Hannovers Siegtor um 0.11 Uhr
Kommentar nach Playoff-Wahnsinn in Deggendorf: Es ist zu früh für die "Bis-zum-bitteren-Ende-Overtime"

21.03.2022 | Stand 19.09.2023, 3:05 Uhr

Hielt seine Mannschaft unzählige Male im Spiel und ging am Ende doch gesenkten Hauptes vom Eis: DSC-Goalie Timo Pielmeier. −Foto: Rappel

Es war ein Eishockey-Spiel, das die Beteiligten so schnell wohl nicht vergessen werden: Nach vier Verlängerungen und 128 Minuten Spielzeit verliert der Deggendorfer SC in Spiel zwei der Playoff-Serie (1:1) gegen die Hannover Indians mit 3:4. Es war ein Marathon-Spiel, das aufgezeigt hat, wieso der neue Overtime-Modus in den Oberliga-Playoffs vielleicht doch keine so gute Idee ist, kommentiert unser Redakteur Alexander Augustin.

Auch durch FFP2-Masken hindurch war vielen der gut 1500 Zuschauern im Eisstadion an der Trat anzusehen, wie sie parallel zum Drama auf dem Eis ihren ganz eigenen inneren Kampf austrugen. Emotion gegen Vernunft. Es gegen Über-Ich. Dableiben oder nach Hause gehen. Sie waren am frühen Sonntagabend in die Halle gekommen, um das zweite Spiel der Playoff-Serie des Deggendorfer SC gegen die Hannover Indians zu sehen – und standen oder saßen um kurz nach Mitternacht immer noch auf ihren Plätzen. Im Hinterkopf die Arbeit, die in wenigen Stunden rufen würde, vielleicht auch die Familie, die zuhause wartet. Aber jetzt frühzeitig heimgehen, nach über fünf Stunden Eishockey ohne Entscheidung?

Es war freilich ein denkwürdiges Eishockeyspiel mit seinen vier Verlängerungen und der Entscheidung für Hannover nach 128 Spielminuten. Doch es hat auch aufgezeigt, wieso sich der Deutsche Eishockey-Bund mit der Einführung der "Bis-zum-bitteren-Ende-Overtime" keinen Gefallen getan hat – zumindest nicht in diesem frühen Stadium der Playoffs. Nach zwei Partien haben der DSC und die Indians bereits knapp 200 Minuten Eishockey in den Knochen – und es ist erst das Achtelfinale. Nach einer von Corona geprägten Saison und nun Spielen fast im Zwei-Tages-Rhythmus können XXL-Verlängerungen dem Niveau nicht zuträglich sein. Von den gesundheitlichen Risiken für die Spieler ganz zu schweigen.

Auf eine vorzeitige Entscheidung durch Penaltyschießen zu verzichten, mag die sportlich fairere Lösung sein, attraktiver werden die Spiele dadurch nicht. Am Sonntag waren beide Teams mit zunehmender Spieldauer vor allem auf Fehlervermeidung aus. Dass Branislav Pohanka dann um 0.11 Uhr das 4:3 für Hannover erzielte, war für viele Zuschauer bitter, aber auch eine Erlösung vom inneren Kampf – eine Gemütslage, die keine Sportveranstaltung bei ihren Besuchern hervorrufen sollte.