicht so schlimm, problematischer seien die Zuschauer, die oft über die Strenge schlagen. Wie geht man damit um? "Ich gehe die Spiele im Nachgang durch und analysiere sie. Ich will mich verbessern. Das hat mich früher recht fertig gemacht. Mittlerweile habe ich das aber gut im Griff. Ich lasse solche Spiele hinter mir und blicke nach vorn."

Sein Hobby würde Schriefer dennoch nicht missen wollen. Er sei dabei von seinem Vater Hans inspiriert worden. Der war selbst lange Schiedsrichter, habe früher sogar in der Bayernliga – damals noch die dritt höchste Klasse – gepfiffen, erzählt Schriefer stolz. Gemeinsam fingen beide dann wieder an, sogar einen gemeinsamen Einsatz mit dem Sohn als Schiri und dem Vater als Assistent hatten die beiden.

Außerdem liebt der 19-Jährige den Fußball und seine Position auf dem Platz. Da hat er eine exponierte Rolle, da leitet er die Partie. Dafür ist Elias Schriefer auch bereit, viel Zeit zu investieren. Drei Spiele pfeift er manchmal pro Wochenende – und die können schon mal weit auseinander liegen. Besonders gefällt ihm das Pfeifen im Team, mit anderen. "Da hat man immer eine riesen Gaudi."

Das sieht Sebastian Thoma ebenso. Er ist 23 Jahre alt, ist seit 2017 für die DJK Eberhardsberg als Schiedsrichter im Einsatz und studiert dual in Passau Wirtschaftsinformatik. Auch ihm gefällt das Pfeifen im Gespann besonders gut. "Allein ist man hald immer Einzelkämpfer. Zu dritt ist das was anderes, das macht mir großen Spaß." Thoma darf Kreisliga pfeifen und assistiert in der Landesliga.

Er hat wegen mehrerer Meniskusverletzungen die Seiten gewechselt. "Ich habe selber gespielt aber irgendwann war klar: Wenn ich jetzt noch weiterspiele, dann wird’s mit 30 schwer mit dem Laufen." Dem Fußball wollte er dennoch treu bleiben und hat sich für die Pfeife entschieden.

Besonders gut gefällt ihm, dass man als Schiedsrichter viel Verantwortung trägt. Er habe gelernt, in stressigen Situationen einen kühlen Kopf zu behalten. Das habe ihm auch im Beruf geholfen, sagt er. Wie Elias Schriefer ist auch er bereits unter der Gürtellinie angefeindet worden. Doch da schalte er inzwischen auf Durchzug. "Man darf nicht zu empfindlich sein." Das rät er auch Neulingen. Da müsse jeder mal durch.

Seit einiger Zeit ist er Lehrwart in der Schiedsrichtergruppe Passau. Den Posten will Thoma nun bestmöglich ausfüllen. Ansonsten will er sich vor allem die Freude an seinem Hobby behalten. Doch: "Wenn man mal weiter oben spielen könnte, sagt auch keiner nein."