Biathlon
Johannes Kühn und das Rennen seines Lebens: Rang 5 bei Massenstart in Antholz bringt ihm Olympia-Ticket

23.01.2018 | Stand 18.09.2023, 20:21 Uhr
Oliver Wagenknecht

Strahlemann: So bejubelte Johannes Kühn am Sonntag beim Biathlon-Weltcup im italienischen Antholz seinen größten Erfolg bei den Herren. Im Massenstart über 15 km wird der Tüßlinger Fünfter, was zugleich die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) bedeutet. − Foto: Andrej Ivanov

Er hat es ganz schön spannend gemacht! Erst im allerletzten Lauf des Biathlon-Weltcups vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang schaffte Johannes Kühn am Sonntag die geforderte Norm – und zwar nicht nur die zweite halbe, die ihm noch gefehlt hatte, sondern die volle. Beim abschließenden 15-km-Massenstart in Antholz/Südtirol gab der Tüßlinger dem Großteil der Weltelite das Nachsehen und erreichte den herausragenden 5.Rang. Es war das Rennen seines Lebens.

"Einfach geil!", jubelte Kühn, als er nach dem Zieleinlauf wieder halbwegs bei Puste war, und fiel Benedikt Doll in die Arme. Gemeinsam waren die beiden Teamkameraden nach dem vierten und letzten Schießen auf die Schlussrunde gegangen, hatten den Vorsprung vor der nachfolgenden Gruppe um den Gesamtweltcup-Zweiten Johannes Thingnes Boe aus Norwegen ins Ziel gebracht. Volle Pulle zum bisher größten Erfolg bei den Herren.

"Ich war ganz schön platt", gestand Kühn später. "Am dritten Tag von Antholz hat jeder schon morgens schwere Beine – das ging mir genauso." Auf 1600 m Seehöhe liegt das Biathlon-Stadion, wo der 26-Jährige schon am Freitag ein gutes Rennen abgeliefert hatte. Im Sprint über 10 km reihte er sich an 19. Stelle ein. Drei Schießfehler waren einer zu viel, sonst hätte es schon da mit der zweiten Halb-Norm geklappt. So aber verpasste er den dafür nötigen 15. Platz zum wiederholten Mal nur knapp, konkret um sieben Sekunden.

Tags darauf in der 12,5 km langen Verfolgung belegte Kühn Rang 28. Vier Fehler bei vier Schießen, nicht optimal, aber doch solide. Und: Dieses Ergebnis sicherte ihm die Quali für den Massenstart. Dass ausgerechnet dort – inmitten der besten 30 der Welt – die ersehnte Norm herausspringen würde, darauf hätte wohl kaum einer zu hoffen gewagt. Und doch kam es so.

Kühn hält sich zunächst hinten im Feld. Beim ersten Liegendschießen geht der dritte Schuss daneben, eine Strafrunde, danach liegt er an 20. Stelle. Läuft in einer guten Gruppe die nächste Runde, schießt im zweiten Liegend fehlerfrei. "Ich hab mir sehr lange Zeit gelassen. Es war wichtig, hier dranzubleiben", erzählt der vierfache Juniorenweltmeister. Die Taktik geht auf, als Dreizehnter verlässt Kühn den Stand. Im ersten Stehendschießen sofort ein Fehler, aber alle restlichen Scheiben fallen. Nach der Strafrunde ist er weiter auf Rang 13. Jetzt noch ein gutes Schießen, dann hätte er die Olympianorm.

Und Kühn, dem man Schwächen im Stehendanschlag nachsagt, straft alle Kritiker Lügen: null Fehler, und das sogar mit einer ganz flotten Einlage in nur 27 Sekunden! Plötzlich ist er Fünfter. Dann nix wie weg, zusammen mit Doll. "Wir haben richtig Gas gegeben", schildert Kühn, "weil wir unbedingt verhindern wollten, dass von hinten doch noch einer rankommt." Trainer Andreas Stitzl ("Vollgas!") pusht das Duo am letzten Anstieg bei der Huber-Alm gewohnt lautstark. Aber es brennt nichts mehr an: Doll und Kühn, beide läuferisch super drauf, halten die Plätze 4 und 5. Im Ziel gibt’s Lob von allen Seiten, auch ARD-Expertin Magdalena Neuner ist merklich angetan von Kühns Leistung: "Freut mich sehr für ihn, ein guter Abschluss."

Ab sofort läuft bereits der Olympia-Countdown: Am Dienstag ist Einkleidung des deutschen Biathlon-Teams in München, am Samstag geht’s für eine Woche ins Trainingslager nach Hochfilzen und am 5.Februar ist Abflug gen Südkorea. Der große Traum von Johannes Kühn, er wird wahr – Pyeongchang kann kommen!